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Beschleuniger
Beförderer; Kat (umgangssprachlich); Katalysator

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Be|schleu|ni|ger 〈m. 3〉 = Teilchenbeschleuniger

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Be|schleu|ni|ger, der; -s, -:
1. (Kernphysik) Teilchenbeschleuniger.
2. (Chemie) Katalysator, der den Verlauf einer chemischen Reaktion beschleunigt.

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Beschleuniger,
 
1) Baustofftechnik: chemische Zusatzmittel, die das Erstarren und/oder Erhärten von Beton und Mörtel zeitlich verkürzen (Betonhärtungsmittel).
 
 2) Chemie: Stoffe, die den Ablauf chemischer Reaktionen sowie technischer Prozesse verkürzen oder spezifisch verändern; auch allgemeine Bezeichnung für Aktivatoren, Initiatoren und Promotoren. (Katalysator)
 
 3) Fotografie: gewöhnlich alkalischer Bestandteil des Entwicklers.
 
 4) Physik: Teilchenbeschleuniger, Sammelbezeichnung für verschiedenartige Geräte und Anlagen zur Beschleunigung elektrisch geladener Teilchen (v. a. Elektronen, Protonen und ihre Antiteilchen sowie Atomkerne und Ionen) auf Energien, die mindestens 1 MeV, heute im Allgemeinen sehr viel mehr (zurzeit bis zu 1 000 GeV) betragen, sodass sie in Targets beziehungsweise bei Gegeneinanderführung in Speicherringen oder zusätzlichen Kollisionsringen (Collider) Kern- und Elementarteilchenreaktionen auslösen oder Brems- sowie Synchrotronstrahlung, zum Teil auch bestimmte Elementarteilchenstrahlen erzeugen können; die Beschleunigung erfolgt in ihnen grundsätzlich (eine Ausnahme bildet das Betatron) durch elektrische Felder, die auf die Ladungen der Teilchen wirken.
 
Beschleuniger werden entweder als Linearbeschleuniger gebaut, bei denen die eingeschossenen Teilchen in einem langen, auf Hochvakuum evakuierten Rohr eine Reihe von geradlinig hintereinander angeordneten Hochspannungsstrecken (z. B. beim Van-de-Graaff-Beschleuniger; Bandgenerator) oder Hochfrequenz-Beschleunigungsstrecken durchlaufen, oder als Kreis-, Ringbeschleuniger oder Zirkularbeschleuniger, bei denen magnetische Führungs- und Fokussierungsfelder die Teilchen meist auf mehr oder weniger kreisförmigen Bahnen halten, die sie in entsprechend gekrümmten, hochevakuierten Röhren (zum Teil mit geraden Strecken) durchlaufen, wobei sie stets an den gleichen Stellen von zeitlich veränderlichen elektrischen Feldern immer wieder beschleunigt werden. Die wichtigsten Kreisbeschleuniger für Elektronen sind das Betatron, das Mikrotron und das Elektronensynchrotron (Synchrotron), für Protonen und schwerere Atomkerne beziehungsweise Ionen das Zyklotron (hier durchlaufen die Teilchen Spiralbahnen), das Synchrozyklotron und das Protonensynchrotron. Besonders die Kreisbeschleuniger für sehr hohe Teilchenenergien verwenden separate Magnete zur Führung der Teilchen auf ihrer Bahn durch magnetische Dipolfelder sowie zur Fokussierung durch magnetische Quadrupolfelder. Letztere sind abwechselnd horizontal und vertikal fokussierend (daher auch AG-Beschleuniger, Abkürzung für englisch alternating gradient, »alternierender Feldgradient«). Dies führt zu einer besonders engen Bündelung der Teilchen und damit zu geringen Querschnitten der benötigten Vakuumkammern. - Das Einbringen der Teilchen in die Beschleuniger erfolgt mithilfe eines Injektors. Elektronenstrahlen werden in einer Elektronenkanone erzeugt, in der Elektronen aus einer Glühkathode elektronenoptisch zu einem Strahl gebündelt und einem Beschleuniger zugeführt werden. Ionen erzeugt man meist in Gasentladungen (Ionenquellen) und bündelt sie ebenfalls mit korpuskularoptischen Mitteln. Bei großen Beschleunigern dient ein Vorbeschleuniger (meist ein Linearbeschleuniger) zum Einschuss der Teilchen; bei sehr großen Anlagen bedarf es einer Reihe von Vorbeschleunigern mit zunehmender Energie.
 
