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Muskeln
Muckis (umgangssprachlich)

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Muskeln
 
[lateinisch musculus, eigentlich »Mäuschen«], lateinisch Mụsculi, Organe aus Muskelgewebe mit der Fähigkeit zur Kontraktion, d. h. zur Umwandlung von chemischer in mechanische Energie, die im Dienste der Fortbewegung sowie der Gestaltveränderung und der Bewegung von Körperteilen (Gliedmaßen, Organen) steht. Nach ihrer Form unterscheidet man längliche Muskeln, runde Muskeln und breite, flächenhafte Muskeln. Die Gesamtheit der Muskeln eines Organismus, auch eines einzelnen Organs, bezeichnet man als Muskulatur. Das Plasma der die Muskeln zusammensetzenden Muskelzellen beziehungsweise Muskelfasern heißt Sarkoplasma, ihre Membran Sarkolemm (Myolemm). Im Sarkoplasma liegen als kontraktile Proteinfilamente die Muskelfibrillen (Myofibrillen) und als deren submikroskopische Untereinheiten (Elementarfibrillen) die Actinfäden (Actinfilamente) und Myosinfäden (Myosinfilamente). Bei vielen Tieren, z. B. dem Hausgeflügel, können deutlich rote Muskeln und weiße Muskeln unterschieden werden. Erstere besitzen mehr Myoglobin und Cytochrome; sie kontrahieren sich langsamer als die weißen Muskeln, können dagegen einen bestimmten Spannungsgrad länger aufrechterhalten. Nach der Struktur der einzelnen Muskelzellen beziehungsweise Muskelfasern unterscheidet man glatte Muskeln, quer gestreifte Muskeln (v. a. die Skelettmuskeln) und die Herzmuskulatur.
 
 Glatte Muskulatur
 
Die nicht dem menschlichen Willen unterworfenen glatten Muskeln bestehen aus lang gestreckten, spindelförmigen, räumlich-netzförmig angeordneten, locker gebündelten oder in Schichten gepackt liegenden Muskelzellen, die beim Menschen 15-22 μm lang (bei Lurchen bis 1 mm) und 4,7 μm dick sind und einen stäbchenförmigen Zellkern besitzen. Parallel zur Längsachse verlaufen uneinheitlich angeordnete, dünne, homogen erscheinende, optisch doppelt brechende Muskelfibrillen aus je einem etwa 5 μm dicken Actin- und Myosinfaden, die einander spiralig umwinden. - Glatte Muskeln kommen v. a. im Darm- und Urogenitalsystem, in den Luftwegen, in Blut- und Lymphgefäßen, im Auge und in der Haut (bei Warmblütern), im Hautmuskelschlauch (bei niederen Würmern) sowie (bei Weichtieren) in den Schalenschließmuskeln und den Fußmuskeln vor.
 
 Quer gestreifte Muskulatur
 
Grundelemente der quer gestreiften Muskeln sind die quer gestreiften Muskelfasern, die zylindrisch geformt, mehr- bis vielkernig, etwa 9-100 μm dick und etwa 2-30 cm lang sind (beim Menschen bis etwa 12 cm). Die Kerne in den Fasern sind im Allgemeinen randständig, die Mitochondrien liegen verstreut. Die Muskelfibrillen der Muskelfaser sind gegliedert in gleiche, einander entsprechende, durch optisch dichte Proteingitter (Z-Streifen) abgegrenzte Struktureinheiten, die Sarkomeren als die eigentlichen kontraktilen Einheiten der Faser. Diese sind Bündel aus streng geordneten, unterschiedlich langen, miteinander verzahnten, etwa 10 μm dicken Myosin- und Actinfilamenten. Die dickeren Myosinfilamente (Primärfilamente) setzen in der Mitte des Sarkomers am »M-Streifen« an, die dünneren Actinfilamente (Sekundärfilamente) an den »Z-Streifen«. Wegen der unterschiedlichen optischen Eigenschaften (Doppelbrechung), die die Muskelfibrille (und auch die Muskelfaser) quer gestreift erscheinen lassen, wird der einfach brechende (isotrope) Bereich als I-Bande, der doppelt brechende (anisotrope) Bereich als A-Bande bezeichnet. - Frei endende Skelettmuskelfasern gehen an ihrem Ende in v. a. aus dem Fibrillengitter des Sarkolemms bestehende (elastische) Sehnen beziehungsweise Aponeurosen über.
 
