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Dithmarschen
Dịth|mar|schen; -s:
1. Landschaft an der Westküste von Schleswig-Holstein.
2. Landkreis in Schleswig-Holstein.

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Dithmarschen
 
['dit-, auch 'diːt-],
 
 1) Kreis in Schleswig-Holstein an der Westküste zwischen den Mündungstrichtern von Eider und Elbe, 1 429 km2, 136 900 Einwohner; Kreisstadt ist Heide. Dithmarschen umfasst von Osten nach Westen alteiszeitliche Geest mit vorgelagerten Mooren und Nehrungsdünen (»Donn«) sowie alte Marsch und die erst in der Neuzeit der Nordsee abgewonnenen Köge (Dithmarscher Bucht). Im Süden fällt die Geest mit einem 20 bis 50 m hohen Steilrand (»Klev«) zur Marsch ab. Der Kreis ist altes Bauernland mit intensiv betriebener Landwirtschaft auf hochwertigen Marschböden (Weizen-, Zuckerrüben-, Feldgemüseanbau, Blumenzwiebelzucht; größtes Kohlanbaugebiet Deutschlands) und daran anschließender Industrie (in Marne, Meldorf, Sankt Michaelisdonn). Hafenorte sind Büsum, Meldorf, Friedrichskoog und Brunsbüttel, Letzterer an der Einmündung des Nord-Ostsee-Kanals in die Unterelbe. Erdöl wird im Hemmingstedter Feld gewonnen und verarbeitet (Erdölleitungen u. a. von Brunsbüttel; dort auch petrolchemische Industrie, Kernkraftwerk).
 
 2) historische Landschaft im westlichen Holstein, die sich von der Elbe- bis zur Eidermündung entlang der Nordseeküste erstreckt. Dithmarschen war zur Zeit Karls des Großen eines der drei nordelbischen sächsischen Stammesgebiete. Im Zuge der fränkischen Eroberung Nordelbiens kam Dithmarschen im 11. Jahrhundert (endgültig nach der Schlacht von Bornhöved 1227) unter die Lehenshoheit des Erzbischofs von Hamburg-Bremen.
 
Die um 1000 einsetzende Eindeichung und Kultivierung der Marsch leitete in Dithmarschen eine verfassungsmäßige Sonderentwicklung ein, die zum Teil noch die preußische Annexion von 1866 überdauerte. Der relativ kostspielige Bau sowie die folgende Instandhaltung von Deichen, Entwässerungsgräben, Schleusen u. a. Einrichtungen wurden als Gemeinschaftsaufgaben angesehen und in genossenschatlichen Organisationen bewältigt, die sich gegenüber dem herrschaftlichen Vogt behaupteten. Als politische Organisationen der Dithmarscher bildeten sich zunächst die Geschlechterverbände aus, die über Fehderecht verfügten und u. a. für den Rechtsschutz sowie Erbschaftsangelegenheiten zuständig waren. Daneben zogen die flächenhaft organisierten Kirchspiele im 12./13. Jahrhundert neben Deich-, Siel- und Wegeangelegenheiten immer mehr rechtliche und politische Entscheidungsbefugnisse an sich, wodurch sie in Konkurrenz zu den Geschlechterverbänden traten, bis sie sich 1434/35 gegenüber diesen durchzusetzen vermochten. 1447 wurden im Dithmarscher Landrecht die bestehenden Verhältnisse festgeschrieben. Höchste Instanz war seitdem ein Gremium von 48 Vertretern der Kirchspiele, das die bis dahin bestehende Landesversammlung (mit Vertretern von Kirchspielen unter dem Vorsitz von bedeutenden Geschlechtern) ablöste. Neben den »Achtundvierzigern« standen in jedem Kirchspiel vier jährlich gewählte Schließer (slutere) und 20 Geschworene (sworen). Im Gegensatz zu den Schließern und Geschworenen gehörten die »Achtundvierziger« auf Lebenszeit ihrem Gremium an. Ihrem Kollegium gelang im Lauf der Zeit die Ausbildung einer zentralen Landesregierung. Unter ihrer Führung konnte sich Dithmarschen lange Zeit der Eroberungsversuche der dänischen Könige, die 1460 Herzöge von Holstein geworden waren und 1474 Dithmarschen als Lehen zugesprochen bekommen hatten, erwehren. Bei Hemmingstedt (1500) schlug das Bauernheer der Dithmarscher einen militärischen Vorstoß Dänemarks und Holsteins zurück, doch erlag Dithmarschen 1559 bei Heide einem erneuten dänischen Eroberungsversuch, der gemeinsam mit den Herzögen von Gottorp vorgetragen wurde. Die anfängliche Dreiteilung wich 1581 einer Zweiteilung: Norder-Dithmarschen mit Heide, seit 1447 Tagungsort der »Achtundvierziger«, fiel an Herzog Adolf von Gottorp; Süder-Dithmarschen mit Meldorf, dem ältesten Kirchort und Tagungsort der Landesversammlung, kam an König Friedrich II. von Dänemark. 1773 dehnte Dänemark seine Herrschaft auf ganz Dithmarschen aus, wobei den Dithmarschern die bislang zugestandene Selbstverwaltung weitestgehend erhalten blieb. 1866 wurde Dithmarschen in Preußen eingegliedert; es bildete die beiden Kreise Norderdithmarschen und Süderdithmarschen.
 
Literatur:
 
H. Stoob: Die dithmarsischen Geschlechterverbände (1951);
 H. Stoob: Gesch. D.s im Regentenzeitalter (1959);
 
D., bearb. v. C. Jenssen u. a. (1976).
 

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Dịth|mar|schen; -s: 1. Landschaft an der Westküste von Schleswig-Holstein. 2. Landkreis in Schleswig-Holstein.

Universal-Lexikon. 2012.