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Kärnten
Kạ̈rn|ten; -s:
österreichisches Bundesland.

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Kạ̈rnten,
 
das südlichste Bundesland Österreichs, an der Grenze zu Slowenien und Italien, 9 533 km2, (1999) 564 400 Einwohner; umfasst den Einzugsbereich der oberen Drau (ohne den Oberlauf) oberhalb von Lavamünd mit ihren Nebenflüssen Möll, Lieser, Gurk und Lavant (von Norden) sowie das Gailtal; zwischen beiden die Gailtaler Alpen. Die West-Osterstreckung beträgt 160 km, die von Norden nach Süden liegt zwischen 45 und 70 km. Kärnten gliedert sich in acht politische Bezirke und zwei Städte mit eigenem Statut; Hauptstadt ist Klagenfurt.
 
Recht:
 
Nach der Landesverfassung von 1974 (mit späteren Änderungen) erlässt ein jeweils auf fünf Jahre gewählter Landtag die Landesgesetze und übt die politische Kontrolle über die Landesregierung aus, die aus dem Landeshauptmann sowie sechs weiteren Mitglieder besteht und vom Landtag für die Dauer seiner Gesetzgebungsperiode gewählt wird. Volksbefragung, -begehren und -abstimmung (über Gesetzesbeschlüsse des Landtags) sind als direkte demokratische Rechte der Landesbürger vorgesehen.
 
Wappen:
 
Das auf das Jahr 1237 zurückgehende Wappen zeigt im gold und rot gespaltenen Schild links (heraldisch rechts) die drei Löwen der Babenberger, rechts (heraldisch links) einen silbernen Balken.
 
Landesnatur:
 
Kärnten bildet eine in sich geschlossene Beckenlandschaft zwischen Karawanken und Karnischen Alpen im Süden, Hohen Tauern im Nordwesten, Gurk- und Seetaler Alpen sowie Packalpe im Norden und der Koralpe im Osten mit nur wenigen natürlichen Durchlässen (Tal der oberen Drau, durch das Tal der Gailitz nach Italien, durch das Tal des Olsbaches zum Neumarkter Sattel und über den Obdacher Sattel im Lavanttal ebenfalls zum Murtal, und drauabwärts nach Slowenien). Es gliedert sich in das gebirgige Oberkärnten (oberes Drau-, Möll-, Lieser- und Gailtal) und das meist flachwelligere und durch einzelne Ebenheiten (u. a. Zoll-, Krapp- und Jaunfeld) geprägte Unterkärnten, dessen Kernraum das Klagenfurter Becken ist, das größte inneralpine Becken der Ostalpen (zwischen Gurktaler Alpen und Karawanken), von dem die Saualpe das Lavanttal als relativ geschlossene Talschaft ausgliedert. In Kärnten liegen vier große (Wörther See, Ossiacher See, Millstätter See und Weißensee) und etwa 200 kleinere Seen mit zusammen etwa 60 km2.
 
Klima:
 
Klimatisch ist Kärnten ein Übergangsraum. Im Drautal sind mediterrane Einflüsse bei Föhn bemerkbar, der Nordwesten hat ozeanisch geprägtes Klima; das Klagenfurter Becken hat dagegen nicht nur kontinental geprägtes Klima, sondern weist, da allseitig umschlossen, oft Temperaturumkehr auf (d. h., im Becken ist es kälter als auf den umgebenden Bergen). Insgesamt ist das Klima im Winter reizstark, im Sommer dagegen reizschwach.
 
Bevölkerung:
 
Die Bevölkerung ist zu 95 % deutschsprachig, südlich der Drau und im Untergailtal wohnen Slowenen. Die Menschen leben zu über 50 % in ländlichen Siedlungen. Knapp 57 % der Landesfläche liegen über 1 000 m über dem Meeresspiegel, hier lebt jedoch nur ein geringer Teil der Bevölkerung Insgesamt ist die Bevölkerungsdichte Kärntens mit 59 Einwohnern/km2 deutlich geringer als im österreichischen Gesamtdurchschnitt (96 Einwohner/km2); am dichtesten besiedelt sind das südliche Klagenfurter Becken und das Lavanttal.
 
Religion:
 
Die Katholiken Kärntens (80 % der Bevölkerung) gehören zur Diözese Gurk, die evangelischen Christen (10 % der Bevölkerung) zur Evangelischen Kirche Augsburgischen und Helvetischen Bekenntnisses in Österreich.
 
