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Debussy
Debussy
 
[dəby'si], Achille-Claude, französischer Komponist, * Saint-Germain-en-Laye 22. 8. 1862, ✝ Paris 25. 3. 1918; studierte Klavier (u. a. bei A. F. Marmontel) und Komposition (u. a. bei E. Guiraud und C. Franck) und gewann 1884 den Rom-Preis. Nach einem zweijährigen Rom-Aufenthalt ließ er sich in Paris nieder, unternahm jedoch mehrere Reisen (u. a. nach Bayreuth, London, Italien, Russland, in die Niederlande). Debussy war auch als Pianist und Dirigent sowie als Bearbeiter von Werken anderer Komponisten tätig und verfasste zahlreiche Aufsätze und Kritiken. - In Debussys Schaffen kündigt sich der Übergang von der Musik des 19. Jahrhunderts zu den erweiterten Ausdrucksformen der Neuen Musik an. Das Frühwerk steht noch vorwiegend in der Nachfolge der französischen Musik der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts (E. Chabrier, L. Delibes, G. Fauré, C. Gounod, J. Massenet, É. Lalo) sowie R. Schumanns und F. Chopins. In der Harmonik ist der Einfluss R. Wagners wirksam. Eine in Anlehnung an den Symbolismus in der Literatur und den Impressionismus in der Malerei als »impressionistisch« bezeichnete Tonsprache bildete sich in der folgenden Phase (1889-1903) heraus. Unter dem Eindruck der russischen (A. P. Borodin, M. P. Mussorgskij) und der fernöstlichen (durch die Pariser Weltausstellung 1889 vermittelten) Musik entwickelte Debussy eine neuartige musikalische Sprache. Mit dem Abrücken von einer Haltung, die Musik als Ausdruck gedanklicher Entwürfe versteht, hebt er sich deutlich von der Romantik, speziell der Kunst Wagners, ab. Spezifisch für den neuen Stil sind ein besonderer Sinn für die bis in Nuancen auskomponierte Klangfarbe sowie eine hoch differenzierte Rhythmik, Dynamik und Agogik. Die Harmonik hält sich zwar im Rahmen der Dur-Moll-Tonalität, bezieht aber Dissonanzen, Pentatonik, Ganztonskala und Kirchentonarten mit ein und bedient sich häufig der Parallelbewegung von Akkorden (etwa in Quart-, Quint-, Sept- und Nonabständen). Die motivisch-thematische Arbeit der musikalischen Konstruktion tritt zurück. Durch diese Eigenheiten der Tonsprache Debussys erscheinen die traditionellen Vorstellungen von Konsonanz und Tonalität nahezu aufgehoben. In der anschließenden mittleren Schaffensperiode (beginnend um 1903) werden die formalen Konturen (besonders in der Herausarbeitung der melodischen Linien und einer geschärften Rhythmik) stärker betont. Diese Tendenz setzt sich auch in Debussys späten Werken (ab 1911/12) fort. Während insgesamt eine Hinwendung zu einer neuen Klassizität erkennbar ist (auch im Rückgriff auf Stilelemente der Werke französischer Clavecinisten wie F. Couperin und J. P. Rameau), vereinen die späteren Kompositionen Debussys unterschiedliche Gestaltungsmittel wie Parodie, Stilformen des Jazz und expressionistische Ausdrucksmomente.
 
Werke: Bühnenwerke: Pelléas et Mélisande (1902, Oper nach M. Maeterlinck); Le martyre de Saint Sébastien (1911, Mysterienspiel nach G. D'Annunzio); Khamma (1912, Ballett); Jeux (1913, Ballett); La chute de la maison Usher (Uraufführung 1977, Oper, ergänzt und instrumentiert von J. Allende-Blin, Text nach E. A. Poe).
 
Orchesterwerke: Prélude à l'après-midi d'un faune (1892-94); Trois nocturnes (1897-99; mit Frauenchor); Images pour orchestre (1906-12).
 
Kammermusik: Streichquartett (1893); Sonate für Violoncello und Klavier (1915); Sonate für Flöte, Viola und Harfe (1916); Sonate für Violine und Klavier (1916/17).
 
Klavierstücke: Deux arabesques (1888); Suite bergamasque (1890, Neufassung 1905); Pour le piano (1894-1901); Estampes (1903); Images, 2 Hefte (1905, 1907); Children's corner (1906-08); Préludes, 2 Hefte (1912-13); Douze études (1915); Six épigraphes antiques (1914, zu vier Händen); En blanc et noir (1915, für zwei Klaviere).
 
Lieder: Ariettes (1888); Baudelaire-Lieder (1887/89); Fêtes galantes, 2 Hefte (1891, 1904); Chansons de Bilitis (1897); Trois ballades de François Villon (1910); Mallarmé-Lieder (1913).
 
Schrift: Monsieur Croche antidilettante (1921; deutsch Einsame Gespräche mit Monsieur Croche).
 
Ausgaben: Lettres, 1884-1918, herausgegeben von F. Lesure (1980); Œuvres complètes, herausgegeben von demselben und anderen, auf mehrere Bände berechnet (1985 folgende).
 
Literatur:
 
A. Liess: C. D. (21978);
 
C. D., hg. v. H. K. Metzger u. R. Riehn (21981);
 T. Hirsbrunner: D. u. seine Zeit (1981);
 D. Winzer: C. D. u. die frz. musikal. Tradition (1981);
 J. Trillig: Unterss. zur Rezeption C. D.s in der zeitgenöss. Musikkritik (1983);
 J. Barraqué: C. D. Mit Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten (a. d. Frz., 27.-29. Tsd. 1986);
 C. Goubault: C. D. (Paris 1986).

Universal-Lexikon. 2012.