Akademik

Winckelmann
Wịnckelmann,
 
Johann Joachim, Archäologe und Kunstgelehrter, * Stendal 9. 12. 1717, ✝ Triest 8. 6. 1768 (fiel einem Raubmord zum Opfer). Studierte evangelische Theologie, Hebräisch, Griechisch, Geschichte, Recht, Naturwissenschaft und Philologie; war 1748-55 gräflicher Bibliothekar in Nöthnitz (bei Dresden). Winckelmann konvertierte 1754 zum Katholizismus und reiste 1755 mit einem kursächsischen Stipendium nach Rom, 1757/58 war er Bibliothekar des päpstlichen Kardinalstaatssekretärs Alberico Archinto (* 1698, ✝ 1758), 1758 Bibliothekar und Kustos der Antikengalerie des Kardinals A. Albani; 1763 Scriptor der Vatikanischen Bibliothek, 1764 übernahm er die Aufsicht über die Altertümer in und um Rom, Antiquar der Apostolischen Kammer. Mehrere Reisen brachten ihn nach Neapel, Paestum, Herculaneum und Pompeji. - Winckelmann gilt mit seinem Hauptwerk »Geschichte der Kunst des Alterthums« (2 Teile, 1764) als Begründer der wissenschaftlichen Archäologie und der modernen Kunstwissenschaft. Seine ästhetische und stilgeschichtliche Kunstbetrachtung und die leidenschaftliche Beschwörung der griechischen Antike (»Die reinsten Quellen der Kunst sind eröffnet«) hatten bedeutende Wirkung auf das europäische Geistesleben. Winckelmann lenkte den Blick von der römischen auf die griechische Antike, der er »edle Einfalt und stille Größe« zuschrieb, womit er das idealistische Antikebild der deutschen Klassik mit ihrem Schönheitsbegriff und ihrem humanistischen Griechenideal bestimmte. - Winckelmann-Museum in seinem Geburtshaus in Stendal.
 
Weitere Werke: Gedancken über die Nachahmung der Griechischen Wercke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst (1755); Anmerkungen über die Baukunst der Alten (1762); Versuch einer Allegorie, besonders für die Kunst (1766); Monumenti antichi, inediti spiegati ed illustrati, 3 Teile (1767-79).
 
Ausgaben: Sämtliche Werke, herausgegeben von J. Eiselein, 12 Bände und Tafelband (1825-35, Nachdruck 1965); Briefe, herausgegeben von W. Rehm u. a., 4 Bände (1952-57); Kleine Schriften, herausgegeben von W. Rehm (1968); Winckelmanns Werke, herausgegeben von H. Holtzhauer (41986); Schriften und Nachlass, herausgegeben von S.-G. Bruer und M. Kunze, auf mehrere Bände berechnet (1996 folgende).
 
Literatur:
 
C. Justi: W. u. seine Zeitgenossen, 2 Bde. (41943, Nachdr. 1983);
 W. Waetzoldt: J. J. W. Der Begründer der dt. Kunstwiss. (Leipzig 31946);
 N. Himmelmann-Wildschütz: W.s Hermeneutik (1971);
 
J. J. W., 1717-1768, hg. v. T. W. Gaehtgens (1986);
 M. Käfer: W.s hermeneut. Prinzipien (1986);
 W. Leppmann: W. Ein Leben für Apoll (a. d. Amerikan., Neuausg. 1986);
 
W.s Wirkung auf seine Zeit. Lessing - Herder - Heyne, bearb. v. J. Kraefft u. a. (1988);
 
J. J. W., neue Forschungen, bearb. v. M. Kunze u. M. Groß (1990);
 D. Aebli: W.s Entwicklungslogik der Kunst (1991);
 H. Sichtermann: Kulturgesch. der klass. Archäologie (1996).
 

Universal-Lexikon. 2012.