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Steuerreform
Steu|er|re|form 〈f. 20; Pol.〉 grundlegende Umgestaltung eines bestehenden Steuersystems

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Steu|er|re|form, die:
Reform des 2Steuersystems.

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Steuer|reform,
 
die grundsätzliche Änderung einzelner Steuern oder eines Steuersystems. Jüngere Beispiele geschichtlich bedeutsamer Steuerreformen sind die miquelsche Steuerreform in Preußen 1891-93 und die erzbergersche Steuerreform im Deutschen Reich 1919/20. Grundlegende Steuerreformen in der Bundesrepublik Deutschland waren v. a. die Ersetzung der Bruttoallphasenumsatzsteuer durch eine Mehrwertsteuer 1968 und die Beseitigung der Doppelbesteuerung ausgeschütteter Gewinne von Kapitalgesellschaften bei der Reform der Körperschaftsteuer 1977 (Einführung des Anrechnungsverfahrens). 2001 wurde das körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren wieder abgeschafft und für Dividenden bei der Einkommensteuer das Halbeinkünfteverfahren eingeführt. Im Gefolge einer erheblichen Senkung der Einkommen- und Körperschaftsteuersätze (bei gleichzeitiger Erweiterung der Bemessungsgrundlage durch Abbau von Steuervergünstigungen) in den USA kam es seit Ende der 80er-Jahre in den meisten Industriestaaten zu beträchtlichen Verringerungen der Zahl der Tarifstufen und zu Absenkungen des Niveaus der (Spitzen-)Steuersätze bei der Einkommen- und der Körperschaftsteuer. Eine lang andauernde Diskussion der Unternehmensbesteuerung und der Position Deutschlands im internationalen Steuerwettbewerb führte schließlich zur Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer zum 1. 1. 1998. Die in der Steuerwissenschaft im Hinblick auf die mangelnde Rechtsform-, Finanzierungs- und Investitionsneutralität des bestehenden Steuersystems seit längerem diskutierte »Radikalreform« in Gestalt der Einführung einer Cash-Flow-Steuer auf Unternehmensebene und einer konsumorientierten Einkommensbesteuerung (Ausgabensteuer) auf Haushaltsebene dürfte politisch wenig Realisierungschancen besitzen.
 
In Österreich brachte eine »große Steuerreform« zum 1. 1. 1989 u. a. die Ersetzung des progressiven Körperschaftsteuertarifs (30-55 %) durch einen einheitlichen Steuersatz von 30 %, die Abschwächung der bisherigen Doppelbelastung von Dividenden durch Anwendung halbierter Einkommensteuersätze (Halbsatzverfahren) sowie Steuersenkungen bei der Gewerbesteuer. Die vollständige Abschaffung der Vermögensteuer, der Gewerbesteuer (Ersetzung der Lohnsummensteuer durch eine Kommunalsteuer), des Erbschaftsteueräquivalents und der Sonderabgabe für Banken schuf zum 1. 1. 1994 bei der Unternehmensbesteuerung deutliche Vereinfachungen; zugleich wurde die Besteuerung der Ausschüttungen beim Anteilseigner erneut geändert (Kapitalertragsteuer).
 
In der Schweiz wurde 1985 der obligatorische Ausgleich der kalten Progression durch Anpassung der Freibeträge und der Tarifstufen der direkten Bundessteuer an den Anstieg der Konsumentenpreise eingeführt. Bedeutsame jüngste Steuerreformmaßnahmen stellen das Bundesgesetze über die Harmonisierung der direkten Steuern von Kantonen und Gemeinden (1993) und (nach mehreren gescheiterten früheren Versuchen) die Ersetzung der Warenumsatzsteuer durch die Mehrwertsteuer (1995) dar. Zugleich wurde die direkte Bundessteuer durch Bundesgesetz geregelt.
 
Literatur:
 
H. Mann: Theorie u. Politik der S. in der Demokratie (1987);
 
S. als gesellschaftspolit. Aufgabe der neunziger Jahre, hg. v. D. Döring u. a. (1991);
 
The role of tax reform in Central and Eastern European economies, hg. v. der OECD (Paris 1991).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Steuerreform: Grundlagen
 

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Steu|er|re|form, die: Reform des 2Steuersystems: Bundeskanzler Schröder will ... Entschlossenheit demonstrieren und die S. vorantreiben (Tagesspiegel 15. 6. 99, 1).

Universal-Lexikon. 2012.