Goytisọlo
[gɔi̯-],
1) José Agustín, spanischer Lyriker, * Barcelona 13. 4. 1928, ✝ ebenda 19. 3. 1999, Bruder von 2) und 3). Als entschiedener Vertreter der Poesía social trug er zur Schaffung einer neuen Dichtungssprache bei, die der Umgangssprache verpflichtet ist und mit der archaisierenden, rhetorisch überfrachteten Lyrik der regimenahen Dichter nach dem Spanischen Bürgerkrieg brach. Im Zentrum seines umfangreichen, mehrfach ausgezeichneten Werkes steht die großstädtische Alltagswelt. Als Herausgeber hat er zur Verbreitung der hispanoamerikanischen Lyrik in Spanien beigetragen. Daneben hat er katalanische, italienische und angolanische Dichtung übersetzt.
Werke: Lyrik: El retorno (1955); Salmos al viento (1956); Bajo tolerancia (1973); Sobre las circumstancias (1983); El rey mendigo (1988).
2) Juan, spanischer Schriftsteller, * Barcelona 5. 1. 1931, Bruder von 1) und 3); ging 1956 ins Exil nach Paris, dort bis 1964 Verlagslektor; lebt heute abwechselnd in seiner Heimat, in Paris und Marrakesch. Seine frühen Romane (»Juegos de manos«, 1954, deutsch »Die Falschspieler«; »Duelo en el paraíso«, 1955, deutsch »Trauer im Paradies«; »Fiestas«, 1956, deutsch »Das Fest der anderen«) stehen ganz im Zeichen eines sozialkritischen Realismo social, den er auch theoretisch rechtfertigte (»Problemas de la novela«, 1959). Mit »Señas de identidad« (1966; deutsch »Identitätszeichen«) revolutionierte und modernisierte er seine Romantechnik. Unter dem Einfluss des Historikers A. Castro übte er scharfe Kritik an den geistigen Grundlagen des traditionalistischen katholischen Spanien und näherte sich entschieden einer offenen sinnenfreudigen arabischen Welt (»Reivindicación del Conde don Julián«, Roman, 1970; deutsch »Rückforderung des Conde don Julián«; mit den Mitteln des experimentellen Romans in »Makbara«, 1980; deutsch »Engel und Paria«). Goytisolo ist zugleich einer der scharfsinnigsten Essayisten und Kenner der spanischen Literaturgeschichte (»España y los españoles«, 1969, deutsch »Spanien und die Spanier«; »Disidencias«, 1977, deutsch »Dissidenten«). In der zweibändigen Autobiographie »Coto vedado« (1985; deutsch »Jagdverbot. Eine spanische Jugend«) und »En los reinos de taifa« (1986; deutsch»Die Häutung der Schlange. Ein Leben im Exil«) zeichnet Goytisolo die Welt des Spanischen Bürgerkriegs, des Francoregimes und sein Leben in der Pariser Literaturszene nach.
Weitere Werke: Romane: La isla (1961; deutsch Sommer in Torremolinos); Juan sin tierra (1975; deutsch Johann ohne Land); Paisajes después de la batalla (1982; deutsch Landschaften nach der Schlacht); La saga de los Marx (1993).
Essays: Crónicas sarracinas (1982); Cuaderno de Sarajevo (1993; deutsch Notizen aus Sarajewo).
3) Luis, spanischer Schriftsteller, * Barcelona 17. 3. 1935; Bruder von 1) und 2); war 1955-59 aktiv in der KP, deshalb 1960 in Haft. Seine frühen Romane »Las afueras« (1958; deutsch »Auf Wegen ohne Ziel«) und »Las mismas palabras« (1963) gehören mit ihrer Darstellung vom Elend der Massen und dem Egoismus der Reichen der Francozeit zum Realismo social, überwinden jedoch dessen formale Sterilität. Diesen Weg führt die Tetralogie »Antagonía« (1973-81) fort, die als einer der bedeutendsten spanischen Gegenwartsromane gilt. Sie mischt Autobiographisches, die Abrechnung mit den politischen Mythen der Linken, scharfe Kritik an der Katalanisierung und literarische Reflexionen. Goytisolo schreibt auch Reiseberichte und Essays.
Weiteres Werk: Roman: Estela de fuego que se aleja (1984; deutsch Vom Schein des Feuers).
Universal-Lexikon. 2012.