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Se|quẹnz 〈f. 20〉
1. Reihe, Folge
2. 〈in der mittelalterl. Liturgie〉 eingefügter, hymnusähnl. Gesang
3. 〈Mus.〉 auf anderer Tonstufe wiederholte kleine Tonfolge
4. 〈Film〉 Reihe von Einstellungen, die im Handlungsablauf unmittelbar aufeinanderfolgen
5. 〈Kart.〉 mindestens drei aufeinanderfolgende Karten gleicher Farbe
6. 〈Biochem.〉 Aufeinanderfolge (von Nukleotiden in einer Nukleinsäure od. von Nukleinsäuren in einem Protein)
7. 〈EDV〉 Reihenfolge, Befehlsfolge
[zu lat. sequentia]
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Se|quẹnz [slat. sequentia = Reihenfolge (sequi = folgen, an die Reihe kommen)], die; -, -en: in Chemie u. Biochemie:
1) die Aufeinanderfolge molekularer Bausteine in Kettenmolekülen u. Ringsequenzen oder in biol. Makromolekülen, z. B. die S. der Aminosäuren in Proteinen, der Nukleotide in Nukleinsäuren oder der Monosaccharide in Kohlenhydraten;
2) die Folge gleichartiger Schritte, Prozesse oder Maßnahmen, z. B. Reaktionssequenzen in Sukzessivreaktionen u. Propagationsreaktionen etc.
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Se|quẹnz, die; -, -en [spätlat. sequentia = (Reihen)folge, zu lat. sequens (Gen.: sequentis), 1. Part. von: sequi = folgen]:
1. (bildungsspr., Fachspr.) Reihe[n]folge, Aufeinanderfolge von etw. Gleichartigem.
2. (Musik) Wiederholung eines musikalischen Motivs auf höherer od. tieferer Tonstufe:
eine S. über die ganze Tastatur.
3. (Musik) hymnusartiger Gesang in der mittelalterlichen Liturgie.
4. (Film) aus einer unmittelbaren Folge von Einstellungen gestaltete, kleinere filmische Einheit.
5. (Kartenspiele) Serie aufeinanderfolgender Karten.
6. (EDV) Folge von Befehlen od. von hintereinander gespeicherten Daten.
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I Sequẹnz
1) Biochemie, Chemie: die Aufeinanderfolge der zahlreichen gleichartigen Bausteine besonders in biologischen Makromolekülen, z. B. die Aminosäuresequenz in Proteinmolekülen und die Nukleotidsequenz in Nukleinsäuremolekülen.
2) Film: Folge von Bildeinstellungen, ohne dass der Handlungsablauf unterbrochen wird.
3) Kartenspiel: Folge, eine Reihe von drei oder mehr im Wert aufeinander folgenden Karten gleicher Farbe (z. B. bei Pikett); auch die aufeinander folgenden Augen beim Würfelspiel.
4) lateinische Liturgie: für das Mittelalter charakteristische Dichtungsgattung, ein Sonderfall des Tropus. Sie wurde vermutlich in der 1. Hälfte des 9. Jahrhunderts im Norden des Westfränkischen Reiches ausgebildet, um in der Messliturgie der komplizierten Notenfolge über dem auslautenden »a« des auf das Graduale 1) folgenden Alleluja (Halleluja) einen Text zu unterlegen, zunächst in ungebundener Form (deshalb auch »prosa« genannt). Im Unterschied zum Hymnus (Hymne), in dessen Bau jede Strophe der anderen gleicht und dieselbe Melodie besitzt, stimmt bei der Sequenz nur je ein Strophenpaar in Vers- und Silbenzahl sowie in der Melodie überein; die erste und letzte Strophe können ohne Entsprechung bleiben (Schema: a bb cc dd usw.). In der Gestaltung der Strophenpaare war der Dichter von Sequenzen an kein vorgegebenes Versmaß gebunden. Zwei Halbchöre trugen die einander entsprechenden Strophen im Wechsel vor, um sich zu Anfangs- und Schlussstrophe zu vereinigen. Die ganz unantike Formungsart der Sequenz, die schließlich auch für weltliche Stoffe verwendet wurde (Carmina Cantabrigiensia), konnte für jedes Gedicht in besonderer Weise abgewandelt werden und wirkte vermutlich auch auf die volkssprachigen Literaturen (mittelhochdeutsch Leich, altfranzösisch Lai).
