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Giorgione
Giorgione
 
[dʒor'dʒoːne], eigentlich Giorgio (Zọrzo) da Castelfrạnco ['dʒordʒo-], italienischer Maler, * Castelfranco Veneto (bei Treviso) 1478, ✝ Venedig vor dem 25. 10. 1510. Angeregt u. a. von den Werken Giovanni Bellinis, V. Carpaccios und Leonardo da Vincis, wurde Giorgione einer der bedeutendsten Vertreter der venezianischen Hochrenaissance. Aus seinem Leben sind nur spärliche Nachrichten überliefert. Von den Fresken für den Fondaco dei Tedeschi in Venedig, dem einzigen beglaubigten Werk, ist nur ein Fragment erhalten (1508; ebenda, Gallerie dell'Accademia). Die Identifizierung einer Reihe von Werken gelang über Beschreibungen durch G. Vasari und durch die Notizen des Marcantonio Michiel (* 1484, ✝ 1552), eines Zeitgenossen Giorgiones; stilistische Zuschreibungen sind durch eine Vielzahl zeitgenössischer Kopien und Varianten erschwert, auch dadurch, dass einige Werke durch Schüler Giorgiones (u. a. Tizian) vollendet wurden. Unbeschadet kompositioneller Schwierigkeiten zeigten bereits die beiden Frühwerke mit Darstellungen alttestamentlicher Szenen (»Feuerprobe Mosis«, um 1496; »Urteil Salomons«, um 1498-1500) die für Giorgione typische, von Licht durchflutete Landschaft. Ihnen folgten u. a. »Judith« (um 1500; Sankt Petersburg, Eremitage), »Anbetung der Könige« (um 1500/01; London, National Gallery), »Bildnis eines jungen Mannes« (um 1505-06; Berlin, Gemäldegalerie) und »Bildnis einer jungen Frau« (auch »Laura«, 1506; Wien, Kunsthistorisches Museum). Mit dem Hochaltarbild für San Liberale in Castelfranco Veneto (»Thronende Madonna mit den Heiligen Franziskus und Liberale«, um 1504) schuf Giorgione einen neuen Typus der Sacra Conversazione, für den das Vorherrschen der Landschaft gegenüber der Architektur bezeichnend ist. Das »Gewitter« (um 1506/08; Venedig, Gallerie dell'Accademia), die »Drei Philosophen« (um 1507/08; Wien, Kunsthistorisches Museum), das auch Tizian zugeschriebene »Das ländliche Konzert« (um 1510; Paris, Louvre) und die wohl unter Beteiligung Tizians entstandene »Schlummernde Venus« (um 1508-10; Dresden, Staatliche Kunstsammlungen) gaben Anlass zu vielfältigen Interpretationen. In diesen Bildern erhält die Natur in ihrer kosmischen Erscheinung eine mystische Bedeutung in ihrem Bezug zum Menschen. Das Stimmungsvolle und Atmosphärische der Landschaft sowie das Rätselhafte der Natur wird mit malerischen Mitteln betont. Mit seiner die vielfältigen Möglichkeiten der Farbe und ihrer Lichtwerte ausschöpfenden Gestaltungsweise beeinflusste Giorgione grundlegend die venezianische Malerei des 16. Jahrhunderts (Tizian, Sebastiano del Piombo, Palma il Vecchio).
 
Literatur:
 
L'opera completa di G., hg. v. P. Zampetti (1968);
 G. Tschmelitsch: Zorzo, gen. G. Der Genius u. sein Bannkreis (Wien 1975);
 T. Pignatti: G. (a. d. Ital., 1979);
 S. Settis: G.s »Gewitter«. Auftraggeber u. verborgenes Sujet eines Bildes der Renaissance (a. d. Ital., 1982);
 C. Hornig: G.s Spätwerk (1987);
 
G., bearb. v. J. Anderson (Paris 1996).

Universal-Lexikon. 2012.