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Selbsthilfegruppen
I
Selbsthilfegruppen,
 
eine zunächst in den USA, seit den 1970er-Jahren auch in Westeuropa verbreitete Form des freiwilligen Zusammenschlusses von Menschen, die durch ein gleich gelagertes Problem (z. B. Drogenabhängigkeit, Alkoholkrankheit, psychische Probleme, chronische Krankheit, Tod eines nahen Angehörigen, Behinderung, soziale Randlage oder Benachteiligung) verbunden sind und sich ohne professionelle Ausbildung, oft auch ohne staatlich-gesellschaftliche Abstützung und Förderung, gegenseitig helfen. Das Ziel kann sowohl in der individuellen (Selbst-)Hilfe als auch in der Ausbildung von Gruppenidentität und in der Wirkung nach außen (Problembewusstsein in der Öffentlichkeit, Interessenvertretung) bestehen. Da staatliche Hilfe oft sehr spät einsetzt und häufig langwierige Genehmigungsverfahren voraussetzt, stellen Selbsthilfegruppen die aktive Selbsthilfe in den Vordergrund. Während in den 1970er- und 80er-Jahren mit der Idee der Selbsthilfegruppen auch gesellschaftsverändernde Ansprüche verbunden waren, stellen Selbsthilfegruppen inzwischen ein vielgestaltiges Netz der individuellen und gruppenbezogenen Hilfen und Orientierungen dar, ohne dass dabei auch politische Perspektiven entwickelt werden. Mehrheitlich sind sie im Gesundheitsbereich angesiedelt. - Die Zahl der Selbsthilfegruppen in Deutschland wird gegenwärtig auf etwa 70 000 mit annähernd 3 Mio. Mitgliedern geschätzt. In derzeit mehr als 250 deutschen Städten finden Selbsthilfegruppen und interessierte Betroffene spezielle Kontaktstellen zur Anregung und Unterstützung der Selbsthilfegruppenarbeit.
 
Literatur:
 
M. L. Moeller: S. Anleitungen u. Hintergründe (Neuausg. 1996);
 J. Matzat: Wegweiser S. (1997).
II
Selbsthilfegruppen,
 
freiwillige Gruppen beziehungsweise Organisationen von Menschen, die gravierende psychische Konflikte hatten oder noch haben und sich ohne professionell geschulte Kräfte (Psychologen, Ärzte, Sozialarbeiter) gegenseitig zu helfen versuchen. Als wohl bekannteste Selbsthilfegruppe dürfen die Anonymen Alkoholiker gelten; in jüngerer Zeit gibt es eine Reihe neuer Gruppierungen, etwa misshandelter und/oder sexuell missbrauchter Frauen beziehungsweise Mädchen oder auch »spielsüchtiger« (von Spielautomaten abhängiger) Personen.

Universal-Lexikon. 2012.