Akademik

Schostakowitsch
Schostakọwitsch,
 
Šostakovič [ʃɔsta'kɔvitʃ],
 
 1) Dmitrij Dmitrijewitsch, russischer Komponist, * Sankt Petersburg 25. 9. 1906, ✝ Moskau 9. 8. 1975, Vater von 2); studierte 1919-25 am Leningrader (Sankt Petersburger) Konservatorium und wirkte dort 1937-41 und 1945-58 als Kompositionslehrer. 1943-48 lehrte er auch am Konservatorium in Moskau. Nach Erfolgen als Pianist und Komponist in der Tradition der nationalrussischen Schule (1. Sinfonie) galt Schostakowitsch seit seinen experimentierfreudigen Werken in freitonalem, polyrhythmischen Stil (2. und 3. Sinfonie, Opern »Die Nase« und »Lady Macbeth des Mzensker Kreises«), die Anregungen der westeuropäischen Moderne aufgreifen, eine Zeit lang als einer der führenden Komponisten der neuen sowjetrussischen Kultur. Ein Prawda-Artikel vom Januar 1936 brandmarkte jedoch seine Werke als dekadent, formalistisch und mit den Prinzipien des sozialistischen Realismus unvereinbar. Schostakowitsch rehabilitierte sich mit seiner 5. Sinfonie und fand zu einem großflächigen, lyrisch-pathetischem Orchesterstil in der Nachfolge L. van Beethovens, P. I. Tschaikowskys und G. Mahlers. Dieser Stil prägt einen Teil der folgenden Sinfonien, unter denen besonders die 7. als patriotischer Reflex auf die Kriegsereignisse auch im Ausland starken Widerhall fand. 1948 wurde Schostakowitsch (wie auch S. S. Prokofjew) erneut scharf kritisiert. Erst nach Stalins Tod (1953) entstanden neue, bemerkenswerte Werke, so die 10. und weitere Sinfonien, ein Violoncellokonzert (1959) und die Streichquartette Nummer 7 und 8 (1960). 1966 erkrankte Schostakowitsch, bewahrte sich jedoch eine erstaunliche Schaffenskraft, die sich in einer Reihe von bedeutenden Spätwerken, darunter das 2. Violinkonzert (1967), die 14. und 15. Sinfonie (1961-71), die letzten vier Streichquartette (1968-74) und weitere Orchesterkompositionen, manifestiert. Schostakowitschs Werkkatalog umfasst neben den genannten Werken auch Ballette, zwei Oratorien (»Poem von der Heimat«, 1947; »Das Lied von den Wäldern«, 1949), Kantaten, Klavierkonzerte, eine sinfonische Dichtung (»Oktober«, 1967), Suiten, Kammermusik (u. a. 15 Streichquartette), Klaviermusik und Lieder.
 
Werke: Opern: Die Nase (1928; nach N. W. Gogol); Lady Macbeth des Mzensker Kreises (1932; nach N. S. Leskow; Neufassung als Katerina Ismajlowa, 1963); Der Spieler (1982 von Krzysztof Meyer vervollständigt).
 
Sinfonien: Nummer 1 (1925); Nummer 2 (1927, mit Chor; zum 10. Jahrestag der Revolution); Nummer 3 (1929, mit Chor); Nummer 4 (1936); Nummer 5 (1937); Nummer 6 (1939); Nummer 7 (1941); Nummer 8 (1943); Nummer 9 (1945); Nummer 10 (1953); Nummer 11 »Das Jahr 1905« (1957, mit Chor); Nummer 12 »Das Jahr 1917« (1961; dem Andenken Lenins gewidmet); Nummer 13 (1962-63, mit Bass und Männerchor); Nummer 14 (1969; für Sopran, Bass, Streichorchester und Schlagzeug); Nummer 15 (1971).
 
Ausgaben: Sobranie sočinenij, auf zahlreiche Bände berechnet (1979 ff.).
 
Zeugenaussage. Die Memoiren. .., herausgegeben von S. Volkow (1979); Erfahrungen, herausgegeben von C. Hellmundt u. a. (1983).
 
Literatur:
 
I. I. Martynow: D. S. (a. d. Russ., Berlin-Ost 1947);
 H. A. Brockhaus: D. S. (21963);
 
Bericht über das Internat. D.-S.-Symposion Köln 1985, hg. v. K. W. Niemöller u. a. (1986);
 L. Seehaus: D. S. Leben u. Werk (1986);
 D. Gojowy: Dimitri S. (12.-14. Tsd. 1989);
 N. W. Lukjanowa: Dmitri D. S. (Neuausg. 1993);
 
»Volksfeind Dmitri S.«, hg. v. E. Kuhn (a. d. Russ., 1997).
 
 2) Maksim Dmitrijewitsch, russischer Dirigent und Pianist, * Leningrad 10. 5. 1938, Sohn von 1); wurde 1964 Dirigent der Moskauer Sinfoniker und 1965 stellvertretender Leiter des staatlichen Sinfonieorchesters der UdSSR, 1971 Leiter des Radio-Sinfonieorchesters. Er kehrte 1981 nach einem Gastspiel in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr in die UdSSR zurück und ging anschließend in die USA. 1986-91 Leiter des New Orleans Symphony Orchestra, 1993/94 des Louisiana Philharmonic Orchestra. Als kompetenter Interpret neuerer russischer Musik, v. a. der Werke seines Vaters, international gefragter Gastdirigent.

Universal-Lexikon. 2012.