Wye-Abkommen,
Wye-Pakt, [waɪ-, englisch], in Wye Plantation nahe Washington (District of Columbia) unter Vermittlung des amerikanischen Präsidenten B. Clinton sowie des jordanischen Königs Husain II. ausgehandeltes und am 23. 10. 1998 im Weißen Haus in Washington (District of Columbia) von dem israelischen Ministerpräsidenten B. Netanjahu und dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiegebiete J. Arafat unterzeichnetes Interimsabkommen zum weiteren israelischen Truppenrückzug aus dem Westjordanland.
Das Wye-Abkommen beinhaltete vier Kernbestimmungen: 1) die schrittweise, innerhalb von drei Monaten durchzuführende Räumung weiterer 13 % der seit 1967 besetzten Gebiete durch Israel sowie die vollständige Übergabe von 14 % bisher noch gemeinsam verwalteter Gebiete an die Palästinenser; 2) ein beiderseitiges »Sicherheitspaket« (v. a. Zusagen der Palästinenser zur Verfolgung des Terrorismus); 3) Änderung der PLO-Charta (1998 erfolgt); 4) Zusagen Israels zum Ausbau von Handel und Verkehr. Die Umsetzung des Wye-Abkommens erfolgte seitens Israels bis Dezember 1998 nur zu 30 % und wurde Mitte Dezember 1998 trotz erneuter Vermittlungsbemühungen von Präsident Clinton abgebrochen. Israels neuer Ministerpräsident E. Barak (seit 1999) kündigte im Juli 1999 die zügige Verwirklichung des Wye-Abkommens und die Aufnahme von Endstatus-Verhandlungen an.
Nach wochenlangen zähen Verhandlungen unter Vermittlung der USA (Außenministerin M. Albright) unterzeichneten der israelische Ministerpräsident Barak und Arafat am 5. 9. 1999 im Beisein des ägyptischen Präsidenten H. Mubarak sowie des jordanischen Königs Abdullah II. in Scharm esch-Scheich (Ägypten) eine Vereinbarung über die Umsetzung des Wye-Abkommens (auch Wye-Nachfolgeabkommen, Wye-II- beziehungsweise Scharm-esch-Scheich-Memorandum genannt). Das neue Zwischenabkommen sieht vor: 1) Teilabzug israelischer Truppen aus weiteren 11 %des Westjordanlands (in drei Phasen bis Januar 2000; im September 1999 7 % zur zivilen Verwaltung übergeben); 2) Freilassung von 350 palästinensischen Häftlingen aus israelischen Gefängnissen (bis 8. 10. 1999); 3) Baustopp für neue jüdische Siedlungen in Palästinensergebieten; 4) Verzicht der Palästinenser auf einseitige Proklamierung eines Staates (verbindlich bis September 2000 [nicht realisiert]). Im September 1999 übergab die israelische Regierung gemäß dem Abkommen 7 % des bisher israelisch verwalteten Westjordanlandes der palästinensischen Zivilverwaltung. Die Sicherheitskontrolle über die etwa 400 km2 zumeist unbewohnter Gebiete verbleibt jedoch in israelischer Hand. Eine weitere Übergabe erfolgte im Januar 2000.
Universal-Lexikon. 2012.