Akademik

Konstantin
I
Konstantin
 
Konstantin (Flavius Valerius Constantinus) wurde um 280 als Sohn des Constantius Chlorus in Naissus (Niš/Serbien) geboren. Seine Jugend verbrachte er am Hof Diokletians. Nach dem Tod des Vaters riefen ihn die Truppen im britannischen Eburacum (York) zum Augustus aus (306). Der ranghöchste Augustus, Galerius, erkannte Konstantin nur als Caesar an und ernannte Severus zum Augustus des Westens. Das tetrarchische System geriet in eine Krise, die auf der Kaiserkonferenz von Carnuntum (308) nur vorübergehend gelöst werden konnte. Konstantin setzte seine Politik konsequenter Machtsteigerung fort und wurde nach dem Sieg über seinen Konkurrenten Maxentius an der Milvischen Brücke in Rom (28. Oktober 312) Alleinherrscher im Westen. Herr über die östliche Reichshälfte wurde Licinius (313).
 
Die christliche Tradition hat Konstantins Sieg über Maxentius mit der Bekehrung des Kaisers zum christlichen Glauben verknüpft. Vom Christengott soll er vor dem Kampf ein siegverheißendes Zeichen erhalten haben. Tatsächlich hat Konstantin seit 312 die Kirche mit Schenkungen bedacht, ihr Privilegien eingeräumt und sie so auf vielfältige Weise begünstigt. Im Jahre 313 einigten sich Konstantin und Licinius in Mailand darauf, das zwei Jahre zuvor von Galerius erlassene Toleranzedikt, mit dem die von Diokletian initiierte Christenverfolgung offiziell beendet wurde, zu erneuern. Fortan genoss das Christentum reichsweit Religionsfreiheit. Konstantin sollte die in Mailand vereinbarte Religionspolitik im Westen, Licinius im Osten realisieren. Konflikte zwischen den Augusti waren unvermeidlich. Zehn Jahre lang setzten sie sich mit wechselndem Erfolg auf dem Balkan auseinander. Den Anlass zur direkten und offenen Konfrontation bot die Wiederaufnahme gezielt antichristlicher Politik unter Licinius. Im Herbst 324 siegte Konstantin über ihn; der Augustus des Ostens wurde hingerichtet.
 
Als Alleinherrscher hat Konstantin das diokletianische System des Dominats ausgestaltet. Der kaiserliche Absolutismus wurde gesteigert, das Hofzeremoniell verfeinert. In die Grenzsicherung wurden zunehmend auf römischem Reichsgebiet angesiedelte germanische Stämme eingebunden. Finanzpolitisch sollte sich die Einführung des Solidus günstig auswirken. Die Wertbeständigkeit dieser Goldmünze bekämpfte die ständige Inflationsgefahr. Staatliche Zwangsmaßnahmen kennzeichnen das Wirtschaftsleben in konstantinischer Zeit. Als folgenreich erwies sich der Ausbau des alten Byzantium zur kaiserlichen Metropole in den Jahren seit 325. Das »Neue Rom«, das den Namen Konstantinopel erhielt, wurde 330 eingeweiht.
 
Konstantin gewährte in seiner Eigenschaft als Alleinherrscher Christen und Heiden Religionsfreiheit, fühlte sich freilich dem Christengott besonders verpflichtet. Deshalb griff er auch in die komplizierte theologische Kontroverse ein, die als »arianischer Streit« bezeichnet wird und auf einer ökumenischen Synode zu Nizäa (325) vorläufig entschieden wurde. Konstantin empfing erst auf dem Totenbett 337 die Taufe, er wurde in der Apostelkirche in Konstantinopel beigesetzt. Mit ihm begann nicht nur die Geschichte der staatlichen Duldung des Christentums, sondern ebenso die Geschichte der engen Bindungen von Kirche und Staat. Die »Konstantinische Schenkung« freilich war eine Fälschung, vermutlich aus dem 8. Jahrhundert.
 
