Priestley
['priːstlɪ],
1) J. B. (John Boynton), englischer Schriftsteller, * Bradford (Metropolitan County West Yorkshire) 13. 9. 1894, ✝ Stratford-upon-Avon 14. 8. 1984. Priestley war Journalist und Kritiker (»George Meredith«, 1926; »Thomas Love Peacock«, 1927, Studien) und schrieb erfolgreiche, meist aktuelle soziale Probleme aufgreifende, realistisch-unterhaltsame Romane (»The good companions«, 1929, deutsch »Die guten Gefährten«; »Angel pavement«, 1930, deutsch »Engelgasse«; »Bright day«, 1946, deutsch »Heller Tag«, auch unter dem Titel »Zauber früher Jahre«). Bekannt wurde Priestley auch durch Komödien und populäre Problemstücke, in denen er philosophisch die Relativität von Zeit thematisiert (»Time and the Conways«, 1937; deutsch »Die Zeit und die Conways«). Das Stück »An inspector calls« (1945; deutsch »Ein Inspektor kommt«) stellt sozialkritisch Selbstzufriedenheit und Schuld von Wohlstandsbürgern bloß.
Weitere Werke: English journey (1934; deutsch Englische Reise; Reportage).
Autobiographisches: Margin released (1962; deutsch Ich hatte Zeit); Instead of the trees (1977).
G. L. Evans: J. B. P., the dramatist (London 1964);
J. A. Atkins: J. B. P. The last of the sages (London 1981);
H. M. Klein: J. B. P.'s plays (New York 1988).
2) Joseph, britischer Naturforscher, Philosoph und Theologe, * Birstall Fieldhead (bei Leeds) 13. 3. 1733, ✝ Northumberland (Pennsylvania) 6. 2. 1804; zunächst Geistlicher, dann auch Lehrer für Fremdsprachen und Literatur. 1767 wurde er Pfarrer in Leeds, 1779 Pfarrer einer Dissentergemeinde in Birmingham. Sein Eintreten für die Ideale der Französischen Revolution, besonders für religiöse und gesellschaftliche Freiheit (des Volkes als politischer Machtträger), führte zu vehementen Auseinandersetzungen mit konservativen Kreisen. Nachdem am 14. 7. 1791 sein Haus zerstört worden war, zog er nach London und emigrierte 1794 in die USA. 1766 wurde Priestley Mitglied der Royal Society, 1772 der Académie des sciences. - Priestley beschäftigte sich v. a. mit bildungs- und allgemeinpolitischen Fragen (»The rudiments of English grammar«, 1761; »An essay on the first principles of government and on the nature of political, civil, and religious liberty«, 1768) sowie mit philosophischen, theologischen und naturwissenschaftlichen Themen. Als Theologe vertrat er (im Gegensatz zur herrschenden Lehre) arianische, sodann unitarische Gedanken und lehnte die Trinitäts- und Versöhnungslehre ab. Die Kirchengeschichte galt ihm als Geschichte der Verfälschungen des Christentums. Philosophisch vertrat er eine Art Materialismus, wobei er v. a. versuchte, anknüpfend an D. Hartleys Assoziationslehre, Bewusstseinsprozesse physiologisch zu begründen (»Hartley's theory of the human mind on the principle of the association of ideas«, 1775). Priestleys naturwissenschaftliche Arbeiten galten der Elektrizitätslehre und v. a. der pneumatischen Untersuchung der Chemie der Gase (»Experiments and observations on different kinds of air«, 6 Bände, 1774-86). Priestley erfand beziehungsweise verbesserte eine Reihe von Geräten zum Auffangen und Untersuchen von Gasen und verwendete Quecksilber als Sperrflüssigkeit; auf diese Weise konnte er viele Gase untersuchen und darstellen, darunter Ammoniakgas, Schwefeldioxid, Chlorwasserstoffgas, Stickstoffoxide (u. a. Lachgas), Kohlenmonoxid. 1774 entdeckte Priestley unabhängig von C. W. Scheele den Sauerstoff. Außerdem beobachtete er, dass Kohlendioxid durch grüne Pflanzen bei Tageslicht in Sauerstoff verwandelt wird.
Weitere Werke: History and present state of discoveries relating to vision, light and colours (1772); Disquisitions relating to matter and spirit (1777); The doctrine of philosophical necessity (1777); A free discussion of the doctrines of materialism, and philosophical necessity (1778, mit R. Price); An history of the corruption of christianity, 2 Bände (1782); Memoirs of Dr. J. Priestley, written by himself, to the year 1795, 2 Bände (herausgegeben 1806-07).
Ausgaben: The theological and miscellaneous works, herausgegeben von J. T. Rutt, 25 Bände (1817-31, Nachdruck 1972); Writings on philosophy, science and politics, herausgegeben von J. A. Passmore (1965).
J. T. Rutt: Life and correspondence of J. P., 2 Bde. (London 1831-32);
A. Holt: A life of J. P. (London 1931, Nachdr. 1970);
F. W. Gibbs: J. P. (London 1965);
R. E. Crook: A bibliography of J. P. 1733-1804 (London 1966);
R. E. Schofield: The enlightenment of J. P. (University Park, Pa., 1997).
Universal-Lexikon. 2012.