Straß|burg:
frz. Stadt am Rhein.
* * *
I Straßburg,
1) Stadt im Bezirk Sankt Veit an der Glan, Kärnten, Österreich, im Gurktal, 681 m über M., 2 400 Einwohner Ehemalige Bischofsburg, eine der größten Wehranlagen Österreichs, 1147 fertig gestellt, später Ausbau zum Schloss, nach Brand (1856) verfallen, seit 1956 renoviert (Museum); gotische Pfarrkirche Sankt Nikolaus (Mitte 15. Jahrhundert) mit barocker Ausstattung; frühgotische Spitalkirche (14. Jahrhundert), ein Rundbau mit angefügtem Chor.
Der südlich der gleichnamigen Burg angelegte Ort wurde gegen 1200 Markt und 1402 Stadt.
2) französisch Strasbourg [stras'buːr], Hauptstadt des Elsass und Verwaltungssitz des Dép. Bas-Rhin, Frankreich, im Unterelsass, 143 m über M., oberhalb der Mündung der Ill in den Rhein, 252 300 Einwohner (Agglomeration 388 000 Einwohner); katholischer Erzbischofssitz, Sitz des Europarats (seit 1949) und (im Wechsel mit Luxemburg) des Europäischen Parlaments sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (seit1998). Als überregionales Kulturzentrum ist Straßburg Sitz einer Gesamtuniversität, bestehend aus den Universitäten I, II und III, und der École Nationale d'Administration (ENA; seit 1992); es hat zahlreiche Forschungsinstitute, darunter ein Kernforschungszentrum mit Versuchsreaktor (in Cronenbourg) und ein Rechenzentrum; astronomisches Observatorium; Internationales Institut für Menschenrechte; Kunstmuseen, Münster-, historisches, Elsässisches Museum, numismatische Sammlung; National- und Universitätsbibliothek; Theater, Oper; Musikfestspiele; Rundfunkstation.
Bis 1871 war Straßburg Zentrum einer Agrarregion und Garnisonstadt. Daneben gab es Textilindustrie (Färberei), Brauerei und Konservenindustrie. Nach 1871 erfuhr das Wirtschaftsleben einen großen Aufschwung, v. a. dank der verkehrsgeographischen Lage am Rhein und an einem Rheinübergang. Durch Einfuhr von Überseegetreide entwickelte sich die Mühlenindustrie. Kohle- und Erzumschlag führten zum Aufbau von chemischer Industrie, die mit dem Ausbau einer Hafenindustriezone um petrochemische Industrie erweitert wurde (Erdölraffinerien in Reichstett und Herrlisheim im Norden); ferner Walzwerke und Metallverarbeitung, besonders Maschinen-, Lokomotiv-, Schiffbau und Herstellung von Metallverpackungen, Nahrungsmittelindustrie, Zellstoff- und Papierherstellung, Elektronik-, Gerberei- und Bekleidungsindustrie. Bedeutender Fremdenverkehr. Straßburg ist auch internationale Kongress- und Messestadt (größte ist die Europa-Messe). Über den Rhein führen eine Eisenbahn- und eine Straßenbrücke (Europabrücke) nach Kehl, mit dem Hafengemeinschaft besteht. Die bedeutende Rheinschifffahrt (auf dem Rheinseitenkanal) wird ergänzt durch die (wesentlich geringere) Schifffahrt auf Rhein-Rhône- und Rhein-Marne-Kanal. Der (autonome) Hafen mit zwei Vorhäfen und 12 Hafenbecken ist für 2 000-t-Schiffe zugänglich. Der Jahresumschlag beträgt etwa 13 Mio. t, v. a. Kohle, Erze, Kali, Industrierohstoffe und -erzeugnisse, besonders der Metallindustrie, Erdöl, Holz und Baustoffe; Getreide nur noch wenig. Der internationale Flughafen ist 12 km südwestlich in Entzheim.
