Schestọw,
Šestọv [ʃ-], Leo (Lew), eigentlich Lew Issaakowitsch Schwạrzman, russischer Religionsphilosoph, * Kaunas 12. 2. 1866, ✝ Paris 20. 11. 1938; entstammte einer jüdischen Kaufmannsfamilie, studierte an den Universitäten Moskau und Kiew Mathematik und Jura, anschließend 1895-98 in Italien und der Schweiz; arbeitete als Journalist, schließlich als freier Schriftsteller in Sankt Petersburg. 1919 verließ Schestow Russland und war seit 1922 Professor an der Sorbonne in Paris. Nach literaturkritischen Studien zu Shakespeare, F. Nietzsche, L. N. Tolstoj und F. M. Dostojewskij begann er 1905 unter dem Eindruck der Revolution und des Kiewer Pogroms seine religionsphilosophischen Arbeiten. Darin kämpfte er - u. a. in Auseinandersetzung mit E. Husserl - besonders gegen die »Schrankenlosigkeit der objektiven Vernunft«, wie sie in den Spekulationen von Aristoteles bis G. W. F. Hegel zum Ausdruck komme, um seinerseits eine Sphäre des Seins zu postulieren, in der die Offenbarung entscheide, und eine entsprechende »mystische« Philosophie und Ethik zu fordern.
Werke: Vlast' ključej (1923; deutsch Potestas clavium oder die Schlüsselgewalt); Kirgegard i ekzistencialnja filosofija (herausgegeben 1939; deutsch Kierkegaard und die Existenzphilosophie, französische Übersetzung 1936 unter dem Titel Kierkegaard et la philosophie existentielle); Afiny i Jerusalim (1951; deutsch Athen und Jerusalem, 1938); Umozrenie i otkrovenie (herausgegeben 1964).
Ausgaben: Sobranie sočinenij, 6 Bände (21972).
Russische Religionsphilosophen. Dokumente, herausgegeben von N. von Bubnov (1956).
B. Schultze: Russ. Denker (Wien 1950).
Universal-Lexikon. 2012.