Jụng|tür|ken 〈Pl.〉 aus literar.-sprachl. Reformbestrebungen (Unabhängigkeit der türk. Sprache u. Literatur vom Persischen u. Arabischen) hervorgegangene, 1876 gegründete Partei, die eine konstitutionelle Verfassung anstrebte, 1908-1918 Regierungspartei
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Jungtürken,
türkisch Genç Türkler [gɛntʃ-], Jön Türkler, nationaltürkische Reformpartei, die 1889 - Vorläufer waren schon 1876 aufgetreten - als der Geheimbund »Einheit und Fortschritt« gegründet wurde. Nach einem fehlgeschlagenen Attentat auf den Sultan (1892) und der danach einsetzenden Verfolgung der Jungtürken gingen viele von ihnen in die Emigration (v. a. nach Kairo, Paris, London und Genf), wo ihre Bewegung in mehrere rivalisierende Fraktionen zerfiel. Seit 1906 gewannen sie besonders von Saloniki aus Einfluss auf das türkische Offizierskorps, auf ihrem Pariser Kongress von 1907 einigten sie sich auf ein einheitliches Reformprogramm (Wiederherstellung der Verfassung von 1876, die Einberufung eines Parlaments, konstitutionelle Beschränkung der Sultansmacht, Propagierung des »Osmanismus« im Sinne einer alle ethnischen und religiösen Unterschiede aufhebenden »einheitlichen osmanischen Nation«). Die Revolution der Jungtürken von 1908/09 beendete das autokratische Regime Sultan Abd ül-Hamids II. Nachdem die Jungtürken 1909-12 die Regierung gestellt hatten (Scheitern der Staatsdoktrin des »Osmanismus« mit den albanischen Aufständen 1909/10-12, Verlust großer Teile Libyens und des Dodekanes im Italienisch-Türkischen Krieg 1911/12), gewannen sie durch einen Staatsstreich 1913 erneut die Macht im Osmanischen Reich und behaupteten sie bis 1918 unter ihren Führern Enver Pascha, Djemal Pascha und Talat Pascha. Zu den politischen Zielen ihrer nunmehr diktatorischen und zentralistischen Regierung gehörte ein umfangreiches Reformwerk westeuropäischer Prägung, doch auch die Türkisierung aller Nationalitäten des Osmanischen Reiches. Die Jungtürken, die am 2. 8. 1914 ein geheimes Militärabkommen mit Deutschland geschlossen hatten, führten das Osmanische Reich an der Seite der Mittelmächte im Oktober 1914 in den Ersten Weltkrieg; sie waren verantwortlich für den Völkermord an den Armeniern (1915/16). Die türkische Kriegsniederlage führte zum Machtverlust der Jungtürken (im Oktober 1918 Rücktritt der jungtürkischen Regierung, Anfang November 1918 Emigration ihrer Führer ins Ausland).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Osmanisches Reich: 1856 bis 1918
Universal-Lexikon. 2012.