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Chénier
Chénier
 
[ʃe'nje],
 
 1) André-Marie, französischer Schriftsteller, * Konstantinopel 30. 10. 1762, ✝ (hingerichtet) Paris 25. 7. 1794, Bruder von 2). Am Vorbild der klassischen griechischen und römischen Dichtung geschult, schuf er (u. a. in den »Bucoliques«, »Odes«, »Hymnes«, »Églogues« und »Élégies«) eine von Musikalität, Anmut und plastisch-bildhafter Wirkung, jedoch auch von Unmittelbarkeit der Empfindung erfüllte Lyrik. Berühmt wurde er erst, nachdem 1819 die erste Sammlung seiner Gedichte erschienen war. Von den Romantikern als Vorläufer betrachtet (da er den klassischen Vers durch Enjambement und Zäsurverlegung aufgelockert hatte), weist sein bewusster Kult der Form auf die Parnassiens und auf die Poésie pure voraus.
 
Chénier nahm mit Aufsätzen und teilweise auch in seiner Lyrik (so in seinen »Jambes«) zu zeitpolitischen Ereignissen Stellung. Ursprünglich ein begeisterter Anhänger der Französischen Revolution, wandte er sich später gegen deren Auswüchse und die Willkürherrschaft der Jakobiner; er wurde wenige Tage vor Robespierre hingerichtet. - Oper »Andrea Chenier« von U. Giordano (1896).
 
Ausgabe: Œuvres complètes, herausgegeben von G. Walter (Neuausgabe 1989).
 
Literatur:
 
G. d'Aubarède: A. C. (Paris 1970);
 
Cahiers Roucher - A. C. (Versailles 1980 ff.);
 E. Guittom: Lire-éditer C., in: Œuvres et critiques, Jg. 5 (Paris 1981).
 
 2) Marie-Joseph, französischer Schriftsteller, * Konstantinopel 2. (?) 2. 1764, ✝ Paris 10. 1. 1811, Bruder von 1); Anhänger der Französischen Revolution, Mitglied des Konvents, des Rats der Fünfhundert und des Tribunals; bemühte sich als Generalinspekteur des Unterrichtswesens um den Ausbau v. a. der Volksschulen. Er gilt als der bedeutendste Dramatiker der Revolution mit mehreren historischen, gegen die Tyrannenherrschaft gerichteten Tragödien, die formal klassizistischen Mustern folgen. Einige seiner Oden (darunter der »Chant du départ« und die »Hymne de guerre«) haben die Popularität von Volksliedern erlangt.
 
Werke: Dramen: Charles IX (1789); Jean Calas ou l'école des juges (1792); Caius Gracchus (1793); Fénelon (1793); Timoléon (1794).
 
Literatur:
 
A. Liéby: Étude sur le théâtre de M.-J. C. (Paris 1901);
 A. J. Bingham: M.-J. C., early political life and ideas, 1789-1794 (New York 1939).
 

Universal-Lexikon. 2012.