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Ges|te ['gɛstə], die; -, -n:Bewegung der Hände oder Arme, die die Rede begleitet oder auch ersetzt:
er sprach mit lebhaften Gesten; sie machte eine zustimmende Geste.
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Gẹs|te 〈a. [ge:s-] f. 19〉
1. Bewegung, die etwas ausdrücken soll (konventioneller als die Gebärde)
2. unverbindl. Höflichkeitsformel
● etwas mit großer \Geste tun auf Wirkung berechnet tun; die Einladung ist nur höfliche \Geste und hat nichts zu bedeuten; mit lebhaften \Gesten [<lat. gestus „Gebärdenspiel des Schauspielers od. Redners“; zu gerere „tragen, tun, verrichten“]
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Gẹs|te [auch: 'ge:… ], die; -, -n [Ende des 15. Jh.s in der Wendung gesten machen, lat. gestus = Gebärdenspiel des Schauspielers od. Redners, zu: gerere (2. Part.: gestum) = tragen; zur Schau tragen; aus-, vollführen; (refl.:) sich benehmen]:
1. spontane od. bewusst eingesetzte Bewegung des Körpers, bes. der Hände u. des Kopfes, die jmds. Worte begleitet od. ersetzt [u. eine bestimmte innere Haltung ausdrückt]:
eine verlegene, feierliche, typische G.;
jmdn. mit einer einladenden G. ins Haus bitten.
2. Handlung od. Mitteilung, die etw. indirekt ausdrücken soll:
das Angebot war nur eine G.;
etw. als freundliche G. betrachten.
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I Geste,
Gesture.
II
Gẹste
[lateinisch gestus »Gebärdenspiel«] die, -/-n, zielgerichtete Ausdrucksbewegung des Körpers, besonders der Hände und des Kopfes; im Unterschied zur Ausdrucksbewegung des Gesichts (Mimik). Gesten werden vielfach zur Begleitung (Untermalung oder Unterstreichung) der sprachlichen Kommunikation benutzt, in besonderen Fällen ersetzen sie die gesprochene Sprache, etwa bei den berufstypischen oder konventionellen Gebärden oder in der Gebärdensprache.
Geste
[ʒɛst, französisch] die, -/-s, Chanson de Geste [ʃã'sɔ̃d'ʒɛst; zu mittellateinisch gesta »Taten«], Bezeichnung für das französische Heldenepos des Mittelalters, in dem Ereignisse der nationalen Geschichte, besonders aus der Karolingerzeit, dargestellt werden. Die Chansons sind in durch Assonanz verbundenen Strophen unterschiedlicher Länge (Laisse) verfasst. Versmaß ist meist der Zehnsilber (mit Zäsur nach der 4. Silbe) oder der Zwölfsilber (mit Zäsur nach der 6. Silbe). Vorgetragen wurden die Chansons von Spielleuten (»jongleurs«), vermutlich zu musikalischer Begleitung. Die erhaltenen Epen entstanden im 11.-13. Jahrhundert; insgesamt sind etwa 80 überliefert. Nur wenige Verfasser sind namentlich bekannt (z. B. Bertrand de Bar-sur-Aube).
In den Chansons, die vor dem Hintergrund des Aufstiegs Frankreichs zu einer europäischen Macht entstanden, spiegelt sich die Rechts- und Gesellschaftsordnung des Feudalismus wider; die nationale Thematik verbindet sich (in der Darstellung von Kämpfen gegen die Heiden) auch mit der Kreuzzugsidee. Man unterscheidet drei große Zyklen: 1) die Karls- oder Königsgestes um die Gestalt Karls des Großen, darunter das »Rolandslied« (»Chanson de Roland«), die »Karlsreise« (»Pèlerinage de Charlemagne«) sowie das Epos über den Sachsenkrieg (»Saisnes«) von J. Bodel; 2) die Wilhelmsgestes um Guillaume d'Orange u. a. mit dem »Wilhelmslied« (»Chanson de Guillaume«) sowie »Charroi de Nîmes« und »Aymeri de Narbonne«; 3) die Vasallen- oder Empörergestes über Konflikte zwischen Feudalherren, u. a. mit »Gormond et Isembart«, »Girart de Roussillon« und »Raoul de Cambrai«. Daneben entstanden u. a. Epen um Gottfried von Bouillon und die Kreuzritter.
