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Dis|kri|mi|nie|rung 〈f. 20〉 das Diskriminieren
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Dis|kri|mi|nie|rung, die; -, -en:
1. (bildungsspr.) das Diskriminieren:
die D. von Minderheiten.
2. (bildungsspr.) diskriminierende Äußerung, Handlung:
-en hinnehmen.
3. (Fachspr.) Unterscheidung.
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I Diskriminierung,
Diskriminierung ist eine Benachteiligung oder Ungleichbehandlung von Einzelnen oder Gruppen beziehungsweise gesellschaftlichen, religiösen u. a. Minderheiten. Das Wort Diskriminierung stammt aus dem Lateinischen und bedeutet (Unter-)Scheidung. Die Gründe für die Diskriminierung eines Menschen können sehr unterschiedliche sein, so beispielsweise die rassische oder ethnische Zugehörigkeit, das Geschlecht, die religiöse oder politisch-weltanschauliche Überzeugung oder auch die wirtschaftliche Lage. Oft werden den Betroffenen aufgrund von Vorurteilen bestimmte Eigenschaften zugeschrieben, die sie in Wirklichkeit nicht besitzen. Diskriminierung beruht in erster Linie auf unüberprüften Vorurteilen, die ohne Reflexion von denjenigen, die diskriminieren, übernommen werden.
In sexueller Hinsicht ist insbesondere die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und des Sexualverhaltens herauszuheben. So werden Frauen z. B. im Berufsleben durch geringeres Arbeitsentgelt im Vergleich zu gleichen Leistungen von Männern ungleich behandelt. Auch in der Sprache gibt es vielfach Ungleichbehandlungen, beispielsweise in der Amtssprache, in der immer noch hauptsächlich männliche Bezeichnungen verwendet werden.
II
Diskriminierung,
Ungleichbehandlung, Benachteiligung, v. a. von sozialen Minderheiten (soziale Diskriminierung) aufgrund von Merkmalen wie rassische oder ethnische Zugehörigkeit, Geschlecht, religiöse oder politisch-weltanschauliche Überzeugungen oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Oft werden den Betroffenen, unabhängig von ihrem tatsächlichen Verhalten, aufgrund von Vorurteilen bestimmte Eigenschaften zugeschrieben.
III
Diskriminierung
[lateinisch Unterscheidung, Benachteiligung], herabsetzende Verhaltensweisen gegenüber anderen Menschen, ungleiche Behandlung. Die Diskriminierung aufgrund von rassischer oder ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, religiöser oder politisch-weltanschaulicher Überzeugungen, sexueller Orientierung, Alter, Zugehörigkeit zu einer bestimmten, mitunter stigmatisierten sozialen Gruppe wird als soziale Diskriminierung bezeichnet. Eine Folge sozialer Diskriminierung ist häufig die mit ihr einhergehende sozioökonomische Diskriminierung, worunter die objektiv feststell- und messbare Diskriminierung von Personengesamtheiten verstanden wird; z. B. Einkommens- oder Unterschiede im Qualifikationsniveau zwischen Männern und Frauen, Schwarzen und Weißen oder Ähnlichen. Erst unter Bezugnahme auf die insbesondere in demokratisch verfassten Gesellschaften postulierte Forderung der Chancengleichheit für alle Menschen und des Grundsatzes der Gleichbehandlung erhält der Begriff der Diskriminierung seine soziale Relevanz. Diskriminiert werden in der Regel soziale Minderheiten. Grundlage der Diskriminierung sind meist bestimmte Wertvorstellungen sowie unreflektierte, auch unbewusste Vorurteile oder Gefühlslagen, infolge derer andere (mitunter ganze Völker) als »Sündenböcke« abgestempelt werden (Antisemitismus). Wird Diskriminierung bewusst vorgenommen und rational kontrolliert eingesetzt, so ist sie ein Mittel der Machtausübung, d. h. der Erringung und Konsolidierung von Herrschaft. Zugleich werden so andere Menschen oder Gruppen von Einflussmöglichkeiten und sozialen Chancen ausgeschlossen.
Besonders weit vorangeschritten ist die Auseinandersetzung mit der Thematik der Diskriminierung in den USA, v. a. aufgrund jahrhundertelanger Konflikte zwischen Weißen, Schwarzen, Indianern u. a. Im Rahmen der Bürgerrechtsbewegung wurde dort Diskriminierung im umfassenden Sinne zu einem Gegenstand der öffentlichen Diskussion. Zwar sind heute in den meisten demokratischen Staaten vom Grundsatz her alle Menschen vor dem Gesetz gleich, dennoch besteht punktuelle Ungleichbehandlung fort. Obwohl also die Ungleichbehandlung von Menschen grundsätzlich geächtet ist, gibt es nach wie vor zahlreiche Formen von Diskriminierungen im alltäglichen Leben. Die Frauenbewegung seit Ende der 60er-Jahre hat deutlich gemacht, dass in nahezu allen Teilen der Welt Frauen gegenüber Männern benachteiligt sind, sei es hinsichtlich ihrer Lebensbedingungen, der dauerhaften Unterdrückung und Abhängigkeit von Männern, des Zugangs zu Bildungschancen, der Möglichkeiten politischer Mitbestimmung, der Chancen auf dem Arbeitsmarkt usw.
