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Kleve
Kleve,
 
1) Kreisstadt in Nordrhein-Westfalen, nahe dem linken unteren Niederrhein am Nordrand des Reichswaldes, 46 m über dem Meeresspiegel, 48 300 Einwohner; Nahrungsmittel- (Margarine) und Lederindustrie, Maschinenbau, Herstellung von Spektralanalysegeräten und magnetischen Datenträgern, Technologiezentrum.
 
Stadtbild:
 
Die barocken Garten- und Parkanlagen (17. Jahrhundert, im 18. und 19. Jahrhundert umgestaltet, teilweise erhalten) werden seit 1978 zum Teil wiederhergestellt und neu gestaltet. Teile der Schwanenburg (erste Anlage 10. Jahrhundert, heutiger Bestand v. a. 15.-17. Jahrhundert, Handlungsort der Lohengrinsage) sind wieder aufgebaut, Bauplastik aus dem Umkreis des Samsonmeisters. Die ehemalige Stiftskirche Sankt Mariä Himmelfahrt (auf romanischem Vorgängerbau 1341-1426, nach Zerstörung 1944/45 wieder aufgebaut), eine gotische Stufenhalle, ist die Grablege der Herzöge von Kleve (u. a. Doppelgrabmal, Anfang 15. Jahrhundert) und besitzt vorzügliche niederrheinische Schnitzaltäre. Weitere historisch bedeutende Baudenkmale sind die Minoritenkirche (um 1440, zweischiffige Hallenkirche) mit gotischem Chorgestühl (1474) und das klassizistische Wohnhaus des niederländischen Malers B. C. Koekkoek. Von den Kuranlagen des 19. Jahrhunderts wurden u. a. das Friedrich-Wilhelm-Bad restauriert und umgestaltet (heute Sitz des Stadtarchivs); das Badehotel wurde 1992-97 zu dem modernen Museumskomplex »Kurhaus Kleve« (v. a. künstlerischer Nachlass E. Matarés, Werke von J. Beuys, Kollektion Ackermans mit zeitgenössischer Kunst) umgebaut, im benachbarten Badehaus befindet sich das ehemalige Atelier (1957-63) von Beuys.
 
Geschichte:
 
Unterhalb der Schwanenburg entstand vermutlich bereits im 9. Jahrhundert ein Burgort mit Markt. Nahebei gründeten die Burggrafen eine Stadt (1242 Stadtrecht), die bald mit dem Burgort zusammenwuchs. In den ersten Jahren des 15. Jahrhunderts wurde Kleve durch einen Kanal mit dem Rhein verbunden, wodurch der Fernhandel, neben der Tuchherstellung bedeutendster Wirtschaftsfaktor der Stadt, gefördert wurde. Unter dem brandenburgischen Statthalter und niederländischen Feldherrn Johann Moritz von Nassau-Siegen erlebte Kleve nach 1647 eine erneute wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit. Mit Entdeckung einer Heilquelle entwickelte sich Kleve nach 1742 zu einem Badeort. Im Oktober 1944 wurde die Stadt bei Luftangriffen zu über 80 % zerstört; im Zuge der kommunalen Neugliederung 1969 durch zahlreiche Eingliederungen erheblich vergrößert.
 
 2) Kreis im Regierungsbezirk Düsseldorf, Nordrhein-Westfalen, 1 232 km2, 297 600 Einwohner; beiderseits des Niederrheins an der Grenze zu den Niederlanden. Die Fläche wird vorwiegend land- und forstwirtschaftlich genutzt (insgesamt 85 %). Grünland- und Rinderwirtschaft dominieren. Unter den Industrien herrschen Nahrungsmittelverarbeitung, Metall- und leichterer Maschinenbau vor. Großflächige Abgrabungen von Kies und Sand ließen Wasserflächen zurück, die heute meist Teil von Erholungsgebieten sind.
 
 3) Cleve, historisches Territorium. Der Kern der um 1020 entstandenen Grafschaft Kleve (Kleve, Kalkar, Monreberg) wurde auf Kosten des Heiligen Römischen Reichs und des Erzbistums Köln, v. a. nach dessen Niederlage in der Schlacht von Worringen (1288), erweitert. Im 13. Jahrhundert griff Kleve auch auf das rechte Rheinufer über und erwarb Wesel, die Herrschaft Dinslaken sowie die Reichspfandschaft über Duisburg. Rheinzölle erbrachten erhebliche Einkünfte. Nach dem Aussterben des ersten Grafenhauses (1368) setzte sich Adolf III. von der Mark (✝ 1394) durch. 1417 wurde die Grafschaft Kleve Herzogtum. Die enge Verbindung mit Burgund im 15. Jahrhundert brachte territoriale Gewinne (1424 Geldern, 1429 Emmerich). 1444-49 erwarb Kleve in der Soester Fehde Soest und Xanten von Kurköln. Nach der Vereinigung mit Jülich-Berg durch Heirat (1511/21, Personalunion) fiel Kleve 1614 nach dem Jülich-Kleveschen Erbfolgestreit an Brandenburg. Im Frieden von Basel 1795 verzichtete Preußen auf das linksrheinische Kleve; 1807 verlor es den Rest an Frankreich, erhielt jedoch 1815 einen Teil zurück.

Universal-Lexikon. 2012.