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Nativismus
Na|ti|vis|mus 〈[ -vı̣s-] m.; -; unz.〉 psycholog. Lehre, dass bestimmte Denk- u. Handlungsweisen eines Menschen od. Volkes angeboren sind [neulat.; zu lat. nativus „angeboren, durch Geburt entstanden“]

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Na|ti|vịs|mus, der; -:
1. (Psychol.) Theorie, nach der dem Menschen bestimmte Vorstellungen, Begriffe, Grundeinsichten (z. B. Raum- u. Zeitvorstellungen) angeboren sind.
2. (Völkerkunde) betontes Festhalten an bestimmten Elementen der eigenen Kultur infolge ihrer Bedrohung durch eine überlegene fremde Kultur.

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Nativịsmus
 
[zu lateinisch nativus »angeboren«] der, -,  
 1) Psychologie: erkenntnistheoretische Position, der zufolge bestimmte Fähigkeiten oder Vorstellungen (z. B. die Raum- und Zeitvorstellung) angeboren sind. Der Nativismus steht als psychologische beziehungsweise verhaltenswissenschaftliche Lehre im Gegensatz zum Empirismus, als anthropologische Entwicklungstheorie (milieutheoretischer Pessimismus) im Gegensatz zur Milieutheorie (Milieu).
 
 2) Völkerkunde, Religionssoziologie: Bezeichnung für das betonte Festhalten an (oder das Wiederbeleben von) bestimmten Elementen der eigenen Kultur infolge ihrer Bedrohung durch eine überlegene Fremdkultur. Sozialpsychologisch kann ein solcher Rückgriff auf überlieferte Glaubensvorstellungen und soziale Institutionen als Versuch gesehen werden, ein »erschüttertes Gruppen-Selbstgefühl« (W. E. Mühlmann) wiederherzustellen; mit neuen Inhalten gefüllt, werden sie zu Symbolen der ethnischen Identität und des Widerstands gegenüber einer Fremdherrschaft.
 
Nativistische Bewegungen sind seit dem Beginn der europäischen Kolonisation bei den Völkern Amerikas, Afrikas und Ozeaniens in Reaktion auf die Überfremdung ihrer traditionellen Lebensformen und auf die drohende Zerstörung ihrer ökonomischen Subsistenzgrundlagen entstanden. Verbunden mit chiliastischen und messianischen Momenten, wurden sie meist von prophetischen Führern ins Leben gerufen und organisiert. Bereits die seit dem 16. Jahrhundert überlieferte Suche der Guaraní nach einem »Land ohne Übel« weist nativistische Züge auf. Zum Nativismus zählen auch die Geistertanzbewegung der Prärie- und Plains-Indianer, die Cargo-Kulte im melanesischen Inselraum sowie die synkretistischen Religionen und Kirchen, die besonders in Afrika entstanden (unabhängige Kirchen). Teils in Sektenbildung, teils in politischen Unabhängigkeitsbewegungen mündend (Mau-Mau-Aufstand), lassen sich in nativistischen Bewegungen religiöse Frühformen antikolonialen Widerstands erkennen.
 
In den USA kam es im Laufe des 19. Jahrhunderts im Zuge der Masseneinwanderung aus Europa zu fremdenfeindlichen Bewegungen. Zum Teil gewalttätig agierend, beruhten sie vom Beginn der 1830er-Jahre bis zum Vorabend des Bürgerkriegs stark auf antikatholische Tendenzen (irische Einwanderung) und seit etwa 1880 auf dem zunehmenden Widerstand gegen die »neue Einwanderung« aus Ost- und Südeuropa (1887 »American Protective Association«) sowie, v. a. im Westen der USA, gegen die Einwanderung aus Asien. Nach dem Ersten Weltkrieg fanden die Bemühungen nativistischer Gruppierungen u. a. in Einwanderungsbeschränkungen (Quotensystem) ihren Niederschlag.
 
Literatur:
 
V. Lanternari: Religiöse Freiheits- u. Heilsbewegungen unterdrückter Völker (a. d. Ital., Neuausg. 1968);
 T. J. Curran: Xenophobia and immigration, 1820-1930 (Boston, Mass., 1975);
 G. Elwert: Nationalismus u. Ethnizität. Über die Bildung von Wir-Gruppen (1989);
 J. Higham: Strangers in the land (Neudr. New Brunswick, N. J., 1994).
 

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Na|ti|vịs|mus, der; -: 1. (Psych.) Theorie, nach der dem Menschen bestimmte Vorstellungen, Begriffe, Grundeinsichten (z. B. Raum- u. Zeitvorstellungen) angeboren sind. 2. (Völkerk.) betontes Festhalten an bestimmten Elementen der eigenen Kultur infolge ihrer Bedrohung durch eine überlegene fremde Kultur.

Universal-Lexikon. 2012.