In der Soziologie wird Diskriminierung über die dargelegte Bedeutung hinausgehend als System sozialer Beziehungen diskutiert, die soziale Ungleichheiten zwischen einzelnen Menschen oder Gruppen hervorbringen. Ausgehend von der Annahme, dass keine der in der Regel diskriminierten Gruppen (rassische, ethnische, und/oder religiöse Minderheiten, Frauen oder andere) ein inhärentes Merkmal besitzt, das eine massive Benachteiligung in Bezug auf soziale Chancen rechtfertigen würde, gilt soziale Ungleichheit als ein Ergebnis von Diskriminierung, die als Ungerechtigkeit bekämpft werden muss. In diesem Sinne wird unter Diskriminierung nicht nur die beabsichtigte, direkte Benachteiligung von Menschen verstanden, sondern auch indirekte Formen, die zur Ungleichheit der Realisierbarkeit von Lebenschancen führen. Dabei läuft folgender Mechanismus ab: Ungleiche Lebenslagen aufgrund direkter Diskriminierung fungieren als Ausgangspunkt späterer Diskriminierung gegenüber einzelnen Menschen oder sozialen Gruppen. So werden z. B. Kinder ausländischer Mitbürger in Deutschland, die infolge möglicher sozialer Isolierung sowie von Sprachschwierigkeiten schwächere Schulleistungen und -noten erzielen, auf ihrem weiteren Bildungs- und Berufsweg wahrscheinlich geringere Aufstiegschancen haben als ihre deutschen Mitschüler, geringere Einkommen erzielen usw. Direkte Diskriminierung bewirkt also häufig eine Kausalkette, die als indirekte Diskriminierung eine Fortschreibung mit kumulativem Charakter im Handeln sozialer Akteure auslöst.
Der Begriff der strukturellen Diskriminierung meint in diesem Zusammenhang das komplexe System der positiven beziehungsweise negativen Sanktionen aufgrund sozialer Normen und Werte, sofern es die Lebensbedingungen, -chancen und Handlungsoptionen von Menschen in dominierender Weise kanalisiert beziehungsweise beschneidet. So werden Menschen, die sich gemäß ihrer sozialen Rolle verhalten, in ihrem Handeln durch die Gesellschaft - mitunter auf subtile Weise - unterstützt (z. B. Mütter, die ihre kleinen Kinder zu Hause betreuen und erziehen). Verlässt der Einzelne jedoch die ihm von der Gesellschaft durch die Sozialisation zugewiesenen Pfade (z. B. Väter, die ihre kleinen Kinder zu Hause betreuen und erziehen möchten), so werden ihnen, offen oder verdeckt, Hindernisse in den Weg gestellt, die die Realisierung der von ihnen angestrebten Ziele beeinträchtigen. Strukturelle Diskriminierung hat damit in gesellschaftspolitisch-konservativer Sicht eine wichtige Funktion: Sie soll für Stabilität der Lebensverhältnisse der Mehrheit sorgen. Zugleich wird aber der Einzelne in seinen persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten eingeengt und damit sozialer Wandel zumindest behindert.
Diskriminierung wird häufig als ein dichotomes Phänomen angesehen (diskriminiert oder nicht diskriminiert), wobei jedoch die Komplexität und die Vernetzung einzelner Dimensionen der Diskriminierung nur unzureichend beachtet werden. Zukünftig werden sich Lebenslagen von Menschen allgemein und damit auch Ungleichheitslagen innerhalb der entwickelten Gesellschaften weiter ausdifferenzieren (Individualisierung; Risikogesellschaft).
The main types and causes of discrimination, hg. v. der UN-Commission on Human Rights. .. (Lake Success, N. Y., 1949);
R. M. Burkey: Ethnic and racial groups. The dynamics of dominance (Menlo Park, Calif., 1978);
M. Markefka: Vorurteile - Minderheiten - D. Ein Beitr. zum Verständnis sozialer Gegensätze (71995).
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Dis|kri|mi|nie|rung, die; -, -en: 1. (bildungsspr.) das Diskriminieren: die D. von Minderheiten. 2. (bildungsspr.) diskriminierende Äußerung, Handlung: Als Flüchtling ... habe er in Bayern so manche D. hinnehmen müssen (Augsburger Allgemeine 27./28. 5. 78, 40). 3. (Fachspr.) Unterscheidung.
Universal-Lexikon. 2012.