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Katalonien
Ka|ta|lo|ni|en; -s:
1. autonome Region in Nordostspanien.
2. historische Provinz in Nordostspanien.

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Kataloni|en,
 
katalanisch Catalunya [kətə'luɲə], spanisch Cataluña [kata'luɲa], autonome Region in Nordostspanien, umfasst die Provinz Gerona (katalanisch Girona), einschließlich der spanischen Exklave Llívia in den Pyrenäen, Lérida (katalanisch Lleida), Barcelona und Tarragona mit insgesamt 31 930 km2 und 6,15 Mio. Einwohnern.In historischer und sprachlicher (katalanische Sprache und Literatur) Hinsicht geht Katalonien über seine heutigen Grenzen hinaus.
 
Katalonien hat Anteil an den östlichen Pyrenäen (Puigmal 2 913 m über dem Meeresspiegel), am Ebrobecken im Flussbereich des Segre, am Katalonischen Randgebirge (Sistema Mediterrani), das durch das in Becken gegliederte Katalonische Längstal in eine höhere Binnenkette (Montseny 1 741 m über dem Meeresspiegel, Montserrat 1 241 m über dem Meeresspiegel, Montsant 1 071 m über dem Meeresspiegel) und eine niedrigere Küstenkette geteilt ist, sowie an der Mittelmeerküste (Costa Brava, Costa Dorada). Das Katalonische Randgebirge wird u. a. von den Flüssen Ter, Llobregat und Ebro in zum Teil engfelsigen Tälern durchbrochen; Stein- und Korkeichenwälder, in den Becken Anbau von Getreide und Frühkartoffeln. Der katalanische Teil des Ebrobeckens ist trocken (400 mm Jahresniederschlag) und teilweise steppenhaft, im übrigen Katalonien fallen höhere Niederschläge (800-1 200 mm). Klein- und Mittelbesitz sind vorherrschend; verbreitet sind Weinbau, Baum- und Strauchkulturen (Oliven, Mandeln, Haselnüsse, Feigen) sowie Bewässerungskulturen (Gemüse, Blumen) an den Flüssen und in der Küstenebene; ausgeprägt sind Schweine-, Rinder- und Geflügelhaltung. An Bodenschätzen werden v. a. Kalisalze gewonnen. Bewohner sind die Katalanen. Die relativ hoch entwickelte Wirtschaft des ältesten Industriegebiets der Iberischen Halbinsel entfaltete sich ab der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts mit der Baumwoll- und Schafwollverarbeitung (nach englischem Vorbild), einheimischem Unternehmensgeist und reger Handelsschifffahrt. Sie ist heute mit den Schwerpunkten Textil-, Chemie-, Druck-/Papier-, Elektro- und Metall verarbeitende Industrie (Rohstoffimport) sowie der Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte ringförmig um Barcelona konzentriert, das auch geistig-kulturelles Zentrum von Katalonien ist. Mit der wirtschaftspolitischen Öffnung Spaniens strömen seit 1959 Fremdkapital und Arbeitskräfte aus allen Teilen des Landes nach Katalonien 1990 waren 3 % der Beschäftigten im primären, 44 % im sekundären und 53 % im tertiären Sektor beschäftigt. Der Tourismus spielt mit mehr als 16 Mio. Besuchern pro Jahr eine wichtige Rolle.
 
Geschichte:
 
