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Kriegsschiffe
Kriegsschiffe,
 
der Ausübung von Seemacht und der Kampfführung auf dem Wasser dienende Schiffe (einschließlich Hilfsschiffen) der Kriegsmarine eines Staates. Kriegsschiffe sind normalerweise durch die National- oder Kriegsflagge des Staates als solche gekennzeichnet und besitzen dessen Territorialität auch im Ausland. Im Küstenmeer eines anderen Staates haben sie im Frieden nur das Durchfahrtsrecht (Auslandsbesuche sind daher diplomatisch vorzubereiten); im Kriegsfall ist ihr Aufenthalt in neutralen Gewässern und Häfen auf 24 Stunden begrenzt. Auf hoher See sind Handelsschiffe zum Zeigen ihrer Flagge verpflichtet, wenn ihnen Kriegsschiffe mit gesetzter Flagge begegnen; diese haben ihnen gegenüber im Kriegsfall ein Anhalte- und Durchsuchungsrecht.
 
Gegenwärtig unterscheidet man folgende Kriegsschiffsgattungen: Flugzeugträger, Schlachtschiffe, Kreuzer, Zerstörer, Fregatten (einschließlich Korvetten), Unterseeboote, Minenleger, Minensucher, Kleine Kampfschiffe (einschließlich Schnellboote), Landungsfahrzeuge und Hilfsfahrzeuge.
 
Konzeption und Baumerkmale der heutigen Kriegsschiffe sind Ausdruck der seit Ende des Zweiten Weltkriegs stark verbesserten Technik. Die Kostenentwicklung im Kriegsschiffsbau führte zu verminderten Flottenstärken; gleichzeitig wurde die Kampfkraft der einzelnen Einheiten gesteigert, v. a. durch die Bestückung mit weit reichenden Schiff-Schiff- und Schiff-Luft-Raketen sowie speziellen U-Boot-Abwehrwaffen. Größere Kriegsschiffe werden zum Teil nuklear angetrieben, kleinere zunehmend durch Gasturbinen. Die Waffen- und Führungssysteme der Kriegsschiffe sind rechnergesteuert. Datenübertragungssysteme verbinden sie mit Landbefehlsstellen. Waffenanlagen werden in Modul- oder Containerform konstruiert und können schnell ausgetauscht werden.
 
Die Empfindlichkeit moderner Kriegsschiffe gegen jede Trefferwirkung ist groß. Daher wird im Kriegsschiffsbau besonderer Wert auf Verwendung nichtbrennbarer Materialien und zusätzlichem Schutz wichtiger Schiffskomponenten gelegt. Ferner wurden elektronische Geräte zur Störung und Täuschung anfliegender gegnerischer Raketen sowie Schnellstfeuerkanonen und Antiraketen zu deren unmittelbarer Bekämpfung entwickelt.
 
 Geschichte
 
Die Entwicklung der Kriegsschiffe beginnt mit den Ruderkriegsschiffen des Altertums (phönikische Bireme, athenische Triere), deren Hauptkampfmethode das Rammen darstellte. Sie waren hierzu mit einem Rammsporn, daneben aber auch mit Wurfmaschinen ausgestattet. Im 1. Punischen Krieg führten die in der Rammtaktik den Karthagern unterlegenen Römer die Enterbrücke ein, die den massiven Einsatz von Fußsoldaten auf Schiffen ermöglichte und aus dem Seegefecht eine Landschlacht auf Schiffen werden ließ. Der römische Liburne folgte die seit dem 11. Jahrhundert gebaute Galeere, die bis ins 16. Jahrhundert das wichtigste Kriegsschiff im Mittelmeerraum war. Für den Transport von Truppen und Kriegsgerät verwendeten die italienischen Handelsstädte in der Zeit der Kreuzzüge kleine, mit Wurfmaschinen und Kriegern bemannte Segelschiffe, die Barsen. Die Germanen der Völkerwanderungszeit und die Wikinger besaßen schmale, relativ lange Fahrzeuge mit scharfem Kiel. Sie wurden durch Segel oder Riemen fortbewegt und waren schnell und wendig. Seit dem 12. Jahrhundert baute man größere und seetüchtigere Schiffe mit stärkerer Takelung, beginnend im nördlichen Europa mit der Kogge, später im südlichen Europa (Galeone); die Kriegsschiffe wurden damit im 16./17. Jahrhundert zu reinen Segelschiffen, deren Hauptbewaffnung nun Artilleriegeschütze bildeten. In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts bildeten sich bei allen Seemächten die Kriegsschiffsklassen der in Kiellinie kämpfenden schweren Linienschiffe und der leichteren Fregatten und Korvetten heraus. Tief greifende Änderungen im Kriegsschiffsbau brachten im 19. Jahrhundert der Dampfantrieb, die Schiffsschraube, der Übergang zur Panzerung der Schiffe ab Mitte des 19. Jahrhunderts und die Einführung gezogener Hinterladergeschütze ab 1860. Ab etwa 1880 entstand als neue Kriegsschiffsgattung der Kreuzer. Anfang des 20. Jahrhunderts führte der Wettlauf zwischen Panzerung und Schiffsartillerie zu immer größeren Kriegsschiffstypen: den Dreadnoughts (Großlinienschiffen) und den aus den Großen Kreuzern (Panzerkreuzern) hervorgegangenen Schlachtkreuzern, die beide nach dem Ersten Weltkrieg vom Schlachtschiff abgelöst wurden. Als Ergänzung der Großkampfschiffe und für besondere Aufgaben dienten im Ersten und Zweiten Weltkrieg die aus den Panzerkorvetten hervorgegangenen Kleinen, später Leichten Kreuzer sowie Torpedoboote, später Zerstörer. Zum Kampf gegen die bereits im Ersten Weltkrieg große Bedeutung erlangenden Unterseeboote entwickelten Briten und Amerikaner im Zweiten Weltkrieg neuartige, kleinere Geleitschifftypen, die modernen Fregatten und Korvetten. Neben diesen spielten auch Kleine Kampfschiffe (v. a. Schnellboote), Minensuch- und -räumfahrzeuge sowie Landungsboote eine immer größere Rolle. Die Entwicklung der Militärluftfahrt führte bereits im Ersten Weltkrieg zum Einsatz von Flugzeugträgern, die seit der See- und Luftschlacht bei den Midway-Inseln 1942 das Schlachtschiff als wichtigstes Kriegsschiff ablösten; die Rolle des Schlachtschiffs als größtes eigentliches Kampfschiff übernahm der Kreuzer.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Kriegsmarine · Schiff · Seekrieg · Seemacht · Seerecht
 
Literatur:
 
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Universal-Lexikon. 2012.