II
Kọnstantin
 
[auch -'tiːn], lateinisch Constantinus, griechisch Konstantịnos, Herrscher:
 
 Römisches Reich und Byzantinisches Reich:  
 1) Kọnstantin I., der Große, lateinisch Flavius Valerius Constantinus, römischer Kaiser (306-337), * Naissus (heute Niš) 27. 2. 272 oder 273 (oder um 280 ?),✝ bei Nikomedia 22. 5. 337, Sohn des Kaisers Constantius I. Chlorus und der Helena, Vater von 2); wurde bei der Thronfolgeordnung von 305 übergangen, dann aber nach dem Tod seines Vaters (25. 7. 306) im britannischen Eburacum (York) von den römischen Truppen zum Augustus ausgerufen. Da der ranghöchste Augustus, Galerius, stattdessen Severus und nach dessen Tod 308 Licinius zum Augustus im Westen ernannte und Konstantin nur als Caesar anerkannte, suchte Konstantin in vorübergehender Zusammenarbeit mit Maximian und dessen Sohn Maxentius zunächst seine Herrschaft in Britannien, Gallien und Spanien auszubauen. Nach dem Tod des Galerius (311) wandte er sich im Einvernehmen mit Licinius gegen Maxentius, den er am 28. 10. 312 an der Milvischen Brücke vernichtend schlug. Konstantin, zugleich durch Senatsbeschluss zum ranghöchsten Augustus erhoben, war damit Herr über den Westen geworden, während Licinius nach der Niederwerfung des Maximinus Daia (313) im Osten herrschte. Schon 314 kam es zwischen beiden Kaisern zu einem Krieg, in dem Konstantin nach der Schlacht bei Cibalae (heute Vinkovci, Republik Kroatien) Licinius zur Abtretung der illyrischen Provinzen zwang. In der Folgezeit wurde der Gegensatz durch die religiösen Differenzen vertieft. Während Konstantin seit 312 das Christentum förderte, begünstigte Licinius die alte Religion. Der Krieg von 324 brachte durch die Siege von Adrianopel und Chrysopolis über Licinius (der bald darauf als Staatsfeind hingerichtet wurde) Konstantin die Alleinherrschaft. Er verlegte den Schwerpunkt seiner Herrschaft nach Osten. Das anstelle des alten Byzanz neu gegründete und am 11. 5. 330 eingeweihte Konstantinopel (Constantinopolis) wurde Residenz und als »Neues Rom« mit eigenem Senat zur zweiten Hauptstadt des Reiches ausgebaut.
 
Konstantin hat die Reformen Diokletians weitergeführt und modifiziert, besonders im Hofzeremoniell (Einführung des Diadems) sowie in Heer und Verwaltung (Schaffung des Heermeisteramtes, Beschränkung der Prätorianerpräfekten auf die Zivilverwaltung, Amt des Comes, Förderung des Senatorenstandes; Schaffung der vier Präfekturen Oriens, Illyricum, Italia und Gallia, die in 14 Diözesen und 117 Provinzen unterteilt waren). Durch die neue Goldmünze, den Solidus, sanierte Konstantin die Währung. Die Reichsgrenzen wurden durch erfolgreiche Abwehrkämpfe gegen Franken, Alemannen, Goten und Sarmaten gesichert.
 
Seit der Schlacht an der Milvischen Brücke bekannte sich Konstantin offen zum Gott der Christen; die Taufe empfing er jedoch erst kurz vor seinem Tod. 312 ließ er das Christogramm auf den Schilden der Soldaten, später auch auf einer Standarte, dem Labarum, anbringen. Mit dem 313 erlassenen Toleranzedikt verfügte Konstantin die Restitution des unter Diokletian enteigneten Kirchengutes und die Gleichstellung des Christentums mit der antiken Religion. Sein Bemühen um die kirchliche Einheit, bei dem sich politische und religiöse Motive miteinander verbanden, ließ ihn 313 in den afrikanischen Donatistenstreit (Donatisten) eingreifen. 325 berief er zur Schlichtung des arianischen Streites das Konzil von Nicäa ein, dessen Entscheidungen er wesentlich beeinflusste. Auch durch Steuerbefreiung der Kleriker, Sonntagsheiligung und Kirchenbauten besonders in Rom, Trier und Palästina förderte Konstantin das Christentum. Obwohl die Hinrichtung seines ältesten Sohnes Crispus (aus der Verbindung mit einer Konkubine) und seiner Gattin Fausta (326) einen Schatten auf Konstantin warf, feierte ihn die von dem Kirchenhistoriker Eusebios von Caesarea (* um 263, ✝ 339) begründete christliche Überlieferung als Vorbild des wahren Herrschers. Auf ihn berief sich aber auch der byzantinische Cäsaropapismus. Durch die Beisetzung in der Apostelkirche zu Konstantinopel wurde Konstantin als 13. Apostel geehrt. Er zählt zu den Heiligen der armenischen, griechischen und russischen Kirche (Tag: 21. 5.). - Nach Konstantins Tod wurde das Reich unter seinen Söhnen Konstantin II., Constantius II. und Constans aufgeteilt.
 
