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Ket|zer ['kɛts̮ɐ], der; -s, -, Ket|ze|rin ['kɛts̮ərɪn], die; -, -nen:Person, die in bestimmten Angelegenheiten öffentlich eine andere Meinung vertritt als die für allgemeingültig erklärte:
Hus wurde als Ketzer verbrannt, Jeanne d'Arc als Ketzerin.
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Kẹt|zer 〈m. 3〉
1. 〈kath. Kirche〉 = Häretiker
2. 〈allg.〉 jmd., der offen von der herrschenden Meinung abweicht
[<mhd. ketzer, kether <mlat. cathari, Name einer neumanichäischen Sekte, eigtl. „die Reinen“; zu grch. katharos „rein“]
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die Inquisition ließ Tausende von -n verbrennen.
2. jmd., der öffentlich eine andere als die in bestimmten Angelegenheiten für gültig erklärte Meinung vertritt:
die Partei ging scharf gegen die K. vor.
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I Ketzer
Die Kirche im Mittelalter bezeichnete alle diejenigen ihrer Mitglieder, die von den als bindend formulierten Glaubenswahrheiten abwichen und eigene Lehren aufstellten, als Ketzer (Häretiker). Auf die Gefährdung durch Ketzerei reagierte die Kirche bereits seit den ältesten Zeiten mit den höchsten Kirchenstrafen (Exkommunikation). Seit den Ketzergesetzen (1220-39) Kaiser Friedrichs II. wurde die Ketzerei auch als weltliches Verbrechen mit Feuertod und Reichsacht bedroht. Nachdem das 4. Laterankonzil (1215) und das Konzil von Toulouse (1229) sich ausführlich mit dem Vorgehen gegen Ketzer befasst hatten, ordnete Papst Gregor IX. im Jahre 1231 die systematische Aufspürung und Aburteilung von Ketzern im Rahmen eines hierzu neu geschaffenen, unmittelbar der päpstlichen Aufsicht unterstehenden Rechtsverfahrens, der Inquisition, an.
Bereits im 13. Jahrhundert hatte die Kirche im Kampf gegen Ketzer und ihre Begünstiger zu förmlichen Kreuzzügen aufgerufen (z. B. in den Albingenserkriegen). Auf Reichsboden waren es im Spätmittelalter vor allem die böhmischen Hussiten (siehe auch Hus), die elementare Lehrsätze der Kirche infrage stellten, die sich aber - trotz des gegen sie gepredigten Kreuzzuges - militärisch gegenüber Kirche und Reichsaufgeboten behaupten konnten.
Ketzer
[mittelhochdeutsch kether, von mittellateinisch catharus, Katharer], im Spätmittelalter entstandene Bezeichnung für die Anhänger einer von der kirchlichen Lehre abweichenden Lehre (Häresie). Schon in der frühen Kirche wurden Häretiker (etwa seit der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts) von Synoden verhört und abgeurteilt. Zu einer breiten Ketzerbewegung kam es jedoch v. a. im Mittelalter mit der Entstehung einer religiösen Laienbewegung, zu der neben den Waldensern auch die (ebenfalls der Ketzerei verdächtigten) Beginen gehörten. Ihre Aufrufe zur Buße und Reinigung der Seelen gipfelten in dem Leitgedanken der »Vita apostolica« (dem Ideal des apostolischen Lebens) als Vorbild und Norm wahrhaft christlichen Lebens, dessen Grundsätze sie in Predigten unter der Bevölkerung verbreiteten. Darüber hinaus forderten radikale Anhänger vom Klerus Verzicht auf irdische Güter und weltliche Macht; auch Kleriker sollten »Pauperes Christi« (»Arme Christi«) sein, als die sich die Ketzer unter Hinweis auf das Vorbild Jesu verstanden. Innerhalb der Ketzerbewegung gingen die Meinungen v. a. in der Frage auseinander, ob schon die Entscheidung für die »Vita apostolica« zur Predigt - dem damaligen Medium schlechthin - ermächtige oder ob das kirchliche Amt, die Ordination, notwendige Voraussetzung dafür sei. Dem Papst und den Bischöfen galten unbefugte Predigt (Laienpredigt) und Widerspruch gegen die Sakramentenlehre durchgängig als Anzeichen für Ketzerei. Nachdem die Kurie bis ins 12. Jahrhundert zur Frage der Ketzerei nicht grundsätzlich Stellung genommen hatte, erfolgte erst durch Papst Lucius III. am 4. 11. 1184 im Einvernehmen mit Kaiser Friedrich I. ein allgemeines Edikt, in dem die Durchführung regelmäßiger Inquisitionen durch die Bischöfe angeordnet wurde. Seit dem 13. Jahrhundert wurde die Verfolgung der Ketzer zunehmend verschärft, wobei das Vorgehen der unter Papst Gregor IX. zur päpstlichen Behörde erhobenen Inquisition gegen Ketzer weitgehend auch auf die Verfolgung der Hexen übertragen wurde.
H. Grundmann: K.-Gesch. des MA. (31978);
M. D. Lambert: Ketzerei im MA. Eine Gesch. von Gewalt u. Scheitern (a. d. Engl., Neuausg. 1991);
H.-G. Beck: Vom Umgang mit K. Der Glaube der kleinen Leute u. die Macht der Theologen (1993);
Die K., hg. v. A. Holl (1994);
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Kẹt|zer, der; -s, - [mhd. ketzer, kether < mlat. catharus, ↑Katharer]: 1. (kath. Kirche) ↑Häretiker (1): K. verfolgen; die Inquisition ließ Tausende von -n verbrennen; der Papst ist selbst den -n heilig (Hochhuth, Stellvertreter 204). 2. jmd., der öffentlich eine andere als die in bestimmten Angelegenheiten für gültig erklärte Meinung vertritt: Nur einmal traf ich einen K. „Es wäre gut“, meinte er, „wenn Moskau über der Erde nur ein Zehntel so schön wäre wie unter der Erde.“ (Leonhard, Revolution 12); die Partei ging scharf gegen die K. vor.
Universal-Lexikon. 2012.