Prärie- und Plains-Indianer
[-pleɪnz-], die auf den ausgedehnten Grasländern zwischen Mississippi/Missouri und den Rocky Mountains lebenden, verschiedenen Sprachgruppen angehörenden Indianer Nordamerikas; im populären Sprachgebrauch in Deutschland als Prärie-Indianer, in Nordamerika als Plains-Indianer bezeichnet. Die Prärie, im Osten mit fruchtbaren Schwarzerdeböden, wurde v. a. in den Flusstälern von sesshaften Stämmen (Anbau von Mais, Bohnen, Kürbis) bewohnt: aus der Sioux-Sprachfamilie die Östlichen (Santee) und Zentralen (Yankton, Yanktonai) Sioux, die Omaha, Ponca, Iowa, Mandan, Hidatsa, Osage, Missouri, Oto, Kansa, Quapaw; mit Caddo-Sprachen die Arikara, Pawnee, Wichita und Caddo. Die westlich gelegenen, nicht für den Feldbau geeigneten Great Plains wurden in größerem Umfang erst mit der Intensivierung der Bisonjagd besiedelt, die nach der Übernahme des Pferdes von den Spaniern möglich geworden war. Auch Stämme aus benachbarten Gebieten, z. B. dem intermontanen Bereich oder dem Mittelwesten, zogen nun in die Great Plains, wo sich im 18. Jahrhundert die Kultur der Bisonjäger (Reiterkrieger) zu entfalten begann; Hauptgruppen sind die Westlichen Sioux (Teton-Lakota), die Assiniboin, Crow, Blackfoot, Arapaho, Cheyenne, Comanchen, Wind River Shoshone, Sarsi, Kiowa und Kiowa-Apachen. Das neue, sehr dynamische Kulturmuster erfasste auch alle in der Prärie lebenden Feldbauern, sodass im 19. Jahrhundert eine weitgehend homogene Kultur entstand. Zunehmend wurden auch Randgruppen in den östlichen Rocky Mountains beeinflusst (Flathead, Kutenai, Nördlich Shoshone, Ute).
Die sesshaften Präriestämme wohnten in festen Häusern aus Balken mit Erd- und Grasbedeckung. Es gab ein erbliches Häuptlingstum, Medizinmannwesen mit Geheimbünden und Priesterschaft (v. a. bei den Pawnee). Die nichtsesshaften Bisonjäger der Great Plains lebten in Tipis; ihre lockere Stammesorganisation baute auf kleinen Jagdgruppen auf, daneben gab es oft Männer- und Frauenbünde sowie Altersklassen. Nahrung, Kleidung, Unterkunft und viele Werkzeuge lieferten Bisons u. a. Jagdtiere. Auf dem Höhepunkt ihrer Kulturentfaltung waren lederne Kleidung, Zelte, Hausrat und Waffen reich mit gefärbten Stachelschweinborsten (nach 1800 auch farbigen Glasperlen) verziert. Kopfschmuck aus Federn war Ausdruck von Kriegsleistungen und der Mitgliedschaft in Kriegerbünden, deren höchstes Rangabzeichen die Adlerfederhaube mit Rückenschleppe bildete. Waffen waren Keulen, Pfeil und Bogen sowie Lanzen, später auch Gewehre, Tomahawk und bemalter Rundschild. In der Religion hatten Visionen und Glaube an Schutzgeister große Bedeutung (Medizinbündel); zeremonielles Rauchen aus Tabakspfeifen mit steinernen Köpfen diente dem Umgang mit dem Übernatürlichen. Wichtigstes Ritual war der Sonnentanz. Individualismus, kriegerisches Verhalten und das Bewusstsein der Abhängigkeit von der beseelten Natur prägten das Persönlichkeitsbild des Plains-Indianers ebenso wie institutionalisierte Formen der Gastfreundschaft und Großzügigkeit.
Mit der Ausrottung der riesigen Bisonherden durch Jäger und Siedler in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts brach die Plainskultur rasch zusammen. Eingeschleppte Krankheiten (Pocken, Masern) und harte Kämpfe gegen die vordringenden Weißen, v. a. unter Führern wie Crazy Horse, Red Cloud und Sitting Bull (Niederlage einer Kavallerieeinheit am Little Bighorn River 1876) bis zum Massaker von Wounded Knee (1890; Geistertanzbewegung), dezimierten die P.- und P.-I. Landabtretungen reduzierten den Lebensraum auf Reservationen, die Stämme gerieten in die Abhängigkeit staatlicher Fürsorge. Die Sinnkrise der traditionellen Religionen führte gegen Ende des 19. Jahrhunderts zur Verbreitung des Peyotekults.
Seit den 1960er-Jahren ist ein Streben nach kultureller Erneuerung bemerkbar (Wiederaufleben des Sonnentanzes, Gründung neuer Schulformen mit auf die eigene Kultur bezogenen Inhalten sowie Forderungen nach Rückerstattung von Land, z. B. Black Hills in South Dakota).
H. Hartmann: Die Plains- u. Prärieindianer Nordamerikas (21979);
Universal-Lexikon. 2012.