Eine gewisse Anzahl von Muskelfasern (Primärbündel) ist von einer widerstandsfähigen, Retikulumfasern enthaltenden, mit Nerven und Blutgefäßen versorgten Hülle (Perimysium internum; fehlt manchmal) umgeben. Zwischen den Fasern und verbunden mit deren Sarkolemm liegt an Gitterfasern und Blutkapillaren reiches, lockeres Bindegewebe (Endomysium), das an der Oberfläche des Primärbündels in das Perimysium internum übergeht. Gruppen von Primärbündeln (Sekundärbündel) bilden als Einzelmuskel die makroskopisch sichtbaren Fleischfasern, die wiederum von Bindegewebe, dem Perimysium externum (mit Nerven und Blutgefäßen), umschlossen sind: Ihre Oberfläche wird von einer straffen, an den Bewegungen des Muskels nicht beteiligten Muskelfaszie (Muskelscheide) begrenzt; eine solche kann mehrere Einzelmuskeln und größere Muskelgruppen zu höheren Muskeleinheiten (z. B. Muskelfächer) zusammenfassen. Bei längeren Skelettmuskeln nennt man den verdickten, ausgebuchteten Mittelteil Muskelbauch (Venter musculi), sein proximales Ende Muskelkopf (Caput musculi; es gibt auch mehrköpfige Muskeln, z. B. Musculus biceps, Musculus triceps) und sein distales Ende Muskelschwanz (Cauda musculi).
 
 Herzmuskulatur
 
Eine Sonderform des quer gestreiften Muskels stellt die nicht dem Willen unterworfene Herzmuskulatur dar. Ihre Muskelfasern sind dünner und geben in spitzem Winkel Verbindungsfasern zueinander ab, sodass ein Netzwerk entsteht. Die Kerne liegen zentral. Jede Herzmuskelfaser besteht aus hintereinander geschalteten Herzmuskelzellen, die durch stark gefältelte »Glanzstreifen« gegeneinander abgegrenzt sind, die sich (besonders hinsichtlich der elektrischen Membraneigenschaften) erheblich von der äußeren Membran der Faser unterscheiden.
 
 Muskelkontraktion
 
Die schnelle und kraftvolle Kontraktion eines (quer gestreiften) Skelettmuskels kann durch Erregung von Muskelspindeln oder durch Ausschüttung eines Neurotransmitters, des Acetylcholins, in den Endplatten ausgelöst werden. Der Transmitter bewirkt eine lokale Depolarisation der subsynaptischen Muskelfasermembran (Sarkolemm), was dort zu einer Erregung führt, die weitergeleitet wird (Aktionspotenzial), d. h. über die Einstülpungen des Sarkolemms ins Muskelfaserinnere gelangt. Hier bewirkt die Erregung eine Ausschüttung von Calciumionen (Ca2+) aus dem endoplasmatischen (sarkoplasmatischen) Retikulum, was eine Entblockung der Regulatorproteine Troponin, Actinin und Tropomyosin des Actinfilaments zur Folge hat. Dadurch können sich die Kopfteile der Myosinmoleküle des Myosinfilaments an das Actin binden (Querbrückenbildung) und durch Abknicken des Myosinköpfchens die Actinfilamente zur Mitte des Sarkomers ziehen. Falls kein ATP (Adenosin) verfügbar ist, bleibt der Muskel in diesem Starrezustand (z. B. bei der Totenstarre). Mit ATP werden die Actomyosinquerbrücken wieder gelöst, der Vorgang wiederholt sich, solange die Ca2+-Konzentration hoch genug ist. Die Muskelkontraktion wird durch ein Ineinandergleiten von Proteinfilamenten (Gleitfilamentmechanismus) hervorgerufen.
 
Die Kontraktion der glatten Muskulatur verläuft in ähnlicher Weise, jedoch über untergeordnet liegende Fibrillen; sie ist besonders Energie sparend, erfolgt im Allgemeinen relativ langsam und hält oft sehr lange an.
 
Die Stoffwechselenergie für die Muskelarbeit wird durch glykolytischen Abbau von Kohlenhydraten unter Mitwirkung von Sauerstoff (über das Myoglobin) bereitgestellt. Bei hoher Beanspruchung herrschen infolge unzureichender Sauerstoffzufuhr anaerobe Bedingungen, wobei Milchsäure produziert wird (Glykolyse). Die dadurch eintretende Übersäuerung des Gewebes ist an der Entstehung von Muskelkater beteiligt. Durch Training kann die Blutversorgung der Muskeln verbessert werden. Nach dem Ergebnis der Muskelkontraktion unterscheidet man u. a. Streckmuskeln (Extensoren), Beugemuskeln (Flexoren), Abspreizer (Abduktoren), Anzieher (Adduktoren), Hebemuskeln (Levatoren), Senker (Depressoren), Einwärtsdreher (Pronatoren), Auswärtsdreher (Supinatoren), Erweiterungsmuskeln (Dilatatoren), Schließmuskeln (Konstriktoren).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Gewebe des Körpers: Muskelgewebe und Nervengewebe
 
Muskeln: Aufbau und Kontraktion
 
Muskeln: Kontraktion und Erkrankungen
 

Universal-Lexikon. 2012.