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Humanistendrama
Humanịstendrama,
 
in lateinischer Sprache geschriebenes Drama der (niederländischen und deutschen) Humanisten des 15. und 16. Jahrhunderts. Literaturhistorische Voraussetzungen seiner Entstehung waren die Rezeption des antiken (römischen) Dramas und besonders die Wiederentdeckung des Terenzkommentars von Donatus durch G. Aurispa in Mainz (1433). Die frühen Humanistendramen, so J. Wimpfelings 1480 aufgeführte Komödie »Stylpho« (gedruckt 1494), kennzeichnen Prosadialoge, die lediglich im sprachlichen Duktus und in der Dialogführung die römischen Vorbilder erkennen lassen. Diese Stücke sind entstehungsgeschichtlich und durch eine pädagogisch-didaktische Zielsetzung an den akademischen Rahmen (Universitäten, Lateinschulen) gebunden, sie sind »Schuldramen« im engeren Sinn Gegen Ende des 15. Jahrhunderts kam das Vorbild des römischen Dramas auch formal zum Durchbruch: Gliederung der Stücke in Akte mithilfe eingeschobener Chöre, Szeneneinteilung, Prolog und Epilog; die Dialoge wurden in Versen, die Chorlieder in Strophen abgefasst; Tragödie und Komödie wurden, der Renaissancepoetik entsprechend, nach soziologischen Kriterien unterschieden; die Zwischenform der Tragicomoedia oder Comitragoedia (versöhnliche Lösung eines tragischen Konflikts) wurde neu geschaffen. Neben dem römischen Drama gewannen auch die italienische Renaissancekomödie, allegorische Festspiele und Maskenzüge (Trionfi) an Bedeutung. An die Stelle der frühhumanistischen Gesprächsspiele traten die literarische Komödie (J. Reuchlin), das allegorische Festspiel (K. Celtis) und die zeitgeschichtliche Staatsaktion (J. Locher). Seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts stand das Humanistendrama im Zeichen der religiösen Auseinandersetzungen und knüpfte thematisch an das geistliche Spiel des späten Mittelalters an. Hauptvertreter des protestantischen lateinischen Reformationsdramas sind zunächst niederländische Humanisten (G. Gnapheus, G. Macropedius), später v. a. Humanisten aus dem oberdeutschen Raum (T. Naogeorgus, S. Birck, N. Frischlin). Etwas jünger sind die Tendenzstücke im Dienst der katholischen Kirche; aus ihnen entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts das lateinische Jesuitendrama. Das Humanistendrama des ausgehenden 16. Jahrhunderts (Zentrum Straßburg) orientierte sich wieder stärker an den antiken Vorbildern. Die historische Bedeutung des Humanistendramas liegt v. a. darin, dass erstmals seit der Antike ein ästhetischen Maßstäben genügendes Literaturdrama entwickelt wurde. Die Wirkung des Humanistendramas auf das deutschsprachige Drama blieb relativ gering.
 
Literatur: Drama.

Universal-Lexikon. 2012.