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Schnitzler
Schnịtzler,
 
1) Arthur, österreichischer Schriftsteller, * Wien 15. 5. 1862, ✝ ebenda 21. 10. 1931, Vater von 2); war zunächst Arzt; sein fachliches Interesse für Hypnose und Traum, für die Psyche seiner Figuren ließen ihn zum dichterischen Pendant S. Freuds werden. Die Atmosphäre der Dramen und Erzählungen ist geprägt vom Wien der Jahrhundertwende, vom Lebensgefühl des Fin de Siècle, meist sind sie auch dort angesiedelt (Einakterfolge »Anatol«, 1893), selten verwendete Schnitzler eine historische Kulisse (»Der grüne Kakadu«, 1899). Die - im Widerspruch zur öffentlichen Moral - unerbittlich das Triebleben analysierenden Werke waren für die Zeitgenossen skandalträchtig: v. a. die Komödie »Reigen« (als Privatdruck 1900, Buchausgabe 1903), in der die körperliche Liebe aller sozialen Schichten in kunstvoll aufeinander bezogener Dialogfolge durchgespielt wird, löste noch bei der ersten vollständigen Uraufführung 1920 (von M. Reinhardt) einen solchen Sturm der Entrüstung aus, dass Schnitzler, trotz gerichtlichen Freispruchs, alle weiteren Aufführungen verbot (gültig bis 1982). Auch das erzählerische Werk erfasst vorwiegend psychische Vorgänge, erstmals in der deutschsprachigen Literatur mit den Mitteln des inneren Monologs in der Erzählung »Lieutenant Gustl« (1901), ähnlich später in der Erzählung »Fräulein Else« (1924). Alle Dichtungen Schnitzlers kreisen um Liebe und Tod, die meisten erhalten durch die Spannung zwischen Schein und Sein, Ironie und Resignation tragikomische Züge. In den späten Novellen (besonders »Flucht in die Finsternis«, 1931) herrschen die Motive Einsamkeit, Alter, Tod in ihrer existenziellen Dimension vor. Das belletristische Werk wird begleitet von ausführlichen Tagebüchern, die Schnitzler seit seinem 17. Lebensjahr führte (insgesamt etwa 8 000 Manuskriptseiten). Der umfangreiche Briefwechsel, u. a. mit H. von Hofmannsthal, G. Brandes, M. Reinhardt, H. Bahr und S. Zweig, bezeugt Schnitzlers zentrale Stellung im österreichischen Geistesleben im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Unter den Nationalsozialisten verboten, wird das Werk in seiner Bedeutung für die Moderne in der Gegenwart zunehmend gewürdigt und erforscht.
 
Weitere Werke: Schauspiele: Paracelsus (1899); Der einsame Weg (1904); Komtesse Mizzi oder Der Familientag (1909); Der junge Medardus (1910); Komödie der Verführung (1924).
 
Novellen: Sterben (1895); Casanovas Heimfahrt (1918); Traumnovelle (1926).
 
Romane: Der Weg ins Freie (1908); Therese (1928).
 
Autobiographie: Jugend in Wien (herausgegeben 1968).
 
Ausgaben: Gesammelte Werke, 9 Bände (Neuausgabe 1922-23); Gesammelte Werke, 6 Bände (1970-81); Briefe. 1875-1912, herausgegeben von T. Nickl u. a. (1981); Tagebuch, herausgegeben von W. Welzig, auf mehrere Bände berechnet (1-31983 folgende); Briefe. 1913-1931, herausgegeben von P. M. Braunwarth u. a. (1984); Erzählungen, bearbeitet von B. Spinnen (Neuausgabe 1994).
 
Literatur:
 
A. S. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit, hg. v. H. Schnitzler u. a. (1981);
 
A. S. in neuer Sicht, hg. v. H. Scheible (1981);
 R. Wagner: A. S. Eine Biogr. (Neuausg. 1984);
 M. L. Perlmann: A. S. (1987);
 I. Lindgren: A. S. im Lichte seiner Briefe u. Tagebücher (1993);
 U. Weinzierl: A. S. Lieben, Träumen, Sterben (1994);
 H. Scheible: A. S. (41.-42. Tsd. 1996);
 H. Scheible: Liebe u. Liberalismus. Über A. S. (1996);
 K. Fliedl: A. S., Poetik der Erinnerung (Wien 1997);
 
A. S., hg. v. H. L. Arnold (1998).
 
 2) Heinrich, österreichischer Regisseur, * Hinterbrühl (bei Wien) 9. 8. 1902, ✝ Wien 14. 7. 1982, Sohn von 1); zunächst Schauspieler in Wien (1921-24) und Berlin (1924-32), dann Dramaturg und Regisseur am Wiener Volkstheater (1932-38); 1938 Emigration in die USA, ab 1942 Dozent beziehungsweise Professor (in Kalifornien). Seit 1955 inszenierte Schnitzler wieder in Europa; beteiligt an der Herausgabe des Nachlasses seines Vaters.

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Schnịtz|ler, der; -s, - (schweiz.): Schnitzer (1).

Universal-Lexikon. 2012.