Valle-Inclán
['baʎe iȖ'klan], Ramón María del, spanischer Schriftsteller, * Villanueva de Arosa (Provinz Pontevedra) 28. 10. 1866, ✝ Santiago de Compostela 5. 1. 1936; war 1892 und 1922 Journalist in Mexiko; gehörte um 1900 in Madrid zur künstlerischen Bohème; längere Aufenthalte in Lateinamerika, 1910 konservativer Kandidat für die Cortes, vertrat später Positionen eines radikalen Anarchismus, 1931 zum Direktor der Kunstakademie in Madrid berufen. - Sein Werk umfasst eine frühe, bis etwa 1910 reichende modernistisch-symbolistische und eine späte expressionistische Phase; gemeinsam ist ihnen eine zutiefst antibürgerliche Haltung und eine ironisch-sarkastische Opposition gegen jede realistische Kunst. Gegenüber der bürgerlichen Welt mythisieren die frühen Romane die dekadente, katholische Welt der spanischen Aristokratie v. a. der Zeit der Karlistenkriege, so die »galanten Memoiren« des Marqués de Bradomín (»Sonatas«, vier Kurzromane, Band 1: »Sonata de otoño«, 1902, deutsch »Herbstsonate«; Band 2: »Sonata de estío«, 1903, deutsch »Sommersonate«; Band 3: »Sonata de primavera«, 1904, deutsch »Frühlingssonate«; Band 4: »Sonata de invierno«, 1905, deutsch »Wintersonate«) und die Romantrilogie »La guerra carlista« (1908-09; deutsch »Der Karlistenkrieg«). Die drei »Comedias bárbaras« (1907-23; deutsch »Barbarische Komödien«) leiten zum Spätwerk über, in dem die spanische Gegenwart, v. a. in ihren politischen und militärischen Repräsentanten, einer scharfen Kritik unterzogen wird. Dafür schuf Valle-Inclán eine »esperpento« genannte Form der Schauerposse, die im Rückgriff auf das Marionettenspiel und das Stationendrama eine auch sprachlich ins Grotesk-Parodistische verzerrte, demaskierende Darstellung der Wirklichkeit bietet (»Martes de carnaval«, 1930; deutsch »Karneval der Krieger«). Das Gesamtwerk des herausragenden Vertreters der europäischen Avantgarde unterlag in Spanien während des Francoregimes der Zensur und wirkt erst seit den 1970er-Jahren auf die spanische Gegenwartsliteratur.
Weitere Werke: Romane: Tirano Banderas (1926; deutsch Tyrann Banderas); El ruedo ibérico, 3 Bände (1927-28).
Lyrik: La pipa de Kif (1919); Claves líricas (1930).
Ausgaben: Opera omnia, 30 Bände (1913-30); Obras completas, 2 Bände (31954); Obras escogidas, 2 Bände (2-41974-76).
Verity Smith: R. del V.-I. (New York 1973);
R. del V.-I. (1866-1936), hg. v. H. Wentzlaff-Eggebert (1988);
J. Alonso Serrano: Los cuentos de V.-I. (Santiago de Compostela 1996);
Universal-Lexikon. 2012.