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Induktion
Verallgemeinerung

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In|duk|ti|on 〈f. 20
1. 〈Philos.〉 Schlussfolgerung vom Besonderen, vom Einzelfall, auf das Allgemeine; Sy Epagoge; Ggs Deduktion
2. 〈El.〉 die Verknüpfung zeitlich veränderlicher elektrischer u. magnet. Felder, die durch die relative Bewegung eines elektrischen Leiters in einem Magnetfeld od. durch die zeitliche Änderung des Magnetfeldes entstehen
● vollständige \Induktion 〈Math.〉 Schluss von n auf n + 1; ist eine Behauptung, in der eine veränderl. positive ganze Zahl n vorkommt, für einen bestimmten Wert n0 richtig u. gilt sie, falls für n, auch für n + 1, so ist sie auch für alle größeren Werte von n als n0 richtig [<lat. inductio „das Hineinführen“ zu inducere „hineinführen“]

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In|duk|ti|on [lat. inductio = Hineinleiten, Einführung, Herbeiführung]:
1) in der Physik die Erzeugung einer elektr. Spannung durch ein Magnetfeld bzw. der umgekehrte Prozess (elektromagnetische I.). Als magnetische I. oder Flussdichte (B) definiert man das Produkt B = μ H aus magnetischer Feldstärke (H) u. Permeabilität (μ);
2) in Chemie u. Biochemie das Herbeiführen eines Zustands oder das Ingangsetzen eines Prozesses ( induziert) aufgrund der Einwirkung von Stoffen (Induktoren) oder als Folge chemischer Reaktionen. Dementspr. spricht man z. B. von der I. der Enzymsynthese durch Effektoren (Enzyminduktion), von der Induktionskraft (Debye-Kraft) als zwischenmol. Kraft u. vom induktiven Effekt oder Induktionseffekt ( I-Effekt).

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In|duk|ti|on, die; -, -en [lat. inductio = das Hineinführen, zu: inducere, induzieren]:
1. (bildungsspr.) wissenschaftliche Methode, vom besonderen Einzelfall auf das Allgemeine, Gesetzmäßige zu schließen:
vollständige I. (Math.; Beweisverfahren zum Nachweis der Allgemeingültigkeit eines Satzes, der nach seiner Form schon bekannt u. an eine unbestimmte Zahl n gebunden ist).
2. (Elektrot.) Erzeugung elektrischer Ströme u. Spannungen in elektrischen Leitern durch bewegte Magnetfelder.
3. (Biol.) von einem bestimmten Keimteil ausgehende Wirkung, die einen anderen Teil des Keims zu bestimmten Entwicklungsvorgängen zwingt.

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I
Induktion
 
[engl. induction] (elektromagnetische Induktion), die Erzeugung von elektrischen Spannungen durch die Veränderung eines Magnetfelds. Befindet sich eine Leiterschleife in einem Magnetfeld, dessen Größe geändert wird, so tritt an den Enden der Leiterschleife ein Spannungsstoß bzw. bei kurzgeschlossener Leiterschleife ein Stromstoß auf. Auf Induktion beruht beispielsweise die Arbeitsweise eines Transformators, aber auch das Lesen und Beschreiben von Datenträgern.
II
Induktion
 
[lateinisch »das Hineinführen«] die, -/-en,  
 1) Biologie: 1) in der Entwicklungsphysiologie die Auslösung eines Entwicklungsvorgangs an einem Teil eines Organismus durch einen anderen Teil im Verlauf der Individualentwicklung; 2) in der Molekularbiologie bezeichnet Induktion die Auslösung oder Hemmung der Synthese eines Proteins (z. B. Enzym) durch Regulation der Genexpression (Enzyminduktion); 3) in der Virologie beschreibt die Induktion eines Prophagen dessen Aktivierung im Wirtsgenom, aus dem er durch spezielle Enzyme »herausgeschnitten« wird, und seinen Eintritt in den lytischen (infektiösen) Zyklus als Ergebnis der Zerstörung eines lysogenen Repressors.
 
 2) Logik: das (nichtlogische) Schließen von mehreren Einzelbeobachtungen (dem Besonderen) auf einen allgemeinen Sachverhalt. Um den Unterschied zur vollständigen Induktion der Mathematik zu betonen, spricht man auch von unvollständiger oder von enumerierter Induktion. Das Verfahren der Induktion ist für die Erfahrungswissenschaften unverzichtbar. D. Hume hat die mit der Induktion verbundene Problematik als Erster deutlich aufgezeigt. Er behauptete, die Induktion sei bloß Ausdruck der Gewohnheit und lasse keine tiefere Rechtfertigung zu. Aus der Tatsache, dass sich der Stein bei Sonneneinstrahlung immer wieder erwärmt, schließen wir, dass dies immer der Fall sein wird. Dabei unterstellen wir ein kausales Bedingungsverhältnis zwischen Sonneneinstrahlung und Erwärmung (Kausalität).
 
Nach Humes Kritik an Induktion und Kausalität wurden verschiedene Lösungen vorgeschlagen. So hat I. Kant die Kausalität als Kategorie bezeichnet, also als ein Verstandesschema, das den Umgang mit Beobachtungen erst ermöglicht und dem somit eine Geltung a priori zukommt. In der Wissenschaftstheorie der Gegenwart gibt es zwei Hauptpositionen zum Induktionsproblem: den Induktivismus und den Deduktivismus. Der Induktivismus, dessen bekanntester Vertreter R. Carnap sein dürfte, versucht mithilfe von wahrscheinlichkeitstheoretischen Vorstellungen das Verfahren der Induktion zu präzisieren und zu begründen. Ziel ist dabei die Entwicklung einer induktiven Logik, die Richtlinien zur sachgemäßen Verwendung der Induktion an die Hand gibt. Die Grundidee des Induktivismus ist, dass die wiederholte Beobachtung eines Sachverhaltes die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die entsprechende allgemeine Behauptung wahr ist.
 
