Explosivstoffe,
feste, pastenförmige oder flüssige explosionsfähige Stoffe (Explosion), die zum Sprengen (Sprengstoffe), als Treibstoffe für Geschosse (Schießpulver), zum Zünden anderer Explosivstoffe durch einen Detonationsstoß (Zündstoffe, Initialsprengstoffe) oder für pyrotechnische Zwecke (Pyrotechnik) verwendet werden. Als Bestandteile von Explosivstoffen haben v. a. Salpetersäureester (Nitroglycerin, Nitroglykol, Diglykoldinitrat, Nitropenta, Nitrocellulose), Nitroverbindungen (Trinitrotoluol, Hexogen), Ammoniumnitrat, Bleiazid sowie Oxidationsmittel (z. B. Nitrate, Chlorate) und Brennstoffe (z. B. Holzkohle, Aluminium) Bedeutung.
Gewerbliche Sprengstoffe werden im Bergbau, für den Straßen-, Tunnel- und Kanalbau sowie in Steinbrüchen verwendet. Gesteinssprengstoffe sind nur für Sprengarbeiten ohne Schlagwettergefahr zugelassen. Sie können als Pulver (z. B. aus Ammoniumnitrat und Dieselkraftstoff) direkt in das Bohrloch geschüttet werden oder in Patronenform (z. B. Ammonite), gelatinös (Ammon-Gelite) oder wasserhaltig (z. B. schlammartige Mischungen von Ammoniumnitrat, Trinitrotoluol und Wasser) angewendet werden. Die Wettersprengstoffe sind für den Kohlenbergbau zugelassen. Ein im Bohrloch angewendeter Explosivstoff muss ein hohes, v. a. von der Gasausbeute (Schwadenvolumen) und der Explosionswärme abhängiges Arbeitsvermögen haben; es kann im ballistischen Mörser oder durch die Bleiblockprobe bestimmt werden. Bei militärischen Sprengstoffen (z. B. für Granaten, Minen) wird häufig eine hohe Brisanz angestrebt, die z. B. mit Hexogen und Nitropenta erreicht wird. Das Trinitrotoluol ist wegen seiner großen Unempfindlichkeit gegenüber Stoß und Schlag besonders geeignet; es wird u. a. in Mischungen mit Ammoniumnitrat, Hexogen, Nitropenta und Aluminium verwendet. Die Schlagempfindlichkeit von Explosivstoffen wird im Fallhammertest bestimmt. Die niedrigsten Schlagenergien, die eine Explosion auslösen, sind für Nitroglycerin 0,2, für Ammon-Gelite 2,0, für Nitropenta 3,0, für Hexogen 7,4 und für Trinitrotoluol 15 Joule. Die Reibempfindlichkeit von Explosivstoffen wird im Reibapparat und die thermische Empfindlichkeit im Stahlhülsentest geprüft. Diese drei Prüfmethoden sind im Sprengstoffgesetz vorgeschrieben.
Als spezialgesetzliche Materie zum Waffen- und Kriegswaffenrecht finden sich Regelungen in Bezug auf Explosivstoffe im bundeseinheitlich gefassten Sprengstoffgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. 4. 1986. Einschließlich seiner Ausführungs-VO erfassen sie Umgang mit sowie Verkehr, Beförderung und Einfuhr von Explosivstoffen. Von diesen Regelungen sind die Bundeswehr, die in Deutschland stationierten ausländischen Streitkräfte, der Zollgrenzdienst, die Vollzugspolizei von Bund und Ländern, öffentliche Verkehrsmittel und Seeschiffe sowie der Bergaufsicht unterliegende Betriebe ausgenommen. Das Sprengstoffgesetz unterwirft den Erwerb, den Umgang mit und die Beförderung von Explosivstoffen sowohl im gewerblichen wie im nichtgewerblichen Bereich der Erlaubnis, die inhaltlich beschränkt, befristet oder mit Auflagen versehen werden kann. Verstöße gegen die Bestimmungen des Gesammelten werden entweder als Straftaten oder als Ordnungswidrigkeiten verfolgt (§§ 40 ff. Sprengstoffgesetz). Ferner wird nach dem StGB das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, mit der Gefahren für Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert verbunden sind, mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr oder Geldstrafe geahndet (§ 311 StGB). Bereits die Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens ist strafbar (§ 311 b StGB). Schließlich wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren belegt, wer zur Vorbereitung einer Flugzeugentführung Sprengstoffe herstellt, verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt (§ 316 c Absatz 3 StGB). - Ähnliche Strafvorschriften gelten in Österreich (§§ 173-175 StGB) und in der Schweiz (Art. 224-226 StGB).
Berichte über erste Anwendungen von Explosivstoffen in China stammen aus dem 13. Jahrhundert. Schwarzpulverähnliche Explosivstoffe gelangten über Kleinasien nach Europa, wo sie im 14. Jahrhundert, angeblich von Berthold dem Schwarzen, verbessert und zum Austreiben von Kugeln aus einem Rohr verwendet wurden. Anfang des 17. Jahrhunderts wurden in sächsischen Steinbrüchen und Erzbergwerken Sprengungen durchgeführt. Einen großen technischen Fortschritt brachte die Erfindung der Nitrocellulose (C. F. Schönbein, 1845) und des Nitroglycerins (A. Sobrero, 1846). A. Nobel machte 1867 das gefährliche Nitroglycerin durch Zusatz von Kieselgur handhabungssicher (Gurdynamit) und stellte 1888 durch Gelierung von Nitrocellulose mit Nitroglycerin das erste zweibasige Schießpulver her. Im Ersten Weltkrieg wurde Nitroglycerin weitgehend durch Nitrotoluole und Diglykoldinitrat ersetzt. Dreibasige Schießpulver wurden erstmals im Zweiten Weltkrieg verwendet.
Rudolf Meyer: E. (61985);
Sprengtechnik, hg. v. H. Heinze u. a. (Leipzig 1987).
Universal-Lexikon. 2012.