Teilchen- Beschleuniger sind v. a. in der Kern- und Hochenergiephysik das wichtigste Hilfsmittel beim Studium der Wechselwirkungen und der Struktur der Atomkerne und Elementarteilchen. Der Einsatz von besonders dafür konzipierten Schwerionenbeschleunigern lieferte im Rahmen der Schwerionenforschung in den letzten Jahren wichtige neue Erkenntnisse v. a. über die Kernmaterie und ermöglichte u. a. die Synthese neuer Elemente. In der Hochenergiephysik werden größere Beschleuniger erforderlich, um mit den von ihnen hochbeschleunigten Teilchen als Sonden in immer kleinere Dimensionen der Materie vordringen zu können, da nach der heisenbergschen Unschärferelation die Erkennung kleinerer Strukturen nur über höhere Teilchenenergien möglich ist. Außerdem haben einige der instabilen Elementarteilchen sehr große Massen, z. B. die schwachen Vektorbosonen W± und Z0 Massen von 81 beziehungsweise 91 GeV, das t-Quark von etwa 175 GeV (wobei 1 GeV = 1,07 atomare Masseneinheiten). Um diese Teilchen erzeugen und untersuchen zu können, bedarf es einer entsprechend hohen Energie des Beschleunigers im Schwerpunktsystem; nur diese steht zur Erzeugung neuer Prozesse und Teilchen zur Verfügung. Aus diesem Grund werden heute Speicherringanlagen gebaut, in denen zwei Teilchenströme gegeneinander laufen und im Allgemeinen an mehreren Stellen kollidieren. Sie ermöglichen wesentlich höhere Schwerpunktsenergien als die von Beschleunigeranlagen, deren Teilchenströme auf ruhende Targets treffen. Es wurden Anlagen für die Kollision von Elektronen mit Positronen, Elektronen und Positronen mit Protonen, Protonen mit Protonen und Protonen mit Antiprotonen gebaut; diese ergänzen sich gegenseitig in ihrem Forschungspotenzial. - Beschleuniger werden außerdem zur Herstellung von bestimmten Radionukliden und in zunehmenden Maße für festkörperphysikalische Untersuchungen eingesetzt. Einige Typen, wie z. B. Betatrons, neuerdings wegen ihrer Synchrotronstrahlung auch Elektronensynchrotrons (BESSY) und solche, die zur Erzeugung rasch zerfallender Teilchen (v. a. Pionen) konzipiert sind, werden in der Medizin zur Strahlentherapie sowie in der Technik zur zerstörungsfreien Werkstoffprüfung verwendet. So sind heute zahlreiche Elektronenbeschleuniger in Krankenhäusern im Einsatz. Besondere Bedeutung haben v. a. Elektronenspeicherringe als Quellen von Synchrotronstrahlung erlangt, die zur Erforschung vieler Probleme in Physik, Geophysik, Chemie, Biologie, in den Materialwissenschaften sowie in der medizinischen Diagnostik eingesetzt wird.
 
Die wichtigsten großen Beschleuniger- und Speicherringanlagen für die Elementarteilchenphysik befinden sich in Westeuropa am CERN in Meyrin bei Genf und am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg-Bahrenfeld, in Russland in Protwino bei Serpuchow am Institut für Hochenergiephysik sowie in Nowosibirsk am Institut für Kernphysik, in Japan am Nationalen Laboratorium für Hochenergiephysik in Tsukuba und in den USA am Fermi National Accelerator Laboratory (FNAL) in Batavia (Illinois), am Brookhaven National Laboratory (BNL) in Brookhaven (N. Y.), an der Cornell University in Ithaca (N. Y.) sowie am Stanford Linear Accelerator Center (SLAC) in Stanford (Calif.).
 
Literatur:
 
H. Wiedemann: Particle accelerator physics, 2 Bde. (Berlin 1993-95).
 K. Wille: Physik der Teilchenbeschleuniger u. Synchrotronstrahlungsquellen (21996);
 F. Hinterberger: Physik der Teilchenbeschleuniger und Ionenoptik (1997).

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Be|schleu|ni|ger, der; -s, -: 1. (Kerntechnik) Teilchenbeschleuniger: Der für die Grundlagenforschung der Kernphysik mit einem Durchmesser von 500 Metern bestens geeignete B. liefert einen „Strahl“, der an Qualität in Europa konkurrenzlos ist (MM 24. 9. 71, 39). 2. (Chemie) Katalysator, der den Verlauf einer chemischen Reaktion beschleunigt.

Universal-Lexikon. 2012.