Eine Reihe von Chansons wurde im 14. und 15. Jahrhundert inhaltlich erweitert (z. B. um die Kindheits- und Jugendgeschichte der zentralen Figuren oder die Taten ihrer Nachkommen) und romanesk ausgestaltet, zum Teil auch in Prosabearbeitungen umgeformt. Sie wurden weit verbreitet, vielfach abgewandelt und häufig übersetzt (z. B. das »Rolandslied« durch den Pfaffen Konrad ins Deutsche). Nachahmungen der Chansons finden sich u. a. in den mittelalterlichen Volksbüchern. Die Stoffe wurden in italienischen Kunstepen der Renaissance (z. B. die Thematik des »Rolandsliedes« in »Orlando furioso«, 1516, von L. Ariosto) wieder aufgegriffen. Ein selbstständiges, von der französischen Chanson unabhängiges Heldengedicht hat sich in der mittelalterlichen Romania nur noch in Spanien mit dem »Cantar de mío Cid« erhalten.
Über die Entstehung der Chansons gibt es unterschiedliche Theorien: Auf der Grundlage der Ideen J. G. Herders, F. A. Wolfs und der deutschen Romantiker nahm u. a. G. Paris an, dass vor den Epen aus dem anonymen »Volksgeist« erwachsene (jedoch nicht überlieferte) lyrisch-epische Kurzlieder (Kantilenen, danach »Kantilenentheorie«) standen. Demgegenüber interpretierten u. a. P. A. Becker und J. Bédier die Chansons als individuelle Werke einzelner Dichter; Bédier knüpfte die Entstehung der Epen an die Örtlichkeiten der Pilgerzüge (»Pilgerstraßentheorie«); zum Teil wurden auch das antike und das mittelalterliche lateinische Epos als Vorbilder betrachtet (E. Faral, E. R. Curtius u. a.). Neuere Untersuchungen nehmen eine Mittelstellung ein: Zum Teil jahrhundertelang nur mündlich weitergegebene Texte sind demnach aus dem Zufall der Überlieferung schriftlich erhalten und verschiedene Fassungen desselben Stoffes als in sich selbstständige Varianten einzelner Autoren anzusehen.
G. B. P. Paris u. Paul Meyer: Histoire poétique de Charlemagne (Neuausg. Paris 1905, Nachdr. Genf 1974);
E. Faral: Recherches sur les sources latines des contes et romans courtois du Moyen âge (Paris 1913, Nachdr. ebd. 1983);
J. Bédier: Les légendes épiques. Recherches sur la formation des chansons de geste, 4 Bde. (Paris 31926-29);
I. Siciliano: Les origines des chansons de geste (a. d. Ital., Paris 1951);
I. Siciliano: Les chansons de geste et l'épopée. Mythes, histoire, poèmes (Turin 1968);
J. Rychner: La chanson de geste, essai sur l'art épique des jongleurs (Genf 1955);
E. R. Curtius: Über die altfrz. Epik, 1-5, in: E. R. Curtius: Ges. Aufsätze zur roman. Philologie (1960);
R. Menéndez Pidal: La chanson de Roland et la tradition épique des Francs (a. d. Span., Paris 21960);
A. de Mandach: Naissance et développement de la chanson de geste en Europe, 5 Bde. (Genf 1961-87);
P. A. Becker: Zur roman. Literaturgesch. Ausgew. Studien u. Aufs. (1967);
Europ. Heldendichtung, hg. v. K. von See (1978);
J. H. Grisward: Archéologie de l'épopée médiévale (Paris 1981);
J. Horrent: Chanson de Roland et Geste de Charlemagne (Heidelberg 1981);
Essor et fortune de la chanson de geste dans l'Europe et l'Orient latin, hg. v. A. Limentani, 2 Bde. (Modena 1984);
F. Suard: Chanson de geste et tradition épique en France en Moyen Âge (Caen 1994).
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Gẹs|te [auch: 'ge:stə], die; -, -n [Ende des 15. Jh.s in der Wendung gesten machen, lat. gestus = Gebärdenspiel des Schauspielers od. Redners, zu: gerere (2. Part.: gestum) = tragen; zur Schau tragen; aus-, vollführen; (refl.:) sich benehmen]: 1. spontane od. bewusst eingesetzte Bewegung des Körpers, bes. der Hände u. des Kopfes, die jmds. Worte begleitet od. ersetzt [u. eine bestimmte innere Haltung ausdrückt]: eine verlegene, feierliche G.; seine Rede durch eindringliche -n unterstützen; jmdn. mit einer einladenden G. ins Haus bitten. 2. Handlung od. Mitteilung, die etw. indirekt ausdrücken soll: das Angebot war nur eine G.; etw. als freundliche G. betrachten.
Universal-Lexikon. 2012.