Akademik

Toulouse
Toulouse
 
[tu'luːz], Stadt in Südfrankreich, Hauptstadt der Region Midi-Pyrénées und Verwaltungssitz des Départements Haute-Garonne, 146 m über dem Meeresspiegel, an der Garonne und am Canal du Midi, in der fruchtbaren Senke zwischen Pyrenäen und Zentralmassiv, 359 000 Einwohner (Agglomeration 650 000 Einwohner); Erzbischofssitz; Universität (gegründet 1229), polytechnische Hochschule, Institut Catholique (gegründet 1877); Raumforschungszentrum Lespinet mit Hochschule für Aeronautik sowie ziviler Fliegerschule; Veterinärhochschule, mehrere Ingenieurschulen u. a. Fachschulen; medizinische Forschungsinstitute, Forschungseinrichtungen für Elektrooptik u. a.; Observatorium; Kunst-, archäologisches und Volkskundemuseum, Museum für asiatische Kunst; Theater; Rundfunkstation; Académie des Jeux Floraux (Dichterakademie). Toulouse besitzt eine Börse und veranstaltet Messen; bedeutender Umschlagplatz für Agrarerzeugnisse. Entscheidende wirtschaftliche Impulse erhielt Toulouse durch die Verlagerung der französischen Rüstungs- und Luftfahrtindustrie nach dem Ersten Weltkrieg sowie der Raumfahrtindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg hierher; verbunden damit ist eine bedeutende Zulieferindustrie, besonders der Elektronik; zweitwichtigster Wirtschaftszweig ist die chemische Industrie, für die teilweise Erdgas aus Lacq die Rohstoffbasis bildet; es folgen die traditionellen Branchen der Textil-, Leder-, Möbel- und Metall verarbeitenden Industrie. Der Canal du Midi hat nur noch touristische Bedeutung; Flughafen Blagnac. — In der Altstadt liegt das 1750-60 errichtete Capitol, ehemaliger Sitz des Magistrats, heute Hôtel de Ville und Theater. Die gotische Kirche Notre-Dame-du-Taur wurde im 14. Jahrhundert mit einem für Südfrankreich typischen Glockenturm erbaut. Die romanische Basilika Saint-Sernin (Ende 11.-13. Jahrhundert, im 19. Jahrhundert von E.-E. Viollet-le-Duc restauriert) ist eine monumentale Wallfahrtskirche an der Pilgerstraße nach Santiago de Compostela (hervorragender Bauschmuck, v. a. Porte Miégeville, Anfang 12. Jahrhundert). Zum ehemaligen Jakobinerkloster gehört die gotische Église des Jacobins (13./14. Jahrhundert), in der Kapelle Saint-Antonin Fresken des 14. Jahrhunderts. Die Kathedrale Saint-Étienne (11.-17. Jahrhundert) besitzt ein bedeutendes gotisches Langhaus (frühes 13. Jahrhundert), Glasfenster des 14.-16. Jahrhunderts und Wandteppiche des 16.-18. Jahrhunderts. Im ehemaligen Augustinerkloster das Musée des Augustins mit romanischer Bauplastik (um 1140). Nahe der Garonne die barocke Kirche Notre-Dame-la-Daurade (18. Jahrhundert). Mehrere Paläste aus Renaissance und Barock (heute zum Teil Museen). - 3 km südlich liegt die 1964-77 von G. Candilis für 100 000 Einwohner gebaute Satellitenstadt Toulouse-Le Mirail. — Toulouse, das gallorömische Tolosa, Vorort der keltischen Volcae Tectosages (Volken), war seit dem 3. Jahrhundert Bischofssitz (seit 1317 Erzbischofssitz); 418 wurde es Hauptstadt des Tolosanischen Reiches der Westgoten, 507 fränkisch. Die Grafschaft Toulouse war ein wichtiger Teil des seit 781 bestehenden karolingischen Unterkönigtums Aquitanien. Den Kampf um die aquitanische Herzogswürde verloren die Grafen von Toulouse im 10. Jahrhundert gegen die Grafen von Poitou, stiegen aber dennoch zu mächtigen Herren in Südfrankreich auf, deren Gebiet sich zwischen Garonne und Rhône mit den Schwerpunkten Toulouse und Avignon erstreckte. In der Mitte des 12. Jahrhunderts wurde Toulouse zu einem der Zentren der Albigenserbewegung und wurde (1209-18) durch ein Kreuzfahrerheer unter S. de Montfort und (1226) durch königliche Truppen erobert. 1271 fiel die Grafschaft Toulouse an die französische Krone, behielt aber bis 1779 Sonderrechte.
 
Literatur:
 
T. le Mirail. Geburt einer neuen Stadt, hg. v. G. Candilis (1975, dt., engl., frz.);
 F. Taillefer: Atlas et géographie du Midi toulousain (Paris 1978).
 

Universal-Lexikon. 2012.