Lọbkowitz,
Lọbkowicz [-tʃ], böhmisches Adelsgeschlecht, das den Namen nach der Burg Lobkowitz bei Prag führt, 1459 in den Freiherren-, 1624 in den Fürstenstand des Reiches erhoben. Nach wiederholten Teilungen nahm eine Linie nach dem Verkauf des 1646 erworbenen schlesischen Herzogtums Sagan 1786 den Titel eines Herzogs zu Raudnitz an. Die Herrschaft Neustadt an der Waldnaab, 1641 zur gefürsteten Grafschaft Sternstein erhoben, fiel 1807 an Bayern. - Historisch bedeutend waren:
1) Bohuslaw Lobkowitz von Hạssenstein, tschechisch Hasištejnský z Lobkovic ['hasiʃtɛjnskiː z 'lɔbkɔvits], böhmischer Humanist, * Burg Hassenstein (Hasištejnský) 1462, ✝ Preßnitz (bei Komotau) November 1510; beendete das Studium in Italien (1475-82) als Doktor beider Rechte, übernahm am böhmischen Hof mehrmals Ämter (1483-84 Kanzler, 1487 Sekretär, 1489 Kammerrichter sowie mit der Sammlung der Landesprivilegien betraut), zog sich aber wiederholt zu wissenschaftlichen Studien auf Burg Hassenstein zurück oder besuchte humanistische Freunde wie P. Schott, K. Celtis (Straßburg 1485, Wien 1499) sowie 1490-94 den Orient (u. a. Tunis und Ägypten). Lobkowitz schrieb formal vollendete lateinische Gedichte (z. B. Lob der Erfindung des Buchdrucks, Satire gegen den böhmischen Adel) und hinterließ eine umfangreiche Korrespondenz (194 Briefe, 1476-1510) sowie eine wertvolle Bibliothek antiker und mittelalterlicher Autoren.
Ausgabe: Bohuslai Hassensteinii a Lobkowicz Epistulae, herausgegeben von J. Martínek u. a., 2 Bände (1969-80; mit Werkverz).
2) Georg Christian Fürst von, österreichischer Politiker, * Wien 14. 5. 1835, ✝ Prag 22. 12. 1908; war 1865-67 und 1870-71 Mitglied des böhmischen Landtags; als Vertreter des kaisertreuen Großgrundbesitzes an der Beratung der Fundamentalartikel (1871) maßgeblich beteiligt. Als Vizepräsident des österreichischen Reichsrats (1881-83; ab 1879 Wahrnehmung seines Mandats) und als Oberstlandmarschall in Böhmen (1871, 1883-1907) war Lobkowitz um einen Ausgleich im Nationalitätenstreit bemüht.
3) Wenzel Eusebius Fürst von, österreichischer Staatsmann, Herzog von Sagan (seit 1646), * 20. 1. 1609, ✝ Raudnitz an der Elbe 22. 4. 1677; war Feldmarschall (1647), Präsident des Wiener Hofkriegsrats (1647-65) und diente v. a. in Diplomatie und Verwaltung. Maßgeblich an der Kaiserwahl Leopolds I. beteiligt, wurde er 1669 leitender Minister in Wien, fiel aber als Anhänger der französischen Bündnispolitik 1673 in Ungnade; 1674 gestürzt.
Universal-Lexikon. 2012.