 
Literatur:
 
H. Dörries: Das Selbstzeugnis Kaiser K.s (1954);
 H. Dörries: K. d. Gr. (21967);
 H. Kraft: Kaiser K.s religiöse Entwicklung (1955);
 
K. d. Gr., hg. v. H. Kraft: (1974);
 J. Vogt: Constantin d. Gr. u. sein Jh. (Neuausg. 1973);
 P. A. Barceló: Roms auswärtige Beziehungen unter der Constantin. Dynastie, 306-363 (1981);
 T. D. Barnes: Constantine and Eusebius (Cambridge, Mass., 1981);
 T. D. Barnes: The new empire of Diocletian and Constantine (ebd. 1982);
 P. Keresztes: Constantine. A great christian monarch and apostle (Amsterdam 1981);
 D. Kienast in: Roma renascens, hg. v. M. Wissemann (1988);
 B. Bleckmann: K. d. Gr. (1996).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Römisches Kaiserreich
 
Konstantin der Große: Das Christentum auf dem Weg zur Staatsreligion
 
 
 2) Kọnstantin II., lateinisch Flavius Claudius Constantinus, römischer Kaiser (337-340), * Arelate (heute Arles) 316 oder 317, ✝ (gefallen) bei Aquileja 340, Sohn von 1); wurde 317 zum Caesar erhoben und beherrschte seit 337 als ältester Augustus Gallien, Spanien und Britannien. Er fand im Kampf gegen seinen jüngsten Bruder Constans den Tod.
 
 3) Kọnstantin IV. Pogonatos [griechisch »der Bärtige«], byzantinischer Kaiser (668-685), * Konstantinopel 652, ✝ ebenda September 685, Sohn Konstans' II.; im Kampf mit den Arabern (674-678) wehrte er den gezielten Angriff der Flotte des Kalifen Moawija mithilfe des griechischen Feuers ab. Den Einbruch der Protobulgaren unter Khan Asparuch in den bereits von Slawen besiedelten Donauraum und die Gründung des Ersten Bulgarischen Reiches (679) konnte Konstantin nicht aufhalten. Zur Beilegung des Streits um den Monotheletismus berief Konstantin das 6. ökumenische Konzil (3. Konzil von Konstantinopel, 680-681) ein.
 
 4) Kọnstantin VII. Porphyrogẹnnetos [griechisch »der im Purpur Geborene«], byzantinischer Kaiser (913-959), * Konstantinopel 905, ✝ ebenda 9. 11. 959; Mitkaiser seines Schwiegervaters Romanos I. Lakapenos (920-944), war aber bis zu dessen Sturz von den Staatsgeschäften ausgeschlossen. Konstantin erließ Gesetze zum Schutz der Kleinbauern und wehrte Araber und Ungarn ab. An Abd ar-Rahman III. von Córdoba und an König (später Kaiser) Otto I., dem Großen, schickte er Prunkgesandtschaften. Konstantin war Schriftsteller (Werke über das Hofzeremoniell, die Staatsverwaltung und die Themenordnung), Gelehrter und Künstler; seine persönliche Beteiligung als Goldschmied an der Limburger Staurothek ist wahrscheinlich.
 
 5) Kọnstantin IX. Monomạchos [griechisch »der Einzelkämpfer«], byzantinischer Kaiser (1042-55), ✝ Konstantinopel 11. 1. 1055; hoher Beamter und Senator aus adliger Familie, erlangte die Kaiserwürde durch Heirat mit der Kaiserin Zoe. Nach der Niederwerfung von Militäraufständen erwuchsen Konstantin in den Petschenegen und Kumanen im Norden, den Seldschuken im Osten und den Normannen im Westen neue Gegner der byzantinischen Zentralgewalt. Die Regierungsperiode Konstantins war eine kulturelle Blütezeit (Wirken des Philosophen Michael Psellos an der Akademie von Konstantinopel), doch fällt in sie auch das Morgenländische Schisma (Juli 1054).
 
