Berlioz
[bɛr'ljoːz], Louis Hector, französischer Komponist, * La Côte-Saint-André (Département Isère) 11. 12. 1803, ✝ Paris 8. 3. 1869; Studium bei J.-F. Le Sueur und A. Reicha; war in Paris Mittelpunkt eines romantischen Kreises (V. Hugo, A. Dumas, H. de Balzac, E. Delacroix u. a.). Frühzeitig in seiner Bedeutung von N. Paganini und F. Liszt erkannt, konnte Berlioz seine wirtschaftliche Lage doch nur notdürftig durch schriftstellerische Arbeiten (Musikfeuilletons in verschiedenen Zeitungen) und eine Anstellung am Pariser Conservatoire (seit 1839 Konservator, seit 1850 Bibliothekar) sichern. Ausgedehnte Reisen nach Deutschland, Österreich, Russland und England (1842-67) brachten seinen Werken nicht nur Anerkennung, sondern auch lebhaften Widerspruch. 1856 wurde Berlioz Mitglied des Institut de France.
Ausgehend von C. W. Gluck und C. M. von Weber, besonders aber von der Sinfonik L. van Beethovens, war die größte Neuerung in Berlioz' Musik die bewusste Ausnutzung der Klangfarben der Orchesterinstrumente, sowohl in der Überdimensionierung der eingesetzten Mittel als auch in der Verfeinerung der Klangfarbenmischung. Grundlegend für die Instrumentierung blieb bis heute seine Instrumentationslehre von 1844. Anfänge einer Programmmusik, wie sie später von Liszt zum künstlerischen Prinzip erhoben wurde, sind bereits in seiner »Symphonie fantastique« zu erkennen. Das dem Werk beigefügte ausführliche Programm sollte, wie auch die programmatischen Überschriften zu den Sätzen späterer Werke, jedoch keine genaue Beschreibung der Musik wiedergeben, sondern lediglich das Verständnis seiner »dramatischen Sinfonien« erleichtern. Ein als Idée fixe bezeichnetes Erinnerungsmotiv (Leitmotiv) wurde hier erstmals von der Oper auf die Instrumentalmusik übertragen. - 1991 wurde die verloren geglaubte, von Berlioz um 1824 komponierte »Messe solennelle« für Chor, Soli und Orchester von dem belgischen Organisten Frans Moors in der Antwerpener Karl-Borromäus-Kirche wieder entdeckt.
Werke: Opern: Benvenuto Cellini (1838); Béatrice et Bénédict (1862); Les Troyens (1855-58, 2 Teile: La prise de Troie, 1899, und Les Troyens à Carthage, 1863).
Kantaten: Huit scènes de Faust (1829); La damnation de Faust (1846); L'enfance du Christ (1854).
Orchesterwerke: Symphonie fantastique, épisode de la vie d'un artiste (1830); Harold en Italie (1834; Sinfonie mit konzertierender Viola); Roméo et Juliette (1839; dramatische Sinfonie mit Soli und Chören); Symphonie funèbre et triomphale (1840); Le carnaval romain (1844, Ouvertüre über Themen aus »Benvenuto Cellini«).
Geistliche Werke: Grande messe des morts (1837); Te Deum (1855).
Schriften: Traité d'instrumentation et d'orchestration moderne (1844; deutsch u. a. als Instrumentationslehre, bearbeitet von R. Strauss, 2 Teile 1905, Neuausgabe 1955); Voyage musical en Allemagne et en Italie (1844); Mémoires (1870; deutsch Memoiren mit der Beschreibung seiner Reisen in Italien, Deutschland, Rußland und England, herausgegeben von E. Ellès und E. Klemm, 2 Bände 1967, Neuausgabe 1979); Correspondence de Berlioz, herausgegeben von J. Tiersot, 3 Teile (1904-30).
Ausgaben: New edition of the complete works, herausgegeben von Berlioz Centenary Committee London (1967 folgende); Œuvres littéraires, 3 Bände (1968-71).
W. Dömling: H. B. Die symphonisch-dramat. Werke (1979);
C. Hopkinson: A bibliography of the musical and literary works of H. B. 1803-1869 (Tunbridge Wells 21980);
W. Mönch: H. B. (1985);
W. Dömling: H. B. Symphonie fantastique (21988);
W. Dömling: H. B. (20.-22. Tsd. 1993);
D. Cairns: B., 2 Bde. (London 2000);
Universal-Lexikon. 2012.