Zu dem damals von Iberern besiedelten Gebiet um die Ebromündung unterhielten schon die Phöniker Handelsbeziehungen; später lag das Küstengebiet im Einflussbereich Karthagos. Im Zuge des 2. Punischen Krieges gewann gegen Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. Rom die Vorherrschaft, 19 n. Chr. kam das Land zur römischen Provinz Hispania Tarraconensis, deren Nordosten es bildete. In der Völkerwanderungszeit wurde das Gebiet 409 von den Alanen, 415 von den Westgoten besetzt. Seit 711 eroberten die Araber den Südteil Kataloniens. Karl der Große schuf hier ab 785 (801 Eroberung Barcelonas) als Bollwerk gegen die Araber eine Reihe von Grafschaften (später »Spanische Mark« genannt), die im 9. und 10. Jahrhundert, trotz formal bestehender Lehnsverbindungen zu den fränkischen Königen, immer eigenständiger wurden, bis sich Ende des 10. Jahrhunderts die Grafen des Hauses Barcelona, schon seit dem späten 9. Jahrhundert weitgehend selbstständig, de facto vom westfränkischen Königtum lösten. 1137 wurde die Grafschaft Barcelona durch Heirat mit dem Königreich Aragonien vereinigt. Der katalanisch-aragonesische Doppelstaat (»Krone von Katalonien-Aragonien«) dehnte sich in den folgenden Jahrhunderten stark aus (Aragonien, Geschichte); er wurde seit 1479 (bis 1504) erstmals dynastisch mit Kastilien verbunden, ab 1516 in Personalunion. Die katalanischen politischen Institutionen blieben dabei erhalten. Mitte des 17. Jahrhunderts kam es zu erheblichen Unruhen, die nach französischer Einmischung mit dem Pyrenäenfrieden (1659) den Verlust katalanischer Gebiete an Frankreich (Roussillon, Teile der Cerdagne) brachten. Im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-14) setzten die Katalanen auf den österreichischen (habsburgischen) Thronprätendenten Karl, doch die europäische politische Lage brachte in Madrid den Bourbonen Philipp V. auf den Thron, der am 11. 9. 1714 Barcelona eroberte, die unabhängigen katalanischen Institutionen abschaffte und ein zentralistisches Regime einführte. Im 19. Jahrhundert erwachte ein neues kulturelles und politisches Selbstbewusstsein (»katalanische Renaissance«), und es verstärkten sich die Bestrebungen, Autonomie oder die volle Unabhängigkeit zu erlangen, zumal das stark industrialisierte Gebiet auch in wirtschaftlichem und handelspolitischem Gegensatz zum übrigen Spanien geriet.
 
Im Zuge der Umwandlung Spaniens in eine Republik erhielt Katalonien am 21. 4. 1931 eine eigene (zunächst provisorische) Regierung (»Generalitat de Catalunya«) und am 29. 9. 1932 ein Autonomiestatut. Nach dem Wahlsieg der »Esquerra Republicana« (»Linke«) wurde deren Führer, Francesc Macià, Vorsitzender der »Generalita«. Ihm folgte Ende 1933 Lluís Companys, der am 6. 10. 1934, nach dem Wahlsieg der spanischen Rechten, die Unabhängigkeit Kataloniens proklamierte und daraufhin verhaftet wurde. Das vorübergehend (seit Dezember 1934) suspendierte Autonomiestatut trat mit dem erneuten Wahlsieg der Linken (Februar 1936) wieder in Kraft und Companys wurde wieder Präsident. Im Spanischen Bürgerkrieg stand die »Generalitat« auf der Seite der Republik. Nach dem Sieg der antirepublikanischen Kräfte unter General F. Franco hob dieser am 5. 4. 1939 das Autonomiestatut auf.
 
Die Diktatur Francos bestärkte den Wunsch der Katalanen nach Autonomie. 1965 erkannte die katholische Kirche das Katalanische neben dem Spanischen als Kirchen- und Liturgiesprache an. Nach dem Tod Francos wurde 1977 im Zuge der Demokratisierung die »Generalitat« wiederhergestellt, 1979 ein erweitertes Autonomiestatut verabschiedet und 1980, nach den ersten autonomen Wahlen, Jordi Pujol neuer Präsident Kataloniens (wiedergewählt 1984, 1988, 1992 und 1995). Seine Koalition »Convergència i Unió« (»Konvergenz und Union«) erlangte in den folgenden Jahren auch gesamtspanischen Einfluss (Unterstützung der Regierung Aznar).
 
Literatur:
 
A. Rovira i Virgili: Història nacional de Catalunya, 8 Bde. (Barcelona 1922-37);
 J. Vicens Vives: Notícia de Catalunya (Barcelona 1954);
 F. Soldevila: Història de Catalunya, 2 Bde. (Barcelona 21962);
 P. Vilar: La Catalogne dans l'Espagne moderne, 3 Bde. (Paris 1962);
 J. H. Elliott: The revolt of the Catalans, a study in the decline of Spain, 1598-1640 (Cambridge 1963);
 
Història de Catalunya, hg. v. P. Vilar, 8 Bde. (Barcelona 1987-90);
 D. Briesemeister: K. u. Dtl., in: Ztschr. für Katalanistik, Bd. 1 (1988; mit Bibliogr.);
 
Diccionari d'història de Catalunya, hg. v. J. Mestre (Barcelona 21993).
 

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Ka|ta|lo|ni|en; -s: 1. autonome Region in Nordostspanien. 2. historische Provinz in Nordostspanien.

Universal-Lexikon. 2012.