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Lomé-Abkommen
Lo|mé-Ab|kom|men 〈[-me:-] n.; -s; unz.〉 Handels- u. Finanzierungsabkommen zw. den EU-Staaten u. Entwicklungsländern Afrikas, der Karibik u. des Pazifik [nach dem Unterzeichnungsort Lomé in Togo]

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Lomé-Abkommen,
 
Konventionen von Lomé, nach dem Ort der Unterzeichnung, der Hauptstadt Togos, benannte Abkommen zwischen den EU- und den AKP-Staaten über die wirtschaftliche Zusammenarbeit beider Ländergruppen mit einer Laufzeit von jeweils fünf Jahren. Rechtsgrundlage für die Lomé-Abkommen bildet der EG-Vertrag (Art. 182-184), der vorsieht, solche außereuropäische Länder zu assoziieren und wirtschaftlich zu fördern, die zu einem der EU-Staaten lang andauernde besondere Beziehungen unterhalten. Die Lomé-Abkommen lösten 1975 die Jaunde-Abkommen mit den Assoziierten Afrikanischen Staaten und Madagaskar (AASM) und das Arusha-Abkommen mit Kenia, Uganda und Tansania ab. Nach dem 1. Lomé-Abkommen (Lomé I) vom 25. 2. 1975 (mit 46 AKP-Staaten) wurden als Nachfolgeabkommen geschlossen: Lomé II (vom 31. 10. 1979, mit 58 AKP-Staaten), Lomé III (vom 8. 12. 1984, mit 65 AKP-Staaten) und Lomé IV (vom 15. 12. 1989, mit 71 AKP-Staaten).
 
Für das 4. Lomé-Abkommen wurde eine Laufzeit von zehn Jahren (1990-2000) vereinbart, wobei der Finanzrahmen zunächst für fünf Jahre (1990-95) festgelegt worden war. Die Halbzeitprüfung führte im Juli 1995 zur Aufnahme neuer Vertragsinhalte und zur Verabschiedung des Finanzprotokolls für 1996-2000. Die Finanzmittel wurden - u. a. durch den Beitritt der drei neuen EU-Mitgliedsstaaten - deutlich erhöht. Gemeinsame Organe sind der Ministerrat, der ständige Botschafterausschuss und die parität. Versammlung, die zu gleichen Teilen aus Mitgliedern des Europäischen Parlaments und Vertretern der AKP-Staaten besteht. Die Mittel werden über den Europäischen Entwicklungsfonds und die Europäische Investitionsbank zur Verfügung gestellt.
 
Wichtige Elemente der Lomé-Abkommen sind: 1) freier Zugang (keine Zölle oder sonstige Handelshemmnisse; Präferenzsystem) für rd. 99 % der Erzeugnisse der AKP-Staaten auf den Europäischen Binnenmarkt, ausgenommen die Produkte, die Gegenstand der EG-Agrarmarktordnungen sind (handelspolitische Zusammenarbeit); 2) Gewährung von Ausgleichszahlungen, wenn die Exporterlöse wichtiger Agrarprodukte bei Ausfuhren in die EG unter ein bestimmtes Niveau sinken (Exporterlösstabilisierung, Stabex); 3) teilweiser Ausgleich von Erlösausfällen bei bestimmten mineralischen Rohstoffen (z. B. Kupfer, Bauxit, Zinn, Eisenerz) durch zinsgünstige Darlehen für Projekte zur Verbesserung der Förderkapazitäten (Sonderfonds für Bergbauerzeugnisse, SYSMIN); 4) industrielle Kooperation, u. a. durch Förderung von Direktinvestitionen in AKP-Staaten, verbunden mit Investitionsschutzbestimmungen; durch Förderung von Industrialisierungsvorhaben der AKP-Staaten mit den Schwerpunkten Klein- und Mittelbetriebe sowie Transfer angepasster Technologien; 5) landwirtschaftliche Kooperation und Förderung der ländlichen Entwicklung mit dem Ziel, die Effizienz im Agrarsektor zu steigern und eine Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln zu erreichen, u. a. durch Maßnahmen in den Bereichen Ausbildung, Forschung, Verarbeitung und Vermarktung von Agrarprodukten, durch Verbesserung der Infrastruktur im ländlichen Raum, durch Förderung von Kleinbetrieben und Genossenschaften sowie durch Gründung des technischen Zentrums für die Zusammenarbeit in der Landwirtschaft und im ländlichen Bereich.
 
Mit dem 4. Lomé-Abkommen wurde 1990 die Strukturanpassungshilfe eingeführt. Damit werden neben gesamtwirtschaftlichen Zielgrößen (Zahlungsbilanzgleichgewicht, Haushaltkonsolidierung) auch soziale Bereiche (z. B. Gesundheits- und Bildungswesen) sowie andere Probleme im Zusammenhang mit den Humanressourcen (z. B. Umweltschutz, Ernährungssicherung und Bevölkerungsentwicklung) berücksichtigt. Nach der überarbeiteten Fassung des 4. Lomé-Abkommens sollen die Finanzhilfen stärker als bisher der Demokratisierung, der Entwicklung marktwirtschaftlicher Strukturen, der Wettbewerbsfähigkeit sowie der Armutsbekämpfung dienen.
 
Im neuen Partnerschaftsabkommen (unterzeichnet am 23. 6. 2000 in Cotonou [Benin], Laufzeit 20 Jahre), das das im Februar 2000 abgelaufene 4. Lomé-Abkommen ersetzt, werden die Beziehungen mit den AKP-Staaten neu geregelt, da die dieser Staatengruppe bisher einseitig eingeräumten Handelspräferenzen den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) widersprechen. Bis 2008 soll das Präferenzsystem durch bilaterale Freihandelsabkommen mit allen AKP-Staaten ersetzt werden. Bestandteil des Abkommens, das Finanzhilfen der EU-Staaten (2000-05) in Höhe von 13,5 Mrd. Euro vorsieht, ist erstmals der Grundsatz verantwortungsvoller Regierungsführung, d. h., bei Verstößen gegen Demokratie, Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit sowie bei Korruption können Zusammenarbeit und Finanzhilfen ausgesetzt werden. Damit sollen nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Voraussetzungen für eine wirksame Armutsbekämpfung geschaffen werden.

Universal-Lexikon. 2012.