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Geister
Geister,
 
selbstständige numinose Wesen im Glauben vieler Religionen, den Zwischenbereich zwischen Göttern und Menschen bildend (Dämonen, Engel). Sie werden als immateriell vorgestellt, können jedoch als Hauchwesen, in menschlicher oder tierischer Gestalt, als Fabelwesen (z. B. Riese, Zwerg, Nixe) oder als Gegenstand sichtbar werden. Die Macht der Geister ist auf einen speziellen Bereich beschränkt, sie »besitzen« einen bestimmten Ort, bewohnen z. B. ein Gebäude (Hausgeister), Gewässer (z. B. Nixen, Quellnymphen), Moore, Berge, Wälder, oder können Elemente (Feuergeister, Wassergeister, Erdgeister, Windgeister) oder Naturerscheinungen (Wolkengeister) repräsentieren. Daneben gibt es Toten- oder Ahnengeister. Sie gelten als der Teil des Menschen, der den Tod überdauern, mit den Hinterbliebenen in Verbindung stehen und Einfluss auf deren Wohlergehen oder Unglück nehmen kann; die rituelle Ahnenverehrung spielt daher im Glauben vieler Völker eine Rolle.
 
Geister erscheinen meist in einsamen, schwer zugänglichen Gebieten (z. B. Rübezahl im Bergland, Trolle im Bergesinnern, die arabischen Djinn in der Wüste). Alles, was der Mensch um und in sich bemerkt, kann dabei in seinem Glauben zu Geistern werden (z. B. bizarre Steine, Traumvisionen, Angstgefühle). Geister können als Spukgestalten, Schreckgespenster, Plagegeister (u. a. Vampir) in Erscheinung treten. Der Mensch glaubt sich von den Geistern abhängig und sucht ihre positive Kraft (als Hilfs- oder Schutzgeister) durch rituelle Verehrung oder dem Ort des Geistes angemessenes Verhalten zu gewinnen oder ihrem bösen Einfluss (z. B. als Verursacher von Wahnsinn, Krankheiten, Krieg, Verlust von Haus, Hof, Familie) durch Abwehrriten (Geisteraustreibung, Exorzismus) zu entgehen.
 
Gute und böse Geister, himmlische Geister (des Regens, der Winde u. a.) sowie irdische Geister (von Bergen, Flüssen, den Erdgeist) kannten die Chinesen. Zahlreiche Geister kennen die Inder, z. B. Gandharven, Apsaras. Die Babylonier benutzten zur Abwehr böser Geister feste Beschwörungstexte. Bei den Persern sind die Fravaschis sowohl Geister der Verstorbenen als auch himmlische Schutzgeister des Menschen, die Amescha spentas spielten als heilbringende Geister und Aspekte Ahura Masdas eine Rolle. Die griechische Mythologie kennt eine Vielzahl von Naturgeistern (Nymphen). Die Gespenster des altitalischen Volksglaubens waren Schaden stiftende Totengeister (Lemuren), zu deren Abwehr Zeremonien (Fest der Lemurai) begangen wurden. Der Segen spendenden Totengeister (Manen) wurde an den »Parentalia« gedacht. Auch die Germanen kannten feindliche und freundliche Geister (z. B. Elfen). Bei den slawischen Völkern findet sich die Vorstellung des Hausgeistes (Domowoi), der, in der Nähe des Ofens, auf der Schwelle oder an der Türöffnung angesiedelt, Haus und Bewohner schützen soll. Der europäische Volksglaube kennt zahlreiche (Schutz-)Geister von heiligen Orten (z. B. von Nîmes, Besançon), Tieren und Naturerscheinungen. Im deutschen Volksglauben finden sich helfende, dem Menschen dienstbare und gespensterartige unheimliche Geister (Gespenst).
 
In der Religionswissenschaft wird der Geisterglaube unter den Begriffen Dämonismus und Animismus als eine primitive Stufe religiöser Verehrung angesehen, die dem Aufkommen einer (personalen) Gottesverehrung in der Entwicklung eines Volkes vorausgeht. Jedoch leben auch dann Geister im Volksglauben (auch in Fabeln und Märchen) häufig fort.

Universal-Lexikon. 2012.