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Po|cken ['pɔkn̩], die <Plural>:durch Infektion hervorgerufene Krankheit, die auf der Haut schwere, ansteckende, entstellende Narben hinterlässt:
die Pocken haben; gegen Pocken geimpft sein.
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Pọ|cken 〈Pl.〉 gefährliche, durch ein Virus hervorgerufene Infektionskrankheit mit Bläschenbildung; Sy Variola, schwarze Blattern (→ Blatter1), Schwarzblattern
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Pocken,
Variola, volkstümliche Bezeichnung Blattern, hochansteckende, akute, meldepflichtige Infektionskrankheit, die seit 1977 als weltweit ausgerottet gilt; Erreger ist das zur Familie der Poxviridae gehörende Variolavirus. Die Übertragung vollzieht sich durch Tröpfcheninfektion, seltener durch Schmier- und Staubinfektion über Kleider und Gebrauchsgegenstände von Erkrankten; Inkubationszeit 7-11 Tage.
Die echten Pocken (Variola major, Variola vera) werden durch Orthopoxvirus variola hervorgerufen; nach einem Initialstadium von 2 bis 4 Tagen mit hohem Fieber, Kopf-, Kreuz- und Gliederschmerzen, Entzündung der oberen Luftwege und einem vorübergehenden Ausschlag (Initialexanthem) kommt es unter kurzzeitigem Fieberabfall im anschließenden Eruptionsstadium zur charakteristischen Ausbildung von blassroten, juckenden Flecken, die sich zu Knötchen, Bläschen und Pusteln entwickeln (makulopapulöses Exanthem). Sie breiten sich in der Regel vom Kopf her über den ganzen Körper aus und trocknen unter Borken- und Schorfbildung nach einigen Wochen ein. Nach Abstoßung der (infektiösen) Krusten unter starkem Juckreiz bleiben v. a. im Gesicht die Pockennarben zurück. Diese Krankheitsphase ist von hohem Fieber mit Delirien begleitet und verläuft in 20-50 % der Fälle tödlich. Komplikationen stellen die nach verkürzter Inkubationszeit in der ersten Krankheitsphase mit schweren Haut-, Schleimhaut- und Organblutungen verbundenen schwarzen Blattern (Variola haemorrhagica) dar, die meist in der ersten Woche zum Tod führen, sowie der Befall innerer Organe (Hepatitis, Enzephalitis, Myokarditis).
Das Überstehen der Krankheit verleiht lebenslange Immunität. Bei unvollständiger Immunität kommt es zu einem in der zweiten Phase stark abgemilderten Verlauf (Variolois). Eine leichtere Krankheitsform mit einer Letalität von 1 bis 5 % sind die weißen Pocken oder Milchpocken (Variola minor oder Alastrim), die durch Orthopoxvirus alastrim verursacht werden; sie hinterlassen keine Immunität gegenüber den echten Pocken. Die Windpocken stellen eine andersartig verursachte, harmlose Infektionskrankheit dar, deren Symptome Ähnlichkeit mit dem Pockenexanthem aufweisen.
Eine ursächliche Behandlung der Pocken ist nicht möglich; die Hauptmaßnahmen bestehen in einer strengen Isolierung der Kranken bis zur Ausheilung sowie des Pflegepersonals und aller Kontaktpersonen und in der Desinfektion von Wohnräumen und Gebrauchsgegenständen der Betroffenen; wichtigste Vorbeugungsmaßnahme ist die Schutzimpfung. Sie wird (bei Erstimpfung) mit einem vermehrungsfähigen, in seiner natürlichen Aktivität erhaltenen Vacciniavirus, einem in der Natur nicht vorkommenden Stamm mit geringer Pathogenität für den Menschen, durchgeführt (1.-2. Lebensjahr, Wiederholung im 12. Lebensjahr). Die allgemeine Impfpflicht gemäß Reichsimpfgesetz vom 8. 4. 1874 wurde durch Gesetz vom 18. 5. 1976 aufgehoben, da aufgrund eines seit 1967 von der Weltgesundheitsorganisation durchgeführten Bekämpfungsprogramms zur Sanierung der letzten Endemiegebiete kein Erkrankungsrisiko für die Allgemeinheit mehr besteht.
Die Pocken sind als endemische Krankheit oder mit schneller, seuchenartiger Ausbreitung auftretende Epidemien mit hoher Sterblichkeitsrate schon seit etwa 1000 v. Chr. in China, Indien und Arabien bekannt; in Europa kam es im 6. Jahrhundert zur ersten sicher belegten Epidemie, ihr folgten weitere im 13. Jahrhundert in England und Ende des 15. Jahrhunderts in Deutschland. Zu dieser Zeit wurde das Pockenvirus durch die Truppen der Konquistadoren in Amerika eingeschleppt und hatte entscheidenden Anteil am Untergang der Reiche der Inkas und Azteken. Noch im 19. Jahrhundert waren die Pocken in Europa endemisch verbreitet; 1871-73 wurden in Deutschland 175 000 Fälle mit mehr als 100 000 Todesopfern registriert.
Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die Übertragung von Pustelinhalt leicht Erkrankter (Variolation) von englischen Ärzten übernommen, wegen hierbei aufgetretener Todesfälle jedoch wieder verboten. E. Jenner ersetzte diese Methoden 1796 durch die Vakzination mit Rinderpockenlymphe und schuf hiermit die Grundlage für die in Verbindung mit den späteren Impfgesetzen erfolgreiche Bekämpfung.
A. Herrlich: Die P. (21967);
A. J. H. Rains: Edward Jenner and vaccination (London 1974);
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Pọ|cken <Pl.>: gefährliche Infektionskrankheit, die mit Fieber, Erbrechen u. der Bildung von schlecht vernarbenden Eiterbläschen einhergeht; Blattern: [die] P. haben; gegen P. geimpft sein, werden.
Universal-Lexikon. 2012.