Wirtschaft:
 
Im Vergleich der österreichischen Bundesländer liegt Kärnten in der Wirtschaftskraft mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Einwohner von (1992) 199 110 öS an drittletzter Stelle. Der Beitrag Kärntens zum BIP beträgt 5,6 %. Die regionale Arbeitslosenquote liegt mit (1995) 8,5 % über dem Bundesdurchschnitt (6,6 %).
 
Land-
 
und Forstwirtschaft haben an Stellenwert verloren; ihr Beitrag zum BIP liegt mit (1992) 3,1 % (1970: 10,3 %) nur noch wenig über dem österreichischen Durchschnitt (2,5 %). Produktionsschwerpunkt ist die Viehzucht (Milch- und Fleischwirtschaft). Der Ackerbau (Anbau von Mais, Gerste, Hafer, Weizen und Kartoffeln sowie Obst) ist von geringerer Bedeutung. In der Struktur der land- und forstwirtschaftliche Betriebe überwiegt die Zahl der Nebenerwerbsbetriebe (rd. 65 %); die Vollerwerbsbetriebe konzentrieren sich im Klagenfurter Becken. Mehr als die Hälfte der gesamten Kulturfläche ist bewaldet, knapp ein Viertel wird landwirtschaftlich genutzt. Forstwirtschaft wird intensiv betrieben (Holzeinschlag 1995: 2 Mio. m3; 14 % des österreichischen Holzeinschlags).
 
Bodenschätze:
 
Im Bergbau ist die Magnesitgewinnung (Radentheim) erwähnenswert (1994: 64 000 t, das sind knapp 10 % der österreichischen Produktion). Kärnten erzeugt rd. 10 % der gesamtösterrischen Elektrizität; bedeutend sind die Wasserkraftwerke an der Drau.
 
Industrie:
 
Industriezentren haben sich um Klagenfurt (auch Handelszentrum u. a. mit der österreichischen Holzmesse), Villach, Wolfsberg und Spittal an der Drau gebildet. Schwerpunkte sind die Branchen Elektrotechnik und Elektronik, Baustoff-, Holz- und Nahrungsmittelindustrie sowie Maschinen- und Stahlbau. Der industrielle Sektor erwirtschaftet 35,5 % des regionalen BIP.
 
Tourismus:
 
Im Fremdenverkehr liegt Kärnten mit (1995) 14,8 Mio. Übernachtungen (entspricht 12,7 % aller Fremdenübernachtungen in Österreich) an 3. Stelle hinter Tirol und Salzburg. Es dominieren Sommerurlauber; besonderer Beliebtheit erfreuen sich die Kärntner Seen. Der Anteil der Ausländer an den Übernachtungen beträgt zwei Drittel. Am BIP ist der Fremdenverkehr (1992) mit 6,5 % beteiligt und liegt damit doppelt so hoch wie der österreichische Durchschnitt.
 
Verkehr:
 
Zentraler Verkehrsknotenpunkt ist Villach, wo sich alle wichtigen Straßenverbindungen wie die Tauernautobahn (Europäische Nord-Süd-Transitroute), die Wörtherseeautobahn und die Südautobahn (von Wien nach Italien) sowie Bahnstrecken wie die Tauernbahn (Verbindung nach Salzburg), die Südbahn (nach Wien und Italien) und die Karawankenbahn (nach Slowenien) kreuzen. Die wichtigsten Grenzübergänge sind Thörl-Maglern, Naßfeld- und Plöckenpass (nach Italien) sowie Loiblpass, Wurzenpass und Rabenstein (nach Slowenien). Der Flughafen Klagenfurt hat vorrangig regionale Bedeutung. Die Binnenschifffahrt auf den Kärntner Seen konzentriert sich auf den Tourismus.
 