 6) Kọnstantin X. Dukas, byzantinischer Kaiser (1059-67), ✝ im Mai 1067; aus der Adelsfamilie Dukas, kam nach der Abdankung Isaaks I. Komnenos auf den Thron, unterstützt vom hauptstädtischen Klerus und seinem Freund, dem auch politisch einflussreichen Philosophen Michael Psellos. Die Vernachlässigung des Heeres führte unter ihm zu militärischen Erfolgen seiner Gegner, u. a. zur Verwüstung der Balkanhalbinsel durch die Petschenegen (Herbst 1064) und zum Einbruch der Seldschuken, die Armenien und Kilikien besetzten (1064-67).
 
 7) Kọnstantin XI. (Dragases) Palaiologos, letzter byzantinischer Kaiser (1449-53), * Konstantinopel 9. 2. 1404, ✝ (gefallen) ebenda 29. 5. 1453; war 1437-40 als Regent während der Auslandsreisen seines Bruders Johannes VIII. Palaiologos in Konstantinopel, sonst als Despot neben zwei anderen Brüdern in Morea, wo er am 6. 1. 1449 gekrönt wurde. Er fiel im Kampf gegen die eindringenden Türken.
 
 Griechenland:  
 8) Kọnstantin I., König der Hellenen (1913-17, 1920-22), * Athen 2. 8. 1868, ✝ Palermo 11. 1. 1923, Sohn Georgs I., Vater von Georg II., Alexander und Paul, Ȋ seit 1889 mit Prinzessin Sophie von Preußen (* 1870, ✝ 1932); versuchte im Ersten Weltkrieg die Neutralität zu wahren. Im Juni 1917 zwang E. K. Venizelos mithilfe der Ententemächte Konstantin zum Thronverzicht. Nach einer Volksabstimmung seit 1920 wieder König, dankte er 1922 nach der Niederlage seines Landes gegen die Türkei erneut ab.
 
 
 9) Kọnstantin II., König der Hellenen (1964 bis 73/74), * Psychiko (bei Athen) 2. 6. 1940, Sohn König Pauls; bestieg am 6. 3. 1964 den Thron; Ȋ seit dem 18. 9. 1964 mit Anne-Marie, Prinzessin von Dänemark. 1965 geriet er in Konflikt mit Ministerpräsident G. Papandreu. Beim Militärputsch vom 21. 4. 1967 nahm Konstantin eine abwartende Haltung ein. Nach einem von ihm geführten, misslungenen Gegenputsch (Dezember 1967) ging er ins Exil. 1973 rief Ministerpräsident G. Papadopulos die Republik aus (durch Volksabstimmung bestätigt). Nach dem Sturz der Militärdiktatur entschied sich die griechische Bevölkerung am 8. 12. 1974 erneut mehrheitlich gegen die Monarchie.
III
Kọnstantin
 
[auch -'tiːn], lateinisch Constantinus, Päpste:
 
 1) Kọnstantin I. (708-715), ✝ Rom 9. 4. 715; Syrer; regelte mit Kaiser Justinian II. die Beziehungen zu Ostrom. Er reiste selbst (710-711) dorthin und erreichte die Anerkennung der Eingliederung Ravennas in den römischen Patriarchalverband. Theologisch war Konstantin ein Gegner des Monotheletismus, zu dessen Anerkennung ihn gegen die Beschlüsse des 3. Konzils von Konstantinopel (680-681) Philippikos Bardanes zwingen wollte, der nach der Ermordung Justinians II. Kaiser geworden war (711-713).
 
 2) Kọnstantin II., Gegenpapst (767-768); wurde auf gewaltsamen Druck seines Bruders hin, des Herzogs Toto (Theodor) von Nepi, nach dem Tod Pauls I. als Laie ohne Wahlverfahren zum Papst erhoben; suchte vergeblich, von König Pippin III. anerkannt zu werden. Im August 768 wurde Konstantin gefangen genommen, geblendet und in ein Kloster eingewiesen. Papst Stephan III. erklärte 769 seine Weihehandlungen für ungültig.
 

Universal-Lexikon. 2012.