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Siebenbürger Sachsen
Siebenbụ̈rger Sạchsen,
 
die deutsche Volksgruppe in Siebenbürgen, nach neueren Angaben nur noch zwischen 20 000 und 70 000 (1919-44: um 250 000, 1977: 171 000); größte Gruppe der Rumäniendeutschen. - Die Siebenbürger Sachsen sind Nachkommen von deutschen Kolonisten, die der ungarische König Géza II. und seine Nachfolger seit 1150 ins Land riefen. Sie siedelten sich auf »Königsboden«, v. a. im Gebiet um den oberen Alt (Zentrum: Hermannstadt), im Nösnerland (Zentrum: Bistritz) und 1211-25 mithilfe des Deutschen Ordens im Burzenland (Zentrum: Kronstadt) an. Es waren zunächst überwiegend Moselfranken (in frühen Urkunden »Flandreses« genannt) aus dem Gebiet zwischen Mosel, Maas und Niederrhein, später auch aus anderen Gebieten Deutschlands (deutsche Ostsiedlung). Der sich bildende Neustamm erhielt von der ungarischen Kanzlei den Namen »Saxones« (Sachsen). - Die Siebenbürger Sachsen legten eine Reihe von Städten an und gründeten etwa 250 Dörfer. Das 1224 von König Andreas II. erlassene »Privilegium Andreanum« (»Goldener Freibrief«) legte ihre politische und rechtliche Sonderstellung fest. Das Gebiet des »Königsbodens«, auf den sich das Privileg bezog, unterstand seit der Mitte des 14. Jahrhunderts einem (seit 1477) gewählten »Sachsengrafen«; die rechtliche Einheit der Siebenbürger Sachsen erhielt im 15. Jahrhundert den Namen »Sächsische Nationsuniversität«. 1437 verbanden sich die Siebenbürger Sachsen mit den Szeklern und dem ungarischen Adel zur Verteidigung ihrer ständischen Rechte in der »Union der drei Nationen«. Die durch J. Honterus eingeführte lutherische Reformation mündete 1547 in die Entstehung einer selbstständigen Landeskirche mit eigenem Bischof (ab 1553); das 1583 im »Sächsischen Statut« zusammengefasste Landrecht der Nationsuniversität blieb bis 1853 in Kraft. Unter Kaiser Joseph II. begann ein Abbau der Privilegien; die lutherische Landeskirche stärkte das Eigenbewusstsein der seit 1848/49 der Magyarisierung widerstehenden Siebenbürger Sachsen. Dennoch kam es 1876 zur Auflösung des »Königsbodens« und zur Aufhebung der Autonomie. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann die Auswanderung nach Übersee. - Obwohl sich die Siebenbürger Sachsen und der »Deutsch-sächsischer Nationalrat für Siebenbürgen« 1919 für den Anschluss an Rumänien aussprachen, verloren die Siebenbürger Sachsen in einer Bodenreform (1921) mit dem Grundbesitz der Nationsuniversität (die 1937 aufgelöst wurde) die Hauptstütze ihrer kulturellen Einrichtungen; die evangelische Kirche ging 55 % ihres Grundbesitzes verlustig. Aus dem im 2. Wiener Schiedsspruch 1940 Ungarn zugeteilten Nösnerland wurden 1944 fast alle deutschen Bewohner evakuiert. Etwa 25 000 Siebenbürger Sachsen wurden Ende des Zweiten Weltkrieges und danach in die UdSSR zur Zwangsarbeit verschleppt. Durch die rumänische Bodenreform von 1945 verloren sie ihren gesamten Grundbesitz, der kirchliche Besitz wurde 1948 verstaatlicht. Seitdem, v. a. unter N. Ceauşescu, immer rigoroser beschränkt, sank ihre Zahl durch Abwanderung, hauptsächlich nach Deutschland (verstärkt ab 1977), ständig (besonders 1989/90); inzwischen leben etwa 220 000 (ehemalige) Siebenbürger Sachsen in Deutschland, um 15 000 in Österreich, 25 000 in den USA und etwa 8 000 in Kanada.
 
Volkskunde:
 
Deutsche Sprache und evangelisch-lutherische Religion definieren v. a. die Identität der Siebenbürger Sachsen; entscheidend für deren Wahrung blieben neben dem Schulunterricht deutsche (Wochen-)Zeitungen sowie die Evangelische Akademie in Hermannstadt. - Hausbau und Siedlungsformen lassen oft den Charakter geplanter Kolonisation erkennen. Geschlossene Anlagen, Angerdörfer mit Kirchenburgen gelten als typisch. Die giebelseitigen Häuser wechseln mit Torbögen zur Straße hin ab. Die Bewahrung des Kulturerbes der Siebenbürger Sachsen gilt als dringliche (europäische) Aufgabe.
 
Literatur:
 
G. D. u. F. Teutsch: Gesch. der S. S. für das sächs. Volk, 4 Bde. (Hermannstadt 1-41907-26, Nachdr. 1984);
 
Gesch. der Deutschen auf dem Gebiete Rumäniens, hg. v. C. Göllner (Bukarest 1979);
 T. Nägler: Die Ansiedlung der S. S. (ebd. 1979);
 E. Wagner: Gesch. der S. S. (Thaur 61990);
 
Dorfleben der S. S. Tradition u. Brauchtum, bearb. v. O. Scola u. a. (1991);
 A. Schenk: Deutsche in Siebenbürgen. Ihre Gesch. u. Kultur (1992);
 
Die S. S. Lex., hg. v. W. Myß (1993);
 
Die S. S. in Gesch. u. Gegenwart, hg. v. H. Rothe (1994).

Universal-Lexikon. 2012.