Vichy-Regime
[vi'ʃi re'ʒiːm], das in Frankreich nach der Niederlage gegen das nationalsozialistische Deutschland 1940-44 bestehende Regime unter Marschall H. P. Pétain (offiziell État Français) mit Sitz in Vichy, das auf »moralische Erneuerung« im Inneren und Anerkennung als Partner des nationalsozialistischen Deutschlands zielte und zunächst recht populär war. Trotz großer Anpassung (u. a. bei der Diskriminierung und Inhaftierung von Juden ab Oktober 1940) geriet es zunehmend unter deutschen Druck. Im April 1942 akzeptierte Pétain P. Laval als »Regierungschef«, der noch stärker zur Kollaboration bereit war und die französischen Vorleistungen intensivierte (z. B. Stellung von Arbeitskräften, Lieferung von Industrie- und landwirtschaftlichen Produkten nach Deutschland). Ab Sommer 1942 wirkte das Regime (besonders durch Mitarbeit der Polizei) aktiv an der Deportation von Juden v. a. nach Auschwitz mit. Nach der Besetzung des südlichen Frankreich durch deutsche Truppen (November 1942) wurden Franzosen zum Arbeitsdienst in Deutschland verpflichtet; französische Betriebe arbeiteten für die deutsche Kriegsproduktion. Ab November 1943 dominierten radikale Faschisten die Exekutive des Vichy-Regimes, das sich nun endgültig zum Zwangs- und Polizeistaat entwickelte. Obwohl gegenüber dem Vichy-Regime zunehmend auf Distanz, unterstützte bis zum Beginn der Befreiung im Juni 1944 nur eine Minderheit der Bevölkerung aktiv die Résistance.
F.-G. Dreyfus: Histoire de Vichy (Paris 1990);
H. Michel: Pétain et le régime de Vichy (ebd. 41993);
B. Zielinski: Staatskollaboration. Vichy u. der Arbeitskräfteeinsatz im Dritten Reich (1995);
M. O. Baruch: Le régime de Vichy (Paris 1996);
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B. Kletzin: Trikolore unterm Hakenkreuz. Dt.-frz. Collaboration 1940-1944 in den diplomat. Akten des Dritten Reiches (1996);
Touvier, Vichy et le crime contre l'humanité. Le dossier de l'accusation, hg. v. F. Bédarida (Paris 1996);
S. Schwarzfuchs: Aux prises avec Vichy. Histoire politique des Juifs de France 1940-1944 (ebd. 1998).
Universal-Lexikon. 2012.