Akademik

Andreas
I
Andreas,
 
Apostel; von Beruf Fischer in Kapernaum (Kapharnaum) wie sein Bruder Simon Petrus und gemeinsam mit ihm einer der ersten Jünger Jesu (Markus 1, 16 ff.). Nach alter Überlieferung missionierte er in den Gebieten südlich des Schwarzen Meeres (Pontos; Bithynien), in den unteren Donauländern, in Griechenland und wohl auch in Skythien. Er soll an ein Kreuz mit schrägen Balken (in der Form des griechischen Chi, Andreaskreuz: Kreuzformen) geschlagen worden sein, das zu seinem Zeichen wurde; Patron u. a. Schottlands, Russlands, der Bergleute. - Heiliger (Tag: 30. 11.).
 
Da der Andreastag dem Beginn des Kirchenjahres nahe liegt, sind viele Bräuche auf die Jahreswende bezogen; er war Zahl- und Liefertermin und galt als Lostag, verbreitet waren besonders Orakel und Traumdeutungen in der Andreasnacht (Heirat, Handel).
 
Literatur:
 
A. Apostel der Ökumene zw. Ost u. West, hg. v. W. Sanders (1985).
 
II
Andreas,
 
ungarisch Ẹndre, ungarischer Herrscher (aus der Dynastie der Arpaden):
 
 1) Andreas I., König (1046-60), * um 1014, ✝ Zirc Dezember 1060; fand nach der Blendung seines Vaters, des Herzogs Vasul (Vászoly), durch seinen Onkel Stephan I. Asyl in Kiew, gelangte während des von Vata geführten heidnischen Aufstandes, den er niederschlug, auf den Thron. Nach der Festigung der Zentralgewalt und dem Aufbau einer neuen Kirchenorganisation konnte er gegen Kaiser Heinrich III. 1051/52 das deutsche Vasallenverhältnis beenden. Noch zu seinen Lebzeiten kam es zu Auseinandersetzungen um die Nachfolge zwischen seinem jüngeren Bruder Béla I. und seinem Sohn Salomon, die dieser 1063 mithilfe Kaiser Heinrichs IV. zu seinen Gunsten entschied.
 
Literatur:
 
P. v. Váczy: Die erste Epoche des ungar. Königtums (Budapest 1935).
 
 2) Andreas II., König (1205-35), * um 1176, ✝ Ofen (heute Budapest) 21. 6. 1235, Großvater von 3), jüngerer Sohn Bélas III.; gelangte erst nach langen militärischen Auseinandersetzungen mit seinem Bruder Imre (Emmerich) auf den Thron. Die erfolglosen Kämpfe um das russische Fürstentum Halitsch und die Teilnahme am 5. Kreuzzug (1217/18) lösten mehrere Aufstände aus, bei denen seine Frau Gertrudis (von Andechs-Meranien) 1213 umkam. 1211 rief er zur Sicherung der Grenze gegen die Kumanen den Deutschen Orden ins Burzenland. Die Schwächung der Zentralgewalt führte 1222 zum Erlass der »Goldenen Bulle«, die die Vorrechte des Adels erweiterte. Andreas förderte deutsche Siedler (Siebenbürger Sachsen: »Privilegium Andreanum«, 1224). - Er ließ seine Tochter Elisabeth ab 1211 nach ihrer Verlobung mit Ludwig (IV.) am thüringischen Hof aufwachsen.
 
Literatur:
 
J. Deér: Der Weg zur Goldenen Bulle Andreas' II. von 1222, in: Schweizer. Beiträge zur allg. Gesch., Jg. 10 (Aarau 1952).
 
 3) Andreas III., König (1290-1301), * um 1265, ✝ 14. 1. 1301, Enkel von 2); gegen den vom Papst unterstützten Prätendenten Karl Robert von Anjou zum König gewählt. Er zwang 1291 Herzog Albrecht von Österreich, dem sein Vater, König Rudolf I., Ungarn als »erledigtes« Lehen übereignet hatte, zum Verzicht. Dem Adel musste er ein weitgehendes Mitspracherecht auf regelmäßig stattfindenden Landtagen (congregatio generalis, parlamentum) einräumen. Mit Andreas erlosch das Haus der Arpaden im Mannesstamm.
 
Literatur:
 
A. Huber: Ungarns innere Verhältnisse unter A. III., in: Archiv für österr. Gesch., Jg. 65 (1884).
 
III
Andreas,
 
Erzbischof von Caesarea (heute Kayseri), ✝ 637; bekannt durch die Abfassung eines Kommentars zur Apokalypse des Johannes (zwischen 563 und 614), der als Text eine der beiden jüngeren Überlieferungsvarianten bietet. Von einem zweiten Werk (»Therapeutike«) sind nur Fragmente erhalten.
 
 
Josef Schmid: Studien zur Gesch. des griech. Apokalypse-Textes, Bd. 1 (1955).
 
IV
Andreas,
 
Willy, Historiker, * Karlsruhe 30. 10. 1884, ✝ Litzelstetten (Landkreis Konstanz) 10. 7. 1967; Professor u. a. in Rostock, Heidelberg und Freiburg in Breisgau. Hauptarbeitsgebiete waren die Geschichte und Kulturgeschichte Deutschlands und Italiens, die französische Geschichte im 18. und frühen 19. Jahrhundert sowie die Geschichte des Herzogtums Weimar.
 
Werke: Deutschland vor der Reformation (1932); Staatskunst und Diplomatie der Venezianer im Spiegel ihrer Gesandtenberichte (1943); Das Zeitalter Napoleons und die Erhebung der Völker (1943); Carl August von Weimar, ein Leben mit Goethe (1953).
 
 
D. Hauck: Verz. der Schr. von W. A. 1905-55, in:
 
Ztschr. für die Gesch. des Oberrheins, Jg. 105 (1957).

Universal-Lexikon. 2012.