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Schornstein
Abgaskanal; Rauchfang (österr.); Abzugsrohr; Esse; Abzug; Schlot; Rauchfang; Kamin

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Schorn|stein ['ʃɔrnʃtai̮n], der; -[e]s, -e:
über das Dach hinausragender oder auch frei stehend senkrecht hochgeführter Abzugsschacht für die Rauchgase einer Feuerungsanlage:
die Schornsteine einer Fabrik, eines Schiffes ragen in die Luft, rauchen; der Schornstein zieht nicht richtig; der Schornstein wurde gereinigt, gefegt.
Syn.: Schlot.
Zus.: Fabrikschornstein, Schiffsschornstein, Zechenschornstein.

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Schọrn|stein 〈m. 1bis über das Dach geführter Kanal zum Abzug für die Rauchgase der Feuerstätten; Sy Esse (1), Kamin (1), Schlot (1) ● der \Schornstein qualmt, raucht; die \Schornsteine rauchen wieder 〈fig.〉 es wird wieder gearbeitet; eine Schuld in den \Schornstein schreiben 〈fig.; umg.〉 die Hoffnung aufgeben, dass sie beglichen wird, sie verlorengeben (d. h. in den offenen Rauchfang, wo die Schrift bald wieder vom Ruß verdeckt wird); er raucht, qualmt wie ein \Schornstein 〈fig.; umg.〉 sehr viel; er hat sein Erbteil, Geld, Vermögen zum \Schornstein hinausgejagt 〈fig.; umg.〉 vergeudet [<spätahd. schor(en)stein <mndrl. scorsteen; zu mnddt. schore, engl. shore „Stütze, Strebe“; bezeichnete urspr. den vorspringenden Mauerteil, der den Rauchfang über dem Herd trug]

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Schọrn|stein , der; -[e]s, -e [mhd. schor(n)stein, spätahd. scor(en)stein, urspr. wohl aus der Mauer vorspringender Stein, der den Rauchfang über dem Herd trägt; 1. Bestandteil mniederd. schore = Stütze, zu mhd. schorren, ahd. scorrēn = herausragen, verw. mit 1scheren]:
über das Dach hinausragender od. auch frei stehend senkrecht hochgeführter Abzugsschacht für die Rauchgase einer Feuerungsanlage:
die -e einer Fabrik ragen in die Luft, rauchen;
der S. zieht nicht richtig;
der S. wurde gereinigt, gefegt;
der S. raucht (ugs.; das Geschäft geht gut; es kommt Geld herein, wird Geld verdient);
etw. durch den S. jagen (ugs.: 1. etw. ↑ emittieren: 2 fossile Brennstoffe durch den S. jagen. 2. etw. verschwenden, verschleudern: Geld, Millionen durch den S. jagen);
etw. in den S. schreiben (ugs.; etw., bes. Geld, als verloren betrachten; was im Schornstein angeschrieben ist, wird durch den Ruß bald unleserlich: die hundert Euro, die du ihm geliehen hast, kannst du in den S. schreiben).

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Schornstein,
 
Esse, Schlot, Kamin, Rauchfang, senkrechter Schacht zum Abführen der Verbrennungsgase einer Feuerstätte ins Freie und zum Ansaugen sauerstoffreicher Luft durch den Feuerungsrost. Die Gase sind infolge ihrer höheren Temperatur spezifisch leichter als die kältere Luft der Umgebung und steigen deshalb im Schornstein auf. Durch den entstehenden Unterdruck strömt die schwerere Frischluft zur Feuerstelle nach. Die Intensität dieser Frischluftzufuhr, d. h. der Schornsteinzug, ist demnach vom Dichteunterschied zwischen Rauch- oder Abgassäule im Schornstein und gleich hoher Luftsäule im Freien abhängig. Größere Temperaturunterschiede verursachen eine bessere Zugwirkung des Schornsteins. Die Verbrennungsgase sollen sich deshalb im Schornstein möglichst wenig abkühlen, außerdem muss ihr ungehinderter Abzug an der Mündung gewährleistet sein. Schornsteine für Rauchgase von festen und flüssigen Brennstoffen werden Rauchschornsteine, solche für Abgase von gasförmigen Brennstoffen Abgasschornsteine genannt.
 
