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Sinkiang
Sịnkiang,
 
Hsinchiang [-dʒ-], amtlich chinesisch in lateinischen Buchstaben Xinjiang [ɕɪndʒjang], autonomes Gebiet der Uiguren im Nordwesten Chinas, 1 660 000 km2, (1999) 17,47 Mio. Einwohner, Hauptstadt ist Ürümqi. Sinkiang wird hauptsächlich von der Dsungarei im nördlichen und vom Tarimbecken mit dem Lop Nur und der Wüste Takla-Makan im südlichen Teil eingenommen. Zwischen diesen tektonischen Senken durchzieht der östliche Tienschan (hier 3 000-5 000 m über dem Meeresspiegel; im westlichen Teil mit zwei durch den Ili voneinander geschiedenen Hauptketten) Sinkiang in westöstlicher Richtung auf 1 500 km Länge (bei 250-300 km Breite); an seiner Südostflanke liegen u. a. Hami- und Turfansenke (mit 154 m unter dem Meeresspiegel tiefster Punkt Chinas). Den Süden nehmen die Hochgebirgsketten des Westlichen (7 282 m über dem Meeresspiegel) und Mittleren Kunlun Shan (7 723 m über dem Meeresspiegel) und des Altun Shan (6 161 m über dem Meeresspiegel) ein. Im äußersten Norden hat Sinkiang Anteil am Mongolischen Altai. Die Abgeschlossenheit des Gebietes und die große Meeresferne bedingen ein extrem kontinentales Trockenklima (mittlerer Jahresniederschlag im Norden 100-500, im Süden 25-100 mm); über ein Fünftel Sinkiangs ist Wüste. Die wichtigsten Bevölkerungsgruppen sind die Uiguren, deren Anteil von (1953) 75 % durch die Masseneinwanderung von Chinesen nach dem Bau der Eisenbahnlinie Lanzhou-Ürümqi auf (1990) etwa 45 % gesunken ist, und die Chinesen, deren Anteil heute etwa gleich groß ist (1953: 6 %). Nationale Minderheiten bilden die Kasachen, Kirgisen, Tadschiken, Usbeken, Mongolen, Tataren, Hui, Russen, Mandschuren, Dauren u. a. In der Dsungarei überwiegt Weidewirtschaft (Rinder, Schafe, Pferde) durch ehemalige Nomaden (besonders Kasachen und Mongolen); am Rande des Tarimbeckens hat die Oasenwirtschaft größte Bedeutung. In den Oasen am nördlichen (u. a. Hetian, Yarkand, Kaschgar) und südlichen (u. a. Aksu, Kuqa) Gebirgsrand, durch die bereits die beiden Hauptrouten der Seidenstraße verliefen, werden Weizen, Mais, Reis, Baumwolle, Zuckerrüben, Aprikosen, Feigen und Melonen angebaut; wichtig ist auch die Seidenraupenzucht. Weitere Oasengebiete liegen am oberen Ili, am Nordfuß des Tienschan sowie in seinen südöstlichen Randsenken. Sinkiang verfügt über reiche Bodenschätze, die erst zum Teil genutzt werden: Förderung (und Verarbeitung) von Erdöl (in der Dsungarei), Abbau von Kohle (bei Ürümqi und Hami), Uranerz (im Tienschan) und Eisenerz (in der Dsungarei) sowie Goldgewinnung (Altun Shan, Kunlun Shan, Dsungarei). Die Industrie (aufgebaut ab 1950) umfasst v. a. Baumwoll- und Seideverarbeitung sowie die Nahrungsmittelindustrie, Ürümqi entwickelte sich als bedeutender Industriestandort (Eisen- und Stahlwerke, Erdölraffinerie); gut entwickelt ist das Handwerk (besonders die Teppichweberei).
 
Geschichte:
 
Das Gebiet - 101 v. Chr. stand der südliche Teil (Ost-Turkestan, Turkestan) erstmals unter chinesischer Oberhoheit - war für China die wichtigste Landbrücke nach West- und Südasien und deshalb auch ständiges Streitobjekt mit den angrenzenden nichtchinesischen Völkern. Im 9. Jahrhundert wurden hier die Uiguren ansässig, seit der Mingzeit (1368-1644) drangen westmongolische Stämme ein. Als diese im 17. Jahrhundert unter Führung der Dsungaren (Oiraten) erstarkten und zunehmend zu einer Bedrohung der Mandschuherrschaft wurden, kam es zu den Dsungarenkriegen (1696-1758). Mit der Befriedung der Dsungarei und der Eroberung von Ost-Turkestan (seither auch Chinesisch-Turkestan genannt) 1758 wurde ganz Sinkiang gewonnen und später dem chinesischen Reich als Protektorat angegliedert. In einem Aufstand der islamischen Turkvölker (1862-78) konnte deren Führer Jakub Beg (* um 1820, ✝ 1877) das ganze Tarimbecken unter seiner Herrschaft vereinigen (Bildung des islamischen Staates von Kaschgar, 1873). Den mit ihm verbündeten aufständischen chinesischen Muslimen gelang es, fast die ganze Dsungarei, mit Ausnahme des 1871 von Russland besetzten Iligebiets, in Besitz zu nehmen. In langwierigen Kämpfen eroberten die Chinesen schließlich die Dsungarei (1876) und Kaschgar (1878) zurück. Als 1881 auch das Iligebiet wieder chinesisch geworden war, wurde das gesamte Gebiet als Provinz Sinkiang in die chinesische Zivilverwaltung eingegliedert.
 
In der zwischen 1911 und 1941 von der Regierungszentrale unabhängigen Provinzen konnte die UdSSR Einfluss gewinnen. Als Sinkiang sich 1941/42 der chinesischen Zentralregierung unterstellte, führte dies zu einem Aufstand im Iligebiet (1944) und zur Bildung der prosowjetischen Ostturkestanischen Republik in Kuldja. Deren Regierung wurde 1949 durch eine für ganz Sinkiang zuständige, Peking unterstehende kommunistische Provisorische Volksregierung abgelöst. 1955 wurde Sinkiang als Autonome Region konstituiert. 1962 verließen mit sowjetischer Hilfe etwa 50 000 Uiguren und Kasachen Sinkiang, dies führte zur Schließung der Grenze zur UdSSR. Sinkiang wurde militärische Sperrzone. Im April 1990 kam es in der Region von Baren zu Unruhen.
 
Literatur:
 
Chu Wen-djang: The Moslem rebellion in Northwest China, 1862-1878 (Den Haag 1966);
 M. Rossabi: China and Inner Asia from 1368 to the present day (London 1975);
 O. Weggel: Xinjiang, S. Das zentralasiat. China. Eine Landeskunde (1984);
 G. Wacker: Xinjiang u. die VR China (1995).

Universal-Lexikon. 2012.