Im Bemühen um die Einheit von Wort und Melodie führte Notker Balbulus von Sankt Gallen in seinem »Liber Ymnorum« (um 884) die Sequenz, über deren Entstehung er im Vorwort wichtige Hinweise gibt, zu hoher künstlerischen Vollendung. Besonders in Süddeutschland fand er zunächst viele Nachfolger; zu nennen ist v. a. Hermann von Reichenau. In der weiteren Entwicklung wurden die Zeilen in Angleichung an die Hymnenform völlig durchrhythmisiert zum regelmäßigen Wechsel einsilbiger Hebung und Senkung hin und mit Endreim versehen. Im Übergang zu dieser Form wurde beides erst zum Teil erreicht, so in Wipos dramatisch gestalteter Ostersequenz »Victimae paschali laudes«. Als Vollender der jüngeren Sequenzform gilt Adam von Sankt Viktor. Über 4 000 Sequenzen sind aus dem Mittelalter überliefert; 1570 beschränkte Papst Pius V. ihre Zahl in der Messe auf vier. Seit 1970 sind nur noch Oster- und Pfingstsequenz verbindlich; fakultativ sind die Sequenzen zu Fronleichnam und zum Fest »Gedächtnis der Schmerzen Mariä«.
H. Husmann: Tropen- u. S.-Handschriften (1964);
A. Haug: Gesungene u. schriftlich dargestellte S. Beobachtungen zum Schriftbild der ältesten ostfränk. S.-Handschriften (1987);
5) Musik: die auf- oder absteigende Wiederholung einer Ton- oder Harmoniefolge auf verschiedenen Tonstufen. Sie ist in fast allen Epochen der Musikgeschichte wie auch in außereuropäischen Musik und v. a. in der Unterhaltungsmusik ein allgemein angewendetes melodie- und satzbildendes Element, besonders in der Musik des Barock und der Klassik, wurde aber bereits im 18. Jahrhundert bei missbräuchlicher Verwendung (zu häufige Wiederholung) mit Spottnamen (Rosalie, Schusterfleck, Vetter Michel) bedacht.
6) Nachrichtentechnik: Bezeichnung für den halben Mittelwert der Nulldurchgänge pro Sekunde bei der Darstellung von Nachrichtensignalen durch ein vollständiges System orthogonaler Funktionen. Nur bei der Darstellung durch Winkelfunktionen stimmt die Sequenz mit der Frequenz überein. Die Sequenz ist eine charakteristische Größe bei der Darstellung und Analyse von Nachrichtensignalen.
II
Sequenz
[lateinisch, sequentia = »Folge«], (zum Teil mehrfache) Wiederholung einer melodischen Figur oder einer harmonischen Folge beziehungsweise eines Motivs auf einer anderen (höheren oder tieferen) Tonstufe; ein häufig anzutreffendes Formungsprinzip in allen Bereichen der populären Musik, besonders im Schlager und in der Folklore.
»The Drunken Sailor« (Shanty)
»Lady Jane« (Mick Jagger/Keith Richard, 1966) rhythmisch veränderte (r) und harmonisch angepasste (h) Sequenz
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Se|quẹnz, die; -, -en [spätlat. sequentia = (Reihen)folge, zu lat. sequens (Gen.: sequentis), 1. Part. von: sequi = folgen]: 1. (Fachspr., bildungsspr.) Reihe[n]folge, Aufeinanderfolge von etw. Gleichartigem: die S. der Aminosäuren in einem Proteinmolekül; Das Lebewesen merkt sich die günstigste S. der Ereignisse (Wieser, Organismen 30). 2. (Musik) Wiederholung eines musikalischen Motivs auf höherer od. tieferer Tonstufe: -en über die ganze Tastatur, mal mit der Linken, mal mit der Rechten (Kempowski, Tadellöser 137). 3. (Musik) hymnusartiger Gesang in der mittelalterlichen Liturgie. 4. (Film) aus einer unmittelbaren Folge von Einstellungen gestaltete, kleinere filmische Einheit: die S. der im Fluss dahintreibenden toten Partisanen (Gregor, Film 23); Den männlichen Partner für die in Brasilien gedrehten -en spielt der brasilianische Theater- und Filmschauspieler (MM 22./23. 3. 69, 67). 5. (Kartenspiel) Serie aufeinander folgender Karten [gleicher Farbe]. 6. (EDV) Folge von Befehlen od. von hintereinander gespeicherten Daten.
Universal-Lexikon. 2012.