Geschichte:
 
Das heutige Kärnten war in römischer Zeit Teil der 45 n. Chr. errichteten Provinz Noricum. Es blieb Westrom und seinen Nachfolgern verbunden. Um 590 drangen die slawischen Karantaner in Kärnten ein und besiedelten das Land. Ihr Reich geriet in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts unter die Oberhoheit der Bayernherzöge. Mit der Christianisierung (von Salzburg her) setzte Mitte des 9. Jahrhunderts eine deutsche Besiedlung ein. 976 trennte Kaiser Otto I. Kärnten als eigenständiges Herzogtum von Bayern ab. 1070 erhielt Kärnten in den Eppensteinern und 1122-1279 in den rheinfränkischen Spanheimern erbliche Herzöge. 1286 kam Kärnten an die Grafen von Tirol und 1335 an die Habsburger, unter denen die im 11. Jahrhundert begonnene Lösung der Gebiete außerhalb des Kernlands bis auf die bis 1919 gültigen Grenzen ihren Abschluss fand und die Kärnten zum Bestandteil Innerösterreichs machten. Die verkehrsgünstige Lage Kärntens ließ im Spätmittelalter die Macht der Städte, aber auch die der geistlichen und weltlichen Grundherren so weit erstarken, dass es erst 1747 zur Ausbildung einer landesherrlichen Zentralbehörde kam. Trotz der Türkeneinfälle v. a. im 15. Jahrhundert entwickelte sich der Handel mit Italien und dem Adriagebiet und bildete neben dem Bergbau die Grundlage der wirtschaftlichen Entwicklung. Die Macht der im 16. Jahrhundert protestantisch gewordenen Stände wurde durch die Gegenreformation und den aufgeklärten Absolutismus gebrochen. 1809-14 gehörte der Villacher Kreis zu den französischen Illyrischen Provinzen, danach bildete Kärnten 1816-49 einen Bestandteil des österreichischen Königreichs Illyrien; 1849 bis 1918 war es ein selbstständiges Kronland.
 
Nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie (1918) beanspruchte das neu errichtete »Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen« (das spätere Jugoslawien) das südliche Kärnten. Von Januar bis Mai 1919 kam es zu schweren Kämpfen zwischen Kärntner Freiwilligenverbänden und jugoslawischen Truppen. Der Frieden von Saint-Germain-en-Laye (10. 9. 1919 legte eine Volksabstimmung über die Staatszugehörigkeit des umstrittenen Gebietes fest und teilte es in zwei Zonen. Nachdem sich die Bevölkerung der südlichen Zone mit einem starken Anteil von Slowenen am 10. 10. 1920 mit 59 % für den Verbleib bei Österreich entschieden hatte, unterblieb die Abstimmung in der nördlichen Zone (mit geringem slowenischem Bevölkerungsteil). Ohne Abstimmung kam das Miestal an das spätere Jugoslawien, das Kanaltal an Italien. Die 1945 erneuerten Ansprüche Jugoslawiens wurden 1949 von den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs abgelehnt. 1972 führte der »Ortstafelstreit« zu neuen Spannungen zwischen Österreich und Jugoslawien um die slowenische Minderheit in Kärnten.
 
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die SPÖ die stärkste politische Kraft in Kärnten; sie stellte mit F. Wedenig (1947-65), H. Sima (1965-74), L. Wagner (1974-88) und P. Ambrozy (1988/89) den Landeshauptmann. 1989 übernahm J. Haider (FPÖ) dieses Amt (bis 1991 und ab 1999).
 
Literatur:
 
Monumenta historica ducatus Carinthiae, hg. v. A. von Jaksch u. a., 11 Bde. (Klagenfurt 1896-1972);
 H. Wiessner: Gesch. des Kärntner Bergbaus, 3 Bde. (ebd. 1950-53);
 F. Zopp: Kärntner Bibliogr., auf mehrere Bde. ber. (ebd. 1961 ff.);
 
K.s Volksliedschatz, bearb. v. A. Anderluh u. a., 14 Bde. (ebd. 1964-87);
 H. Prasch: Eine Volkskunde Ober-K.s (Spittal a. d. Drau 1965);
 O. Moser: Das Bauernhaus u. seine landschaftl. u. histor. Entwicklung in K. (Klagenfurt 1974);
 H. Paschinger: K. Eine geograph. Landeskunde, 2 Bde. (ebd. 1976-79);
 H. Paschinger: K. (1985);
 
K., bearb. v. E. Bacher (Wien 21981);
 C. Fräss-Ehrfeld: Gesch. K.s, auf mehrere Bde. ber. (Klagenfurt 1984 ff.);
 W. Neumann: Bausteine zur Gesch. K.s (ebd. 1985);
 
Das slowen. Wort in K. = Slovenska beseda na koroškem, hg. v. R. Vospernik u. a. (Wien 1985);
 G. Piccottini: Archäolog. Atlas K. (Klagenfurt 1989).

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Kạ̈rn|ten; -s: österreichisches Bundesland.

Universal-Lexikon. 2012.