Der Deduktivismus geht dagegen davon aus, dass allgemeine Sätze nicht bestätigt, sondern nur widerlegt werden können (Falsifikation). Eine Hypothese, die viele Widerlegungsversuche überstanden hat, heißt bewährt. Besonders bewährte Hypothesen werden als Gesetze akzeptiert. Prinzipiell ist es jedoch nie auszuschließen, dass auch Gesetze einmal falsifiziert werden könnten. Der Deduktivismus wird vom kritischen Rationalismus (u. a. von K. R. Popper) vertreten.
 
In den letzten Jahrzehnten erhielt das Problem der Induktion neue Aspekte durch die Entdeckung »zerrütteter Prädikate« (Prädikate, bei denen ein und dieselbe Erfahrung zwei widersprüchliche Hypothesen stützt; N. Goodman, 1954), da bei diesen die gewöhnliche Induktion versagt. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die bislang nur künstlich eingeführten zerrütteten Prädikate auch in der Wissenschaftspraxis auftreten können.
 
Literatur:
 
R. Carnap: Einf. in die Philosophie der Naturwiss. (a. d. Amerikan., 1969);
 W. Stegmüller: Das Problem der I. Humes Herausforderung u. moderne Antworten (1975, Nachdr. 1986);
 E. Ströker: Einf. in die Wiss.-Theorie (31987).
 
 3) Mathematik: vollständige Induktion, Beweisverfahren für Aussagen A (n), die für alle natürlichen Zahlen n oder für alle natürlichen Zahlen n ab einer bestimmten natürlichen Zahl b gelten sollen. Man geht folgendermaßen vor: Man beweist, dass A (1) beziehungsweise A (b) wahr ist (Induktionsanfang) und dass aus der Wahrheit von A (n) stets die Wahrheit von A (n + 1) folgt (Induktionsschritt, Induktionsschluss). Dann ist nämlich A (n) für alle natürlichen Zahlen n wahr: A (1) wahr ⇒ A (2) wahr ⇒ A (3) wahr. .. beziehungsweise A (b) wahr ⇒ A (b + 1) wahr ⇒ A (b + 2) wahr. .. Statt »Beweis durch vollständige Induktion« sagt man auch kurz »Schluss von n auf n + 1«.
 
Beispiel: Die Ungleichung 2n + 1 n2 gilt für alle n ≧ 3.
 
1) Induktionsanfang: 2 · 3 + 1 32 ist richtig.
 
2) Induktionsschritt: Aus 2n + 1 n2 folgt 2(n + 1) + 1
 
= (2n + 1) + 2 n2 + 2 n2 + 2n + 1 = (n + 1)2. Somit gilt 2(n + 1) + 1 (n + 1)2, womit insgesamt die Aussage bewiesen wäre.
 
 4) Physik: 1) elektromagnetische Induktion, die von M. Faraday entdeckte Verkettung zeitlich veränderlicher elektrischer und magnetischer Felder (Induktionsgesetz), deren Größe und Richtung in Abhängigkeit von den Koordinaten des Raumes und der Zeit durch die maxwellschen Gleichungen und die vorgegebenen Randbedingungen bestimmt wird. Ein wesentlicher Aspekt der Induktion ist die Umwandlung magnetischer Feldenergie in elektrische Energie und umgekehrt. Sowohl die Erzeugung, die Ausbreitung und der Empfang hochfrequenter Felder (Funktechnik) als auch die Funktionsweise elektrischer Maschinen (z. B. Generator und Elektromotor) beruhen auf der Induktion. Der für die Funktion der elektrischen Maschinen fundamentale Effekt ist die Induzierung einer elektrischen Spannung (elektromotorische Kraft) in einer Leiterschleife durch Änderung des diese Schleife durchsetzenden magnetischen Flusses. Auf der Induktion beruhen auch die Induktivität einer Spule und die Gegeninduktivität bei induktiver Kopplung. Ferner werden unter Induktion auch mit der Lorentz-Kraft zusammenhängende Phänomene und Prinzipien verstanden, deren Aufklärung ebenfalls auf Faraday zurückgeht. Hierzu zählen insbesondere die Unipolarinduktion, Unipolarmaschinen, Wirbelstromeffekte und der auf Wirbelströmen beruhende Skineffekt; 2) magnetische Induktion, die magnetische Flussdichte.
 
 

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In|duk|ti|on, die; -, -en [lat. inductio = das Hineinführen, zu: inducere, ↑induzieren]: 1. (bildungsspr.) wissenschaftliche Methode, vom besonderen Einzelfall auf das Allgemeine, Gesetzmäßige zu schließen: vollständige I. (Math.; Beweisverfahren zum Nachweis der Allgemeingültigkeit eines Satzes, der nach seiner Form schon bekannt u. an eine unbestimmte Zahl n gebunden ist); Damit ist die Ableitungsformel für die Potenzfunktionen mit natürlichen Exponenten durch vollständige I. bewiesen (Mathematik II, 14). 2. (Elektrot.) Erzeugung elektrischer Ströme u. Spannungen in elektrischen Leitern durch bewegte Magnetfelder; Gegenspannung. 3. (Biol.) von einem bestimmten Keimteil ausgehende Wirkung, die einen anderen Teil des Keims zu bestimmten Entwicklungsvorgängen zwingt.

Universal-Lexikon. 2012.