Beim Konzipieren von Rauchschornsteinen in Gebäuden muss eine Reihe bautechnischer Regeln und rechtliche Vorschriften eingehalten werden. Der Schornstein soll möglichst im Innern des Gebäudes liegen, um gegen stärkere Abkühlung geschützt zu sein. Mehrere Einzelschornsteine werden besser zu Schornsteingruppen (ein Schornstein mit mehreren Zügen) zusammengefasst. Die Mündung des Schornsteins (Schornsteinkopf) soll sich mindestens 4,5 m über dem Rost oder Brenner der Feuerstelle befinden, um eine ausreichende Zugwirkung zu erreichen. Sie muss im freien Windstrom liegen und bei harter Dachdeckung 40 cm höher als der Dachfirst sein oder 1 m Abstand von der Dachfläche haben. Bei weicher Bedachung befindet sich der Schornstein unmittelbar am Dachfirst und überragt ihn um mindestens 80 cm. Außerdem soll ausreichender Abstand zu Fenstern eingehalten werden (Vermeiden von Belästigung, Brandschutz).
 
Schornsteine mit kreisrundem Querschnitt weisen ein optimales Verhältnis von Flächeninhalt und Umfang sowie die beste Anpassung an die spiralförmige Aufwärtsbewegung der Verbrennungsgase auf. Quadrat. und rechteckige Schornsteine sind jedoch weiter verbreitet, weil sie einfacher in das Wohnhaus integriert werden können. Die Querschnittsgröße muss genau auf die Feuerstelle abgestimmt sein (13,5 × 13,5 cm bis 20 × 20 cm bei Hausschornsteinen). Schornsteine bestehen aus Baustoffen, die feuerbeständig, möglichst wärmedämmend, rauchdicht und unempfindlich gegen Rauchgase und Kehrwerkzeuge sind. Bewährt hat sich gebrannter Ton (Ziegel, Ziegelsplittbeton). Schlacken- und Natursteine sind in der Regel ungeeignet und verboten; eiserne Schornsteine sind nur für gewerbliche Feuerstätten zulässig. Dübel, Schlitze für Gas-, Wasser- und elektrische Leitungen u. a. Verschwächungen in den Schornsteinwangen (Schornsteinaußenmauern) sind verboten. Der Schornstein wird aus Einzelsteinen oder auch aus ein- oder mehrschaligen Formsteinen aufgemauert. Unterschieden werden besteigbare (mindestens 45 × 50 cm Querschnitt) und unbesteigbare Schornsteine, russische Rohre genannt (in der Regel ein halber oder ein Stein Seitenlänge). Schnell abkühlender Rauch verursacht das Versotten des Schornsteinmauerwerks, weil sich die in den Verbrennungsgasen enthaltenen Wasser- und Teerdämpfe als Teerwasser an den Innenflächen des Schornsteins niederschlagen und das Mauerwerk angreifen. Deshalb müssen Schornsteine leicht zu reinigen und zu untersuchen sein und dazu mindestens unten und, wenn sie nicht von der Mündung aus gereinigt werden können, auch oben Reinigungsöffnungen mit rauchdichten und genügend wärmedämmenden Verschlüssen haben.
 