Das historische Zentrum der Stadt, von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, liegt zwischen zwei Armen der Ill mit zum Teil anspruchsvollen Fachwerkbauten, u. a. dem Haus Kammerzell (1589) am Münsterplatz und dem Gerberhaus (»Gerwerstub«, 1651) am Pflanzbad (Rue du Bain-aux-Plantes) im malerischen Viertel der Fischer, Gerber und Müller im Südwesten der Altstadt (»La Petite France«), wo die Gedeckten Brücken (Ponts Couverts, 14. Jahrhundert) die Ill überqueren. Weitere sehenswerte Häuser am Stephansplatz (Place Saint-Étienne, u. a. Böcklinshof), Kleberplatz, am Alten Fischmarkt, am Ferkelmarkt und an den Gewerbslauben; Renaissancehäuser: Große Metzig (1582-88; Musée historique) und der Neue Bau (1582-85; Handelskammer), beide wohl von J. Schoch, Zeughaus (1529). Bauten des 18. Jahrhunderts sind das Schloss Rohan (1730-42) mit Gemäldegalerie, Kunsthandwerkmuseum (Sammlung Straßburger Fayencen) und Archäologisches Museum, der Hanauer Hof (1730; später Rathaus), Zweibrücker Hof (Hôtel des Deux-Ponts, 1754), ehemalige Präfektur (Hôtel du Préteur Royal, 1730-36) u. a.; zahlreiche barocke Bürgerhäuser.
Die Altstadt wird überragt vom Straßburger Münster, einem der mächtigsten Bauwerke des Mittelalters, errichtet über dem Grundriss einer 1176 durch Brand beschädigten Basilika (1015, Krypta erhalten). Begonnen wurde mit dem spätromanischen Chor und dem Querhaus (Chor und nördliches Querhaus waren 1187 vollendet), jüngere Bauteile weisen bereits auf den Übergang zur gotischen Bauweise hin (das Langhaus wurde 1275 eingewölbt). 1276 wurde der Grundstein zum Westbau gelegt, der wohl von Erwin von Steinbach stammende Plan (Riss B der Westfassade) wurde nur zum Teil und verändert ausgeführt. Von den geplanten zwei Türmen vollendete man nur den nördlichen Turm (1439). Die Glasmalereien (13.-15. Jahrhundert) sind größtenteils erhalten, so die Kaiserfenster und zwei Fensterrosen (13. Jahrhundert). Im südlichen Querhaus astronomische Uhr (1547). Die Skulpturen der Westfassade (um 1275) und des südlichen Querschiffs (um 1230; u. a. Engelspfeiler im Innern, am Portal Ecclesia und Synagoge; Tympanon mit dem Marientod) gehören zu den bedeutendsten Leistungen der damaligen Bildhauerkunst (Originale im Frauenhausmuseum).
Bedeutend sind ferner u. a. die Kirchen Sankt Thomas (Neubau im 13.-14. Jahrhundert) mit Grabdenkmal des Marschalls Moritz von Sachsen von J.-B. Pigalle (1753-76) und Sarkophag des Bischofs Adeloch in der Sakristei (um 1130), Jung Sankt Peter (Saint-Pierre-le-Jeune, Neubau nach 1290) und Sankt Wilhelm (Saint-Guillaume; 15. Jahrhundert).
Zu den modernen Bauten zählen das alte (1950-54) und am Orangeriepark das neue Europahaus (1977), am Parc Contades die Synagoge (1955), das Maison de la Radio (1961) und das nördlich gelegene Palais de la Musique et des Congrès (1975), das Verwaltungsgebäude des Dép. Bas-Rhin (1990) von Claude Vasconi, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte von Sir R. Rogers (1989-95) und das Museum für Moderne und Zeitgenössische Kunst (1993-98) von Adrien Fainsilber (* 1932).
