Slawenmission
Die Christianisierung der Slawen setzte bereits seit dem beginnenden 7. Jahrhundert ein und erfolgte sowohl im Auftrag des römischen Papsttums als auch der byzantinischen Kirche. Die frühe westliche Mission wurde zunächst von iroschottischen Mönchen in das Gebiet der Mähren und der karantanischen Slawen (Slowenen), die sich im Ostalpenraum niedergelassen hatten, vorgetragen, während im Süden Aquileja und die christlich gebliebenen norddalmatinischen Küstenstädte die neue Lehre im Auftrag Roms zu dem slawischen Stamm der Kroaten brachten. Aber erst die Vernichtung des Awarenreiches durch Karl den Großen (795/96) eröffnete der römischen Mission, die nun vor allem von den bayerischen Bistümern Freising, Regensburg, Passau und Salzburg (seit 798 Erzbistum) getragen wurde, alle Möglichkeiten.
Demgegenüber beschränkte sich die byzantinische Mission, die von Konstantinopel und den griechisch gebliebenen Küstenstädten aus erfolgte, zunächst auf die slawischen Stämme, die sich im Balkanraum niedergelassen hatten. Die große Stunde der byzantinischen Mission schlug jedoch, als im Jahre 863 Kaiser Michael III. auf Bitten des mährischen Fürsten Rastislaw die Brüder Konstantin (der später den Namen Kyrillos annahm) und Methodios als Missionare in das Großmährische Reich entsandte. Die Missionserfolge der »Slawenapostel« beruhten vor allem auf dem Umstand, dass sie - in der griechisch-christlichen Stadt Thessalonike (Saloniki) aufgewachsen - nicht nur Griechisch, sondern außerdem die Sprache der slawischen Umwohner beherrschten, die damals auch noch von den slawischen Stämmen Mährens verstanden wurde. Diese Zweisprachigkeit setzte Konstantin (Kyrillos) in die Lage, die Bibel und andere kirchliche Schriften in das Slawische zu übersetzen, wobei er hierzu ein neues Alphabet (Glagoliza) entwickelte, das das Slawische zur Schriftsprache machte. Wenn dieses Alphabet auch nicht mit dem heute noch in Russland, Serbien und Bulgarien verwandten »kyrillischen« Alphabet identisch ist, so kommt dem Kyrillos doch das Verdienst zu, eine erste slawische Liturgie- und Literatursprache geschaffen zu haben.
Die missionarischen Erfolge der beiden Brüder wurden bald auch von Papst Hadrian II. anerkannt, der Methodios zum Erzbischof von Pannonien erhob. Hierdurch wurden allerdings die Spannungen zu der von den bayerischen Kirchen getragenen Missionsbewegung nicht beseitigt. Nach dem Tode des Methodios (885) entschied sich Fürst Swatopluk von Großmähren für die lateinisch-bayerische Mission. Die Schüler des Methodios mussten das Land verlassen, fanden aber im Bulgarischen Reich ein neues Betätigungsfeld. Nach anfänglichem Schwanken wandte sich Zar Boris I. von Bulgarien 864 der byzantinischen Kirche zu, wodurch sein Land dem byzantinisch-christlichen Kulturkreis geöffnet und eine Generation später unter Zar Simeon dem Großen zu einem neuen geistigen Zentrum des slawischen Ostens wurde.
Universal-Lexikon. 2012.