Fabrikschornsteine werden meist frei stehend aus Mauerwerk (z. B. Radialziegel) oder Stahlbeton mit nach oben abnehmender Wanddicke oder aus Stahl mit kreisförmigem Querschnitt, in der Gegenwart - z. B. bei Kraftwerken - auch mit mehreren Rohren in stählernem Traggerüst bis zu Höhen über 300 m, ausgeführt. Fabrikschornsteine sollen den Rauch möglichst hoch über den benachbarten Häusern austreten lassen, weshalb sie meist eine Höhe von mindestens 40 m besitzen. Die lufthygienisch wichtige Schornsteinüberhöhung ist der in Meter gemessene senkrechte Abstand der in die Horizontale übergegangenen Rauchfahne von der Schornsteinmündung (Rauchfahnenerhöhung). Die Ausströmgeschwindigkeit der Rauchgase aus der Mündung beträgt bis zu 8 m/s, für mittlere Verhältnisse etwa 4 m/s.
 
Geschichte:
 
Die Technik des Schornsteinbauens wurde von den Römern an gewerblichen Feuerungen (z. B. Bäckereien) und besonders an Heizanlagen in Thermen und Wohnhäusern entwickelt. Im Allgemeinen aber hatten das römische Atrium, die Hallen der mittelalterlichen Burgen, Herrensitze und Klöster bis zum 8.-9. Jahrhundert und einfache Bauernhütten (vielfach bis heute) offene Feuerstellen ohne Rauchabzug. Seit der karolingischen Zeit treten, v. a. in Klöstern, gemauerte Schornsteine auf. Im Spätmittelalter und in der Renaissance wurde der Schornstein oft zum Prunkstück gestaltet, zumal er häufig an der Außenwand des Hauses hochgeführt wurde. Den gestalterischen Höhepunkt bilden die Schornsteine französischer Schlösser des 16. Jahrhunderts; einen Nachklang stellen die großen Schornsteine englischer Landhäuser bis zur Gegenwart dar. Der Schornsteinkopf wurde besonders in Deutschland und Oberitalien (Venetien) technisch wirksam wie dekorativ reizvoll durchgebildet. In der Neuzeit beeinflussen der Fabrikschornstein und besonders seine Anhäufungen in Industriegebieten das Stadt- und Landschaftsbild.

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Schọrn|stein, der; -s, -e [mhd. schor(n)stein, spätahd. scor(en)stein, urspr. wohl = Kragstein, der den Rauchfang über dem Herd trägt; 1. Bestandteil mniederd. schore = Stütze, zu mhd. schorren, ahd. scorrēn = herausragen, verw. mit 1scheren]: über das Dach hinausragender od. auch frei stehend senkrecht hochgeführter Abzugsschacht für die Rauchgase einer Feuerungsanlage: Die zweite Baracke ... war grau angestrichen und hatte einen gemauerten S. (Reinig, Schiffe 84); die -e einer Fabrik, eines Schiffes ragen in die Luft, rauchen; der S. zieht nicht richtig; der S. wurde gereinigt, gefegt, gesprengt; *der S. raucht (ugs.; das Geschäft geht [wieder] gut; es kommt Geld herein, wird Geld verdient): In der Stahlindustrie raucht der S. wieder, die Auftragseingänge sind erfreulich; Weil wir ... arbeiten müssen, damit der S. raucht (Hörzu 44, 1979, 10); Von etwas muss der S. eben rauchen. Beim Film gibt es keine Aufträge. Bleibt nur das Tourneetheater (Hörzu 35, 1974, 7); jmdn. durch den S. jagen (salopp; jmdn. [in einem Krematorium] verbrennen): was hat Gott für die anderen getan, die durch den S. gejagt wurden? (Hilsenrath, Nazi 252); Nicht, dass nachher wieder zu lesen steht, die „Löwen“ wollen die Kanaker durch den S. jagen! (Spiegel 48, 1982, 101); etw. in den S. schreiben (ugs.; etw., bes. Geld, als verloren betrachten; was im Schornstein angeschrieben ist, wird durch den Ruß bald unleserlich): die hundert Mark, die du ihr geliehen hast, kannst du in den S. schreiben; lieber schrieben die Gastronomen 200 Mark Zeche in den S., als dass sie 20 000 Mark Schaden durch zerschlagene Einrichtung riskierten (Spiegel 1/2, 1966, 37).

Universal-Lexikon. 2012.