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Spi|ri|tu|a|li|tät, die; -, -en <Pl. selten> [mlat. spiritualitas] (bildungsspr.):
Geistigkeit; inneres Leben, geistiges Wesen.
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Spiritualität,
heute weitgehend gleichbedeutend mit Frömmigkeit; bezeichnet jedoch weniger die subjektive Haltung der Religiosität, sondern eine vom Glauben getragene und grundsätzlich die gesamte menschliche Existenz unter den konkreten Lebensbedingungen prägende »geistige« Orientierung und Lebensform. Dieser unspezifischen Definition entsprechen die zahlreichen, sehr unterschiedlichen Formen von Spiritualität: abendländisch-christliche, jüdische, fernöstliche, indische, afrikanische, mystische, orthodoxe, ökumenische, liturgische, monastische Spiritualität. Dabei berufen sich die einzelnen religiösen oder weltanschaulichen Bewegungen auf eine jeweils unterschiedlich geartete Spiritualität, so z. B. die charismatischen Bewegungen, verschiedene neue Religionen, die Esoterik, die New-Age-Bewegung und psychologisch orientierte Richtungen. Betont wird v. a. die Bedeutung der Spiritualität als Alternative oder Korrektiv zur vorherrschenden materialistisch-mechanistischen Weltsicht.
Die aus dem Christentum stammende mittelalterliche Wortbildung »spiritualitas« meint ursprünglich Geistigkeit, das innere geistige Wesen, im Gegensatz zur Materialität, und zielt damit auf das christliche Leben im eigentlichen, geistlichen (griechisch »pneumatikos«, lateinisch »spiritualis«) Sinne, das als Leben aus und in dem Geist Gottes (Röm. 8, 15; Johannesbrief 3, 8) verstanden wird. Diese Lebensform versuchte die Armutsbewegung der Bettelorden (Spiritualen) zu konkretisieren; sie erhielt in der Scholastik eine begrifflich-theologische Ausformung und gewann in der Mystik als eine von theologisch-dogmatischen Vorgaben unabhängige, unmittelbare Hinwendung des Menschen zu Gott prägende Züge. Schließlich mit der Amtsbezeichnung der Priester (die »Geistlichen«, »Geistlichkeit«) verknüpft und im kirchenrechtlichen Sinn (Spiritualia) verwendet, gab der Begriff Spiritualität wichtige Anstöße zur Reform einer verweltlichten Kirche (Spiritualismus). Unter dem Einfluss der Aufklärung wich die Bedeutung von Spiritualität einem rationalen Reflexionsbewusstsein. Im 19. Jahrhundert erlebte die katholische Spiritualität mit der Heiligen- und Marienverehrung einen neuen Aufschwung. In der evangelischen Kirche entwickelte sich mit dem aufkommenden Pietismus und den Splittergruppen und Freikirchen eine v. a. von Bibelfrömmigkeit (Biblizismus) bestimmte Spiritualität.
J. Sudbrack: Probleme, Prognosen einer kommenden S. (1969);
Gelebte S., hg. v. F. Kamphaus (1979);
Ev. S. Überlegungen u. Anstöße zur Neuorientierung (21980);
A. Rotzetter: Beseeltes Leben. Briefe zur S. (1986);
Gesch. der christl. S., hg. v. B. McGinn u. a., 3 Bde. (a. d. Amerikan., 1993-97);
B. Winkelmann: »Damit neu werde die Gestalt dieser Erde«. Polit. S. im Umbruch unserer Zeit. Eine zeitgeschichtliche biblisch-theolog. Studie (1997);
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Spi|ri|tu|a|li|tät, die; - [mlat. spiritualitas] (bildungsspr.): Geistigkeit; inneres Leben, geistiges Wesen: Jeder dritte Deutsche gehört keiner der beiden großen Kirchen mehr an, sucht aber dennoch nach S. und feierlichen Ritualen (Woche 17. 1. 97, 26).
Universal-Lexikon. 2012.