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Curtius
I
Cụrtius,
 
Manius oder Marcus, nach römischer Sage ein vornehmer junger Römer, der, als sich einst auf dem Forum ein drohender Erdspalt öffnete, einem Orakelspruch folgend, sich den Unterirdischen weihte und in die Tiefe sprang. Daraufhin schloss sich der Spalt, ein Sumpfsee (der Lacus Curtius) entstand, und die Stadt war gerettet. In der Renaissance bildete die Sage einen beliebten Darstellungsgegenstand der Kunst.
 
II
Cụrtius,
 
1) Ernst, Historiker, Archäologe und Philologe, * Lübeck 2. 9. 1814, ✝ Berlin 11. 7. 1896, Bruder von 3), Großvater von 2); war 1837-40 in Griechenland, seit 1844 Professor in Berlin und (bis 1849) Erzieher des späteren Kaisers Friedrich III., seit 1856 Professor in Göttingen, seit 1868 in Berlin (auch Leiter des Alten Museums und ab 1872 des Antiquariums). Er regte die Ausgrabung von Olympia an und übernahm 1875-81 deren Leitung.
 
 
Werke: Peloponnesos, 2 Bände (1851/52); Griechische Geschichte, 3 Bände (1857-67); Olympia. Ergebnisse. .. der Ausgrabungen, herausgegeben von E. und F. Adler, 5 Bände und 5 Mappen (1890-97); Die Stadtgeschichte von Athen (1891); Altertum und Gegenwart, 3 Bände (1892).
 
Literatur:
 
E. C. Ein Lebensbild in Briefen, bearb. v. F. Curtius (21913).
 
 2) Ernst Robert, Romanist, * Thann (Elsass) 14. 4. 1886, ✝ Rom 19. 4. 1956, Enkel von 1); wurde 1920 Professor in Marburg, 1924 in Heidelberg, 1929 in Bonn, machte die Wegbereiter der zeitgenössischen französischen Literatur (u. a. A. Gide, M. Proust, P. Valéry) sowie J. Ortega y Gasset und T. S. Eliot in Deutschland bekannt und widmete zahlreiche Arbeiten dem Verständnis der französischen Kultur. Später wandte er sich der mittelalterlichen Literatur zu und spürte dem Fortleben antiker Formen als einem gemeinsamen Erbe der europäischen Welt durch das Mittelalter bis in die Neuzeit nach (»Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter«, 1948; Topos). Er trat auch als Übersetzer (v. a. aus dem Französischen und Spanischen) hervor.
 
Weitere Werke: Die literarischen Wegbereiter des modernen Frankreich (1919, auch unter dem Titel Französischer Geist im 20. Jahrhundert); Maurice Barrès und die geistigen Grundlagen des französischen Nationalismus (1921); Balzac (1923); Französischer Geist im neuen Europa (1925); Einführung in die französische Kultur (1930); Deutscher Geist in Gefahr (1932); Kritische Essays zur europäischen Literatur (1950); Büchertagebuch (herausgegeben 1960); Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie (herausgegeben 1960).
 
 3) Georg, klassischer Philologe, * Lübeck 16. 4. 1820, ✝ Hermsdorf (Kynast) 12. 8. 1885, Bruder von 1); Professor in Prag, Kiel und Leipzig, führte die Methoden der vergleichenden Sprachwissenschaft in die klassische Philologie ein.
 
Werke: Griechische Schulgrammatik (1852); Grundzüge der griechischen Etymologie (1858); Das Verbum der griechischen Sprache, 2 Bände (1872); Kleine Schriften (herausgegeben 1886).
 
 4) Julius, Politiker, * Duisburg 7. 2. 1877, ✝ Heidelberg 10. 11. 1948; Rechtsanwalt, Mitglied der »Deutschen Volkspartei« (DVP), 1926-29 Reichswirtschafts-, 1929-31 Reichsaußenminister, betrachtete sich in seiner Außenpolitik selbst als »Testamentsvollstrecker G. Stresemanns«. Er setzte die Annahme des Youngplanes durch und erreichte den Abzug der alliierten, besonders der französischen Truppen aus dem Rheinland (1930). Curtius scheiterte mit dem Plan einer deutschen-österr. Zollunion.
 
Werke: Sechs Jahre Minister der deutschen Republik (1948); Der Young-Plan (1950).
 
 5) Ludwig, klassischer Archäologe, * Augsburg 13. 12. 1874, ✝ Rom 10. 4. 1954; nahm an den Ausgrabungen auf Ägina, in Tiryns und in Boğazkale teil, war ab 1912 Professor für klassische Archäologie in Erlangen, ab 1918 in Freiburg im Breisgau, ab 1920 in Heidelberg und 1928-37 Erster Direktor des Deutschen Archäologisches Instituts in Rom. Schüler A. Furtwänglers; galt als Kenner der Kunst des ganzen Altertums; als Porträtforscher setzte er das Werk von E. Q. Visconti und J. J. Bernoulli fort. Seine Lebenserinnerungen »Deutsche und antike Welt« (1950) sind ein fesselndes Zeitgemälde.
 
Weitere Werke: Die Wandmalerei Pompejis (1929); Zeus und Hermes (1931); Die antike Kunst, in: Handbuch der Kunstwissenschaft, Band 1 und Band 2 (1938); Das antike Rom (1943); Interpretationen von sechs griechischen Bildwerken (1947).
 
Literatur:
 
R. Lullies: Schriften von L. C. Eine Bibl. (1979).
 
 6) Theodor, Chemiker, * Duisburg 27. 5. 1857, ✝ Heidelberg 8. 2. 1928; Professor in Kiel, Bonn und seit 1897 in Heidelberg. Zu seinen wichtigsten Arbeiten gehören die Darstellung der Diazoverbindungen, deren Reaktionsfähigkeit den Weg zu weiteren organischen Synthesen öffnete, des Hydrazins (1887) und der Azide (1890), die Entdeckung der explosiblen Stickstoffwasserstoffsäure sowie die Entdeckung des nach ihm benannten Abbaus von Carbonsäuren zu Aminen.

Universal-Lexikon. 2012.