Scheidemann,
1) Heinrich, Komponist und Organist, * Wöhrden (Kreis Dithmarschen) um 1596, ✝ Hamburg Anfang 1663; einer der bedeutendsten Meister der norddeutschen Orgelschule, war Schüler von J. P. Sweelinck und ab 1629 Organist an Santa Katharinen in Hamburg. Außer seinem umfangreichen Orgelwerk (v. a. Orgelchoräle, Choralfantasien) sind von ihm die Liedsammlungen »Neue himmlische Lieder« (1651) und »Die verschmähete Eitelkeit« (1659) überliefert.
W. Breig: Die Orgelwerke von H. S. (1967).
2) Philipp, Politiker (SPD), * Kassel 26. 7. 1865, ✝ Kopenhagen 29. 11. 1939; Buchdrucker, später Journalist; 1903-18 Mitglied des Reichstags, seit 1911 im Vorstand der SPD, seit 1913 einer der Führer der SPD-Fraktion im Reichstag, vertrat die gemäßigte, von der Mehrheit seiner Partei getragene politische Linie (»Mehrheitssozialist«). In der Regierung von Max Prinz von Baden (3. 10. bis 9. 11. 1918) war er Staatssekretär ohne Geschäftsbereich. Nach Ausbruch der Novemberrevolution rief Scheidemann am 9. 11. 1918 in Deutschland die Republik aus und war Mitglied des Rates der Volksbeauftragten (November 1918 bis Januar 1919). 1919/20 war er Abgeordneter der Weimarer Nationalversammlung, 1920-33 Mitglied des Reichstags. Seit Februar 1919 Ministerpräsident an der Spitze einer Koalition aus SPD, Zentrum und DDP (»Weimarer Koalition«), trat Scheidemann schon im Juni 1919 zurück, da er den Versailler Vertrag für unannehmbar hielt. 1920-25 war er Oberbürgermeister von Kassel. Unter dem Eindruck der einsetzenden NS-Diktatur ging er 1933 ins Exil.
Schriften: Memoiren eines Sozialdemokraten, 2 Bände (1928).
Universal-Lexikon. 2012.