Akademik

Philadelphia
I
Philadẹlphia,
 
griechisch Philadẹlpheia, Name antiker Städte:
 
 1) antike Stadt in Lydien, heute Alaşehịr [-ʃɛ-], Türkei, rd. 120 km östlich von İzmir; von Attalos II. Philadelphos (159-138 v. Chr.) gegründet, hieß in römischer Zeit Neocaesarea und war einer der hellenistischen Hauptorte Kleinasiens; Sitz einer frühchristlichen Gemeinde; Reste der Stadtbefestigung, eines Theaters und Stadions sind erhalten.
 
 2) Name, den Rabbạth Ammọn, die ehemalige Hauptstadt des Ammoniterreiches, nach der Hellenisierung durch Ptolemaios II. Philadelphos (285/283-246 v. Chr.) bekam, heute Amman.
 
II
Philadẹlphia
 
[englisch fɪlə'delfɪə], Stadt in Südostpennsylvania, in der atlantischen Küstenebene, mit (1998) 1,44 Mio. Einwohnern (davon 53 % Weiße, 40 % Schwarze) eine der größten Städte der USA (1950: 2,07 Mio. Einwohner); die Metropolitan Area hat (1999) 5,99 Mio. Einwohner; Sitz eines katholischen und eines uniert-ukrainischen Erzbischofs sowie eines Bischofs der Episcopal Church und der United Methodist Church. Als bedeutendes Kultur- und Bildungszentrum ist Philadelphia Sitz der University of Pennsylvania (gegründet 1740), der Saint Joseph's University (gegründet 1851), der Temple University (gegründet 1884) und der Drexel University (gegründet 1891 als Drexel Institute of Art, Science and Industry), der Pennsylvania Academy of the Fine Arts (gegründet 1805) und der Academy of Natural Science of Philadelphia (gegründet 1812); Bibliotheken, Museen, ein Planetarium; Philadelphia Orchestra. - Philadelphia gehört zu den wichtigsten Handels-, Finanz- und Industriezentren der USA, die 1790 gegründete Effektenbörse ist die älteste des Landes. Die Industrie umfasst v. a. Erdölraffinerien, Elektromaschinenbau, Bekleidungs-, Nahrungsmittel- und elektrotechnische Industrie, Druckereien, Verlage. Die verarbeitende Industrie ist seit den 1960er-Jahren zugunsten von Dienstleistungen und Handel zurückgegangen. Der Hafen (überwiegend Umschlag von Mineralöl und -produkten) von Philadelphia liegt rd. 150 km von der Küste entfernt am Delaware River und am Schuylkill River. Die Stadt ist ein Knotenpunkt des Schienen-, Straßen- und Luftverkehrs.
 
Stadtbild:
 
Zahlreiche Bauten des 18. Jahrhunderts (u. a. Independence Hall mit der 1752 in England gegossenen Friedensglocke, von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, Congress Hall, Carpenter's Hall) im historischen Stadtzentrum (Independence National Historic Park, seit 1948) sind eng mit der amerikanischen Geschichte verbunden. Älteste Kirche ist die Gloria Dei Church (1700). Wichtige Bauten der späteren Entwicklung sind u. a. das Rathaus (1874-1901; im französischen Renaissancestil, mit 156 m hohem Turm) und das Old Philadelphia Custom House, 1824-37 Sitz der Bank der amerikanischen Regierung, dann Zollhaus, seit 1935 National Historic Site und Museum. Weitere architektonisch bedeutende Bauwerke sind das Gebäude der Philadelphia Savings Funds Society (1931/32), das Forschungszentrum der University of Pennsylvania (1957-64) von L. I. Kahn, das Guild House (1961-64) und der Franklin Court (1972-76) von R. Venturi. Im Bereich des Penn Centers, eines Hotel- und Bürokomplexes, entstanden zahlreiche Wolkenkratzer, die die Skyline prägen (u. a. One Liberty Place Building, Two Liberty Place, Mellon Bank Center). Das Philadelphia Museum of Art (gegründet 1876) beherbergt Kunst aus Europa, Amerika und Ostasien; die Academy of Fine Arts (Bau 1871-76 von F. Furness) besitzt v. a. Werke amerikanischer Künstler; in Philadelphia befindet sich auch ein Rodin-Museum. - Am Südwestrand der Stadt liegt am Ufer des Delaware River die historische Festung Fort Mifflin, die im Unabhängigkeitskrieg eine wichtige Rolle spielte und bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die Stadt als Sperrfort schützte.
 
Geschichte:
 
Philadelphia, die »Stadt der brüderlichen Liebe«, wurde 1682 von W. Penn als Hauptstadt seiner Kolonie Pennsylvania auf der Landzunge zwischen Delaware River und Schuylkill River gegründet und entsprechend dem von C. Wren bei der Neugestaltung Londons verwendeten Schachbrettmuster angelegt. Sie war bis Mitte des 18. Jahrhunderts kultureller Mittelpunkt der nordamerikanischen Kolonien und nach London die bedeutendste Handelsstadt des britischen Reiches. In Carpenter's Hall tagte 1774 der erste, im State House (Independence Hall) seit 1775 der zweite Kontinentalkongress; hier wurde auch die Unabhängigkeitserklärung vom 4. 7. 1776 verkündet. 1777/78 war die Stadt von britischen Truppen besetzt. Im Sommer 1787 arbeitete der Konvent hier die Bundesverfassung der USA aus. 1790-1800 war Philadelphia Sitz der Bundesregierung, bis 1799 auch Hauptstadt Pennsylvanias. 1854 wurde Germantown eingemeindet. Zum 100-jährigen Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeit fand 1876 in Philadelphia die Weltausstellung statt.
 
Literatur:
 
The divided metropolis, hg. v. W. W. Cutler u. a. (Westport, Conn., 1980);
 
P. A 300 year history, hg. v. R. F. Weigley u. a. (New York 1982);
 S. B. Warner: The private city. P. in three periods of its growth (Neuausg. Philadelphia, Pa., 1987);
 E. Wolf: P. Porträt of an american city (ebd. 21990).
 

Universal-Lexikon. 2012.