Wẹlfen,
fränkisches Adelsgeschlecht, aus dem karolingischen Kernraum um Maas und Mosel stammend, wo Ruthard, der als einer der Stammväter des Geschlechts gilt, nach 746 Besitz erwarb; seit der Mitte des 8. Jahrhunderts auch in Schwaben (Weingarten) begütert. Mit Graf Welf I. (✝ um 820) beginnt die gesicherte Stammreihe des bald in Linien geteilten Geschlechts. Die Eheverbindungen seiner Töchter Judith (✝ 843) mit Kaiser Ludwig I., dem Frommen, und Emma (Hemma, ✝ 876) mit König Ludwig I., dem Deutschen, trugen wesentlich zum Aufstieg der Familie bei. Von Welfs Sohn Konrad, dem Älteren, (✝ 863), stammen die burgundische (Rudolfinger, erloschen 1032) und die schwäbische Linie der älteren Welfen ab; erstere gelangte 888 in Hochburgund zur Königsherrschaft. Auf der Machtgrundlage umfangreichen Allodial- und Lehnbesitzes in Schwaben, Rätien und Bayern wurden die Welfen zu einer der bedeutendsten deutschen Adelsdynastien im Hochmittelalter Mit Welf III. (1047-55 Herzog von Kärnten) erlosch die ältere Linie im Mannesstamm; das Erbe ging über auf seinen Neffen aus dem italienischen (langobardischen) Haus Este, Welf IV. (✝ 1101), Sohn seiner Schwester Kunigunde (✝ vor 1055) mit Markgraf Albert Azzo II. von Este (✝ 1097). König Heinrich IV. belehnte Welf IV. 1070 mit dem Herzogtum Bayern; als Welf I. wurde er damit zum Begründer der jüngeren Welfen (Linie Welf-Este). Heinrich IX., der Schwarze (* um 1074, ✝ 1126), durch seine Ehe mit der Billungerin Wulfhild (✝ 1126), und sein Sohn Heinrich X., der Stolze, durch die Ehe mit Gertrud, der Tochter Kaiser Lothars III., begründeten die sächsische Machtstellung des Hauses. Der Aufstieg zum Königtum gelang den Welfen nach Lothars Tod 1138 jedoch nicht; der Stauferkaiser Friedrich I. Barbarossa führte zunächst einen Ausgleich mit seinem welfischen Vetter Heinrich dem Löwen herbei, dem er neben Sachsen auch das Herzogtum Bayern zugestand (1156); 1180 entmachtete er nach Interessenkollisionen Heinrich in Bayern sowie Sachsen und zerschlug den welfischen Machtkomplex. Heinrichs Sohn Otto IV. erlangte 1198 die Römische Königskrone, 1209 die Kaiserkrone, wurde aber 1214 von König Friedrich II. und dem verbündeten französischen König Philipp II. Augustus bei Bouvines besiegt (staufisch-welfischer Thronstreit 1198-1214/15; Guelfen und Ghibellinen). - Die süddeutschen Welfen starben mit Welf VI. (* 1115, ✝ 1191), dem Onkel Heinrichs des Löwen, im Mannesstamm aus. - Aus dem welfischen Hausbesitz zwischen Elbe und Weser entstand 1235 das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, das Ottos IV. Neffen, Otto I., dem Kind, übertragen wurde. Erst die welfische Teillinie Calenberg, ab 1365 bei (Braunschweig-)Lüneburg, erlangte nach dem Aufstieg zum Kurfürstentum Hannover 1692 und der Thronbesteigung in Großbritannien 1714 europäische Bedeutung (Haus Hannover).
J. Fleckenstein: Die Herkunft der W. u. ihre Anfänge in Süd-Dtl., in: Studien u. Vorarbeiten zur Gesch. des großfränk. u. frühdt. Adels, hg. v. G. Tellenbach (1957);
G. Schnath: Das W.-Haus als europ. Dynastie, in: G. Schnath: Streifzüge durch Niedersachsens Vergangenheit (1968);
G. Pischke: Die Landesteilungen der W. im MA. (1987);
Welf VI., hg. v. R. Jehl (1995);
W. Hechberger: Staufer u. W. 1125-1190. Zur Verwendung von Theorien in der Geschichtswiss. (1996).
Universal-Lexikon. 2012.