In röm. Zeit entstand 16 n. Chr. im heutigen Stadtgebiet das Legionslager Argentoratum (Argentorate) mit seiner Zivilsiedlung, aus der sich eine bedeutende Handelsstadt entwickelte. Seit etwa 370 war Argentoratum eine der stärksten Befestigungen Obergermaniens. In nachröm. Zeit kam der Ort nach mehrfachem Besitzerwechsel 498 an das Fränkische Reich, seit Ende des 6. Jahrhunderts ist der Name Stratebụrgum bezeugt. Durch den Vertrag von Verdun fiel Straßburg 843 an Lotharingien und mit diesem 870 an das Ostfränkische (später Heilige Röm.) Reich. Durch verkehrsgünstige Lage erlangte der Ort rasch Bedeutung als Handelsplatz, über den 974/982 der Bischof die Herrschaft gewann. Um 1150 wurde das Stadtrecht aufgezeichnet. 1262 konnte sich die Stadt von der Herrschaft der Bischöfe befreien und wurde Reichsstadt. 1332 gewannen die Zünfte nach einem Aufstand ein Mitspracherecht in der Verwaltung der Stadt, die 1381 Mitglied des Rheinen Städtebundes wurde. Ab dem 14. Jahrhundert erlebte Straßburg einen großen kulturellen Aufschwung. Es war mit Meister Eckhart und J. Tauler ein Mittelpunkt der Mystik sowie durch J. Wimpfeling, S. Brant, J. Geiler von Kaysersberg im 15. und 16. Jahrhundert Zentrum eines Humanismus mit nationalem Gepräge. Ab 1460 blühte hier besonders die Buchdruckerkunst. Auch in der Zeit der Reformation, die sich ab 1523 unter dem Einfluss von M. Bucer und W. Capito in Straßburg durchsetzen konnte, behauptete die Stadt ihre kulturelle Vormachtstellung. 1531 trat Straßburg dem Schmalkaldischen Bund bei. Das 1538 gegründete Gymnasium wurde 1566 Akademie, 1621 Universität und hatte v. a. in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts internationalen Rang. Eine katholische Universität bestand 1702-89. Durch den Dreißigjährigen Krieg erlebte Straßburg ab dem Anfang des 17. Jahrhunderts einen wirtschaftlichen Niedergang. 1681 wurde Straßburg im Zuge der Reunionen Ludwigs XIV. von französischen Truppen besetzt (1697 Bestätigung durch den Frieden von Rijswijk); 1682 wurde es Hauptstadt der Provinz Elsass, durch die Französische Revolution schließlich Hauptstadt des neu geschaffenen Dép. Bas-Rhin (1790). 1871-1918 war Straßburg Hauptstadt des deutschen Reichslandes Elsass-Lothringen. Die Stadt erlebte nach 1918 durch den Ausbau des Rheinhafens einen neuen Aufschwung als Wirtschafts- und Handelszentrum. 1940-44 war sie deutsch besetzt.
Der Fall der Reichsstadt S. u. seine Folgen, bearb. v. W. Forstmann u. a. (1981);
H. Nonn: Strasbourg et sa communauté urbaine (Paris 1982);
Strasbourg. Urbanisme et architecture des origines à nos jours, hg. v. J.-L. Gyss (Straßburg 1996).
3) rumän. Aiud [a'i̯ud], ungarisch Nagyenyed ['nɔdjɛnjɛd], Stadt im Kreis Alba, Rumänien, im Tal der Maros, im westlichen Siebenbürgen, am Ostrand des Siebenbürger Gebirges, 29 300 Einwohner; Maschinenbau und Metallverarbeitung, Baustoffindustrie; Straßenknotenpunkt und Handelszentrum.
4) Bistum, seit dem 4. Jahrhundert bezeugt (Amandus); war bis 1801 Suffraganbistum von Mainz, ab 1822 von Besançon, wurde 1871 exemt und ist seit 1988 exemtes Erzbistum. Im Mittelalter war Straßburg das reichste Domkapitel Deutschlands. 1358/59 erhielt der Bischof von Straßburg erstmals den Titel »Landgraf des Elsass«. Bischofsresidenz war 1414-1789 Zabern. 1789 fiel das linksrheinische Stiftsgebiet an Frankreich, der rechtsrheinische Teil 1803 an Baden (seit 1821 Teil des Erzbistums Freiburg im Breisgau). - 2000 zählte das Erzbistum Straßburg knapp 1,4 Mio. Katholiken (Wohnbevölkerung: rd. 1,7 Mio.). Erzbischof ist seit 1997 Joseph Doré (* 1936).
Straßburg,
* * *
Straß|burg: frz. Stadt am Rhein.
Universal-Lexikon. 2012.