Philon von Alexạndria,
Philo Judaeus, jüdisch-hellenistischer Theologe und Philosoph, * Alexandria um 20 v. Chr., ✝ ebenda um 50 n. Chr.; aus vornehmem Hause stammend, unterhielt Philon gute Beziehungen zum römischen Hof (Herodes Agrippa I., Kaiser Claudius). Er verstand es, Treue zum jüdischen Glauben mit Loyalität zu Rom zu vereinbaren; um 40 führte er eine Gesandtschaft zu Kaiser Caligula nach Rom, um für seine jüdischen Landsleute Dispens vom Kaiserkult zu erlangen und um gegen die Gewalttaten des ägyptischen Präfekten Flaccus zu intervenieren. Seinem Selbstverständnis nach ganz Jude, strebte Philon danach, die hellenistische Philosophie (besonders Platon, Pythagoras und Stoa) mit dem jüdischen Denken zu vereinen. In seinem philosophischen Eklektizismus bemühte er sich, mithilfe der Allegorese nachzuweisen, dass die zentralen Inhalte der griechischen Philosophie bereits in den alttestamentlichen Schriften vorhanden seien und nur noch freigelegt werden müssten. Seine Theologie ist von einem starken Dualismus geprägt: Gott erschafft und erhält die Welt, ist aber absolut jenseits und für menschliches Erkennen unerreichbar. Die Kluft zwischen Gott und Welt muss daher durch Vermittlungsgestalten überbrückt werden. Neben der Weisheit (Sophia) wird der Logos bei Philon zum Zentralbegriff. Als Archetypus und Mittler des Schöpfungsplanes, dessen sich Gott zur Welterschaffung bedient, wird er zum Vorbild des abbildlich geschaffenen Menschen; durch ihn wird die Transzendenz des Monotheismus mit göttlicher Immanenz verbunden. In der Anthropologie bildet die Ebenbildlichkeit die Grundlage des freien Willens des Menschen und befähigt ihn zu unmittelbarer Schau Gottes. Trotz einer pessimistischen Sicht der Leiblichkeit hält Philon an der grundsätzlichen Möglichkeit einer Überwindung der Sünde durch Änderung des Lebenswandels fest. Philon verfasste historische und apologetische Schriften und trat vornehmlich als Kommentator des Pentateuch hervor. In seiner Verbindung von Heiliger Schrift und platonischer Philosophie wurde er wegweisend für frühchristliche Theologen wie Klemens von Alexandria und Origenes, über die sein Denken auch Eingang in die christliche Mystik fand, wie für den christlichen Neuplatonismus insgesamt.
Ausgaben: Opera quae supersunt, herausgegeben von L. Cohn und anderen, 6 Bände und 2 Registerbände (1896-1930, Nachdruck 1962-63); Die Werke, herausgegeben von demselben und anderen, 6 Bände (1909-38, Nachdruck 1962, Registerband 1964).
É. Bréhier: Les idées philosophiques et religieuses de Philon d'Alexandrie (Paris 31950);
Y. Amir: Die hellenist. Gestalt des Judentums bei P. von Alexandrien (1983);
L. A. Montes-Peral: Akataleptos Theos. Der unfaßbare Gott (Leiden 1987);
D. T. Runia: Philo and the church fathers. A collection of papers (ebd. 1995).
